Ja…, Moment mal, Frau von E.-E. – es wird aber doch immer gesagt: the best things in life are free, also: die besten Dinge im Leben sind frei!? Ach so, nicht frei, der Engländer meint: umsonst. Wie – umsonst, vergebens? Nein, nicht? Ach so: KOSTENLOS! Und meint wohl Freundschaft, Liebe oder nur einen genossenen Sofa-Abend mit Pizza-to-come… Also bitte, das sind doch keine „Dinge“ (okee, die angelieferte Pizza schon), sondern… ethische Werte, emotionale Befindlichkeiten, psychische Zu- und Umstände oder so. Aber unbezahlbar UND käuflich? Was soll das denn sein?
Hmm – ich kaufe mir Pflastersteine, die von unbezahlbarer Kinderhand mühsam in Indien zugehauen wurden, meinst du das, Marie? ( – Würde sie gemeint haben können, wenn sie nicht 1916 schon gestorben wäre. Da schufteten Kinder in Europa zwar überall im Bergbau, in der Landwirtschaft, in Manufakturen und in der Heimarbeit mit – ) Doch… Ja, werte Frau Freiin, ich höre…? Jawohl, mein Thema ist Kunst und Knete, Entschuldigung: Kommerz, wir wollen hier ja nicht an allzu weicher Masse sinnlos herumdrücken – und wenn ich ihren Aphorismus (ohja, den finde ich durchaus bedenkenswert, tue ich ja gerade…) schon als Einleitung benutze, soll ich nicht lange schriftlich rumlabern?! KUNST ist doch käuflich und unbezahlbar! Und meine Einleitung war doch nur als eine Art (is it really art?) lockerer Begriffsklärung gedacht…
Oha. Weg isse. Das war ihr wohl zu lang, zu locker oder Beides…
Und jetzt? Muss ich selbst einen kernigen Spruch schreiben, wie: Die Kunst ist nicht käuflich, der Künstler schon! Oder besser andersrum: Die Kunst ist käuflich, der Künstler nicht! Oder (These/ Antithese/ Synthese): Wenn die Kunst käuflich ist, ist es der Künstler auch!??
Was nix kostet, ist auch nix. Da bildet die bildende Kunst keine Ausnahme. Doch wer legt den Preis an (nicht fest, es geht ja dabei zunächst um heiße Luft, die schon physikalisch nach oben steigt)? Der Künstler jedenfalls erstmal nicht, das macht (wenn er denn einen findet) sein Händler, der sich lieber Galerist nennt. Und der wittert nicht Kunst, sondern Marktpotential. Ob er selbst mit dem Produkt etwas anfangen kann, ist dabei völlig nebensächlich. Herr Levi trug auch keine Levis (war aber immer sorgsam auf die Qualität des zu Verkaufenden bedacht). Und wie stets gibt es Trendsetter und Follower. Der „Entdecker“-Galerist mit seinem Organ für Wertschöpfung (ein herrlicher Euphemismus für: etwas teurer verkaufen als es eigentlich wert ist) setzt nun also seine Marketingmaschine in Gang: den Feuilletonisten, den Redakteur, die Museumsdirektorin, seine ebenso (nämlich nach Zahlungskraft und Überredbarkeit) ausgesuchte Kundschaft. Der erste lobt, der zweite sendet, der dritte stellt aus, der vierte kauft. Und keiner der Beteiligten hat das geringste Interesse an Misserfolgen. Wenn also alle zusammenhalten, ist Kunst geboren. Jegliche Einsprüche verbieten sich über den steigenden Preis der Werke/Ware. Ab einer gewissen Summe ist nichts mehr schlecht gemalt, gebastelt, installiert, performiert, ausgeführt, präsentiert. Kritik? Positiv: eingekauft. Negativ: geschenkt. Und spätestens dann meldet sich auch wieder der Produzent, der sich nun endlich anerkanntermaßen Künstler nennen darf auch medienwirksam zu Wort. Entweder als Großkotz a là Baselitz: ist mir egal, ich kann sowieso nicht malen… oder als ebenso millionenschwerer Bescheidenheitsapostel Gerhard Richter: ich glaube nicht, dass meine Bilder so viel wert sind….
Na, da sollte man doch beiden einfach recht geben.
Kunst macht nicht der Markt, sondern die Zeit. Tausende Bessere sind nie zur Kenntnis genommen worden oder vergessen, tausende ihrerzeit Anerkannte und Bestbezahlte ruhen in den Archiven des Louvre etc… und entlocken bei gelegentlichen Ausstellungen den heutigen Besuchern nur ein: und das fanden die damals toll?!
Also, leev Marie, ich weiß nicht, was deine Wände schmückte, aber – lieber eine mittelmäßige Reproduktion von Dürers phantastisch gezeichneten „Betenden Händen“, ein Ikea-gerahmtes Kalenderblatt von Monet oder eine spontan gewidmete Kinderzeichnung im gelegentlichen Blickfeld, als teuer bezahlter Strunx, von dem man sich wie oben Genannte nur nicht trennen kann, weil man den ideellen Wert übersehend auf pekuniären spekuliert hat. Ohweh, Fehlinvestition! Gefallen hat es mir ja nie so wirklich – und jetzt muss ich den Murks abhängen… Galerist, hilf! Was ist angesagt?! Kriege ich das wenigstens verlustfrei einem anderen Deppen verkauft?
Kunst ist für jeden, der sie liebt, ein unbezahlbarer Wert, kein Handelsartikel. Wahres. Nicht Bares. Und wenn es zudem um durch die Zeit und nicht über Händler erklärte Kunst betrifft, gehört das Original allen, nicht nur dem Käufer, also eher ins öffentliche Museum. Der Erwerber hat es sich hoffentlich aus Freude und Begeisterung finanziell nur angeeignet. Und sich bestimmt kein Ohrläppchen dafür abgeschnitten.