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11 plus 1 – starkes Recht!

753 (v. Chr.) kroch Rom aus dem Ei. Der Sage nach wurden Romulus und Remus, die Enkel des Königs Numitor durch dessen Bruder Amulius, der die Macht im antiken Rom an sich reißen wollte, am Fluss Tiber ausgesetzt.

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Foto: Andrey Burmakin
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Dort wurden sie von einer Wölfin, der Mamma lupa (auch Lupa capitolina genannt) gerettet und von ihr weiter aufgezogen.

Später hat dann der Hirte Faustulus die beiden Brüder gefunden und sie wieder zu ihrem Großvater Numitor zurückgebracht.

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An der Fundstelle gründeten dann die beiden Brüder aus tiefem Dank für ihre Rettung durch die Wölfin am Fluss Tiber die Stadt Rom, wobei Romulus seinen Bruder Remus noch in der Gründungsphase wegen eines Streits erschlug.
Soweit die mythologische Geschichte.

In Wahrheit haben sich an einer günstig zu überquerenden Stelle am Tiber mehrere Orte zur Stadt Rom, der Stadt auf den sieben Hügeln zusammengeschlossen, wobei das Gründungsjahr historisch in der Tat auf 753 v. Chr. festgemacht wird.

Ähnlich wie die sagenumwobene Wölfin Mamma lupa die Gründer Roms ernährt hat, so ist sodann das Römische Recht der Nährboden für das Rechtswesen in Deutschland und auf der ganzen Welt geworden.

Die Rechtswissenschaft als solche wurde im antiken Rom begründet.
Das römische Recht ist an Universitäten, Gesetzeswerken und Gerichten bis heute allgegenwärtig.
Ein großer Teil der Kodifikation des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und vieler heute noch bei uns geltender Rechtsgrundsätze sind dem Römischen Recht entwachsen.

Die größte Errungenschaft des Römischen Rechts, das unter dem römischen Kaiser Justinian federführend von seinem Justizminister Tribonarius geschaffene und im Jahre 533 n. Chr. in Kraft gesetzte „Corpus iuris civilis“, niedergelegt in den 50 Büchern der sog. Digesten, auch Pandekten genannt, kannte u.a. bereits die für unser heutiges BGB fundamentale Unterscheidung zwischen Besitz und Eigentum.

Die spätere Pandektenwissenschaft, die nach dem Niedergang des römischen Reichs ab dem 11. Jahrhundert nach Christi ausgehend von der Universität in Bologna ihre Renaissance erfuhr, hat nach dem Vorbild dieses altrömischen „ius civile“ ab dem 19. Jahrhundert die juristischen Sachthemen zum Schuld-, Familien-, Sach- und Erbrecht aufgearbeitet und damit methodisch wie didaktisch die Grundlagen für unser heutiges BGB entwickelt.

Nicht zuletzt haben die Digesten die bis heute zu unserer verfassungsrechtlichen Staatsräson erhobene Trennung von Staat und Religion begründet.
Die römisch-germanische Rechtsfamilie hat also eine gemeinsame römische Geschichte.

Doch für die eigentlichen Anfänge dieser einzigartigen Evolution römischen und damit später europäischen und deutschen Rechts kehren wir in unserer Zeitreise wieder zurück an die Ufergestade des Tibers und die Stadt auf den sieben Hügeln, und zwar in das 5. Jahrhundert vor Christus.
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509 v.Chr. entsteht die römische Republik „Senatus Populusque Romanus“ (Senat und römisches Volk) mit und in Rom als ihrer strahlenden Metropole, die hervorgehend aus einem zuvor kultisch beeinflussten Gewohnheitsrecht ein kompaktes Verfassungsrecht fortbildete.

In der Folge kam es aber zu Ständekämpfen zwischen dem Adel, den Patriziern und dem gemeinen Volk, den Plebejern.

Und jetzt kam ins Spiel, was bereits die Überschrift dieser Kolumne verrät:
11 plus 1 – das starke Recht des sogenannten Zwölftafelgesetzes (Leges duodecim tabularum).
Dieses Regelwerk wurde um 459 v. Chr. aus der Taufe gehoben.

Dort wurden erstmals pures Zivilrecht, nämlich Zivilprozessrecht, Schuld-, Sachen-, Schadenersatz-, Familien-, Ehe- und Erbrecht normiert.

Auch der gesetzessystematisch bis auf unsere neuzeitlichen Kodifikationen Einfluss nehmende Aufbau der Einzelnormen in Tatbestand und Rechtsfolge war eingeläutet.

Die zwölf Tafeln bestanden aus Bronze, wurden auf der Rednerbühne des Forum Romanum in Rom ausgestellt und verkörperten die ersten Zeugnisse einer regelrechten Rechtswissenschaft, obwohl die auf ihnen hinterlassenen Aufzeichnungen eher von fehlender Systematik und didaktischer Ordnung gekennzeichnet waren.

Dies kann zumindest den inhaltlichen Rekonstruktionen der Zwölftafel-Gesetze durch ihre wichtigsten Geschichtsschreiber Cicero und Titus Livius entnommen werden.

Die 12 Tafeln hatten folgende Titel:

Tafel 1: Prozessrecht – Ladung vor Gericht
Tafel 2: Prozessrecht – Streitwert, Verhinderung vor Gericht
Tafel 3: Prozessrecht – Urteilsvollzug
Tafel 4: Familienrecht
Tafel 5: Familienrecht – Erbrecht
Tafel 6: Sachenrecht, Obligationenrecht, Eherecht
Tafel 7: Grund und Grenze
Tafel 8: Strafrecht
Tafel 9: Prozessrecht, Strafrecht
Tafel 10: Totenruhe
Tafel 11: Über die 10 Tafeln
Tafel 12: Pfandrecht, Schadenersatz, Rechtskraft der 12 Tafeln
11 plus 1 – starkes Recht daher formal auch deswegen, da die Tafel 11 eher eine Zusammenfassung des Inhalts der voranstehenden 10 Tafeln aufwies.

Die Tafeln selbst überlebten im Übrigen körperlich nicht lange.
Sie fielen nämlich dem Eroberungsfeldzug der Gallier gegen Rom 387 v. Chr. zum Opfer.

Das juristische Gedankengut hingegen, das den 12 Tafeln innwohnte, hatte maßgeblichen Einfluss auf die Justiz des römischen Reichs bis hin zur justianischen Gesetzgebung in Form der Digesten und wirkt vor allem bis heute wie ein Leuchtturm für die Inhalte unseres Grundgesetzes, unseres BGB oder der europäischen Verfassung.


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