Jülich liegt topografisch an einer günstigen Stelle: Die sonst nur schwer überquerbare Rur fächerte sich bis zur Regulierung ihres Flussbettes in ein Netz zahlreicher Flussarme auf und ließ sich an dieser Stelle gut überqueren. Die Stadt verdankt dieser günstigen Lage ihre Gründung in römischer Zeit. Es entstand eine Straßenstation entlang der römischen Straße von Köln bis Boulogne Sur Mer. Schon in dieser Zeit wird es sehr wahrscheinlich eine Brücke gegeben haben. Bislang konnten aber noch keine archäologischen Spuren davon gefunden werden.
Erste konkrete Belege für Brücken über die Rur liefern archäologische Funde und historische Quellen seit dem Beginn des 16. Jahrhunderts. In einer Zollrechnung von 1501 wird erstmals eine Brücke über die Rur urkundlich erwähnt. Die Brücken waren zu dieser Zeit aus Holz und mussten etwa alle 40 Jahre erneuert werden. Ihr Unterhalt war sehr kostspielig. Sie waren ungeheuer wartungsintensiv und wurden durch die regelmäßig vorkommenden Hochwasser ebenso beschädigt wie durch die zahlreichen eisenbereiften Karren und Wagen, die über die Brücke fuhren. Ein großer Teil des an der Brücke erhobenen Zolls musste für den Unterhalt der Brücke verwendet werden. Eigentlich muss man sagen: der Brücken, denn die ersten Rurbrücken waren zwei- bis dreiteilige Konstruktionen. Die Rurarme bildeten in der Mitte des Flussbettes eine Insel, und auch der morastige Grund zwischen Rur und Ellbach konnte nur mit Hilfe einer weiteren Brücke überquert werden. Erst am Aachener Tor wurde der Boden wieder trocken (Abb. 2). Die Holzkonstruktion hatte aber auch einen Vorteil: Im Falle eines Angriffs von Westen konnten diese Holzbrücken sehr schnell abgerissen werden.
1792 wurde die bestehende Holzbrücke auf Befehl des österreichischen Marschalls Ch. de Clerfait zur Verteidigung der Stadt gegen die französischen Revolutionstruppen in Brand gesteckt. Dabei wurden 7 von 15 Brückenjochen zerstört. Nach der Übernahme des Rheinlandes durch die Franzosen wurde diese Holzbrücke wieder instandgesetzt. Als 1798 zur Sicherung des Rurüberganges mit dem Bau des Brückenkopfes begonnen wurde, war es Teil des Verteidigungsplanes, die Rur im Kriegsfall aufzustauen. Es sollten mit dem aufgestauten Wasser die Wassergräben um die Stadtfestung geflutet werden. Zum Aufstauen des Wassers sollte eine Schleusenbrücke dienen. Der Grundstein für diese Brücke wurde 1806 gelegt. Sie hatte steinerne Pfeiler und 15 Durchlässe, die geschlossen werden konnten (Abb. 3-4).
Schon bei den ersten Stauversuchen zeigte sich, dass die Fundamente der Brücke den aufgestauten Wassermassen nicht standhielten. Außerdem soffen die zu tief gebauten Defensionsgänge des Brückenkopfes regelrecht ab. Neben dieser steinernen Brücke gab es eine weitere kleine Holzbrücke zum Rurdamm zur nördlichen Wache des Brückenkopfes. Sie durfte aber nur vom Militär benutzt werden. Auf einer Zeichnung aus dem Jahr 1859 ist sie gut zu sehen (Abb. 5). Die Schleusenbrücke stand fast 100 Jahre. Keine andere Brücke hat in Jülich länger gehalten. 1902 wurden die Reparaturkosten für diese Brücke so hoch, dass man sich dazu entschloss, eine neue Brücke zu bauen.
Die 1902 bis 1903 erbaute Brücke hatte drei steinerne Bögen über vier gemauerte Pfeiler (Abb. 6). Erst 1911 wurde die Brückenkopf-Festung so durchtrennt, dass eine direkte Zufahrt auf die Brücke möglich wurde.
Eine Vielzahl von Ansichtskarten dokumentieren diese stattliche Brücke, die leider nur wenige Jahre genutzt werden konnte (Abb. 7). Bei den Kämpfen im Winter 1944 / 1945 wurde sie stark beschädigt und schließlich von der Wehrmacht gesprengt.
Die amerikanischen Truppen bauten bei ihrem Übergang über die Rur am 23. Februar 1945 zunächst mehrere Behelfsbrücken aus metallenen Schwimmpontons, auf denen Holzplanken befestigt wurden. Wenige Tage später wurden auf die Pfeiler der gesprengten Brücke eine stählerne Behelfsbrücke errichtet. Sie heißt nach ihrem Konstrukteur D. C. Bailey „Bailey-Brücke“ (Abb. 11).
Dieser Notbehelf wurde dann durch eine hölzerne Pionierstraßenbrücke ersetzt, die kurz nach Kriegsende Mitte Mai errichtet wurde (Abb. 12).
Die Militärregierung drängte schon 1948 auf den Bau einer panzertragfähigen festen Rurbrücke – der Kalte Krieg hatte begonnen. Es wurde die vor wenigen Wochen abgerissene Brücke aus Stahlfachwerk und Betonfahrplatten gebaut. Am 21. Dezember 1948 wurde sie dem Verkehr übergeben (Abb. 13-16). Wir dürfen gespannt sein auf die nächste Brückengeneration.