Nicht noch ein Buch über Emanzipation! Nicht schon wieder Feminismus! Nicht schon wieder über die „arme, unterdrückte Frau, die sich in einer Männerwelt behaupten muss“, über Benachteiligung, die Entscheidung zwischen Familie und Beruf, über Karriere machen oder Karriere lassen. Doch! Genau darum geht es in „Eine Frage der Chemie“ – aber eben wieder auch nicht. Das Buch kommt alles andere als moralinsauer oder trübe daher. Es ist eine Biografie, ein Drama, eine Liebesgeschichte und irgendwie auch eine Detektivgeschichte.
Mit viel Witz entwickelt Bonnie Garmus die Biografie von Elisabeth Zott, einer Frau mit viel Fachkompetenz, die sich für den Mann, aber gegen die Ehe entscheidet, weil es ihr Name ist und ihr Renomee, das sie verteidigen möchte. Der Mann versteht. Zuerst mit Widerwillen, aber dennoch, denn er ist ebenfalls Forscher und unterstützt die Frau an seiner Seite. Und das in den 1960er Jahren. Herrlich ist, mit wie viel Fantasie die Forscherin an Alltagsfragen herangeht: Unübertroffen die sehr persönliche Art des Kaffeekochens. Apropos: Kochen. Das spielt auch eine große Rolle – und Rolle ist hier wörtlich gemeint und hat aber so gar nichts mit dem Heimchen am Herd zu tun. Ganz großes Kino, fast jedenfalls. Daneben werden so wichtige Themen wie „Was ist eigentlich gute Bildung?“ und „berufstätige alleinerziehende Mutter mit Kind“erörtert. Und warum Hunde zwar über 100 Begriffe unterscheiden, aber nicht sprechen können. Diesem Geheimnis kommt die Leserschaft auch auf die Spur.
Kein Frauenbuch – aber ein Buch für Menschen, die die Denkweise von progressiven und selbstbestimmten Frauen und ihre Dilemmata verstehen wollen.
BUCHINFORMATiON
Bonnie Garmus: Eine Frage der Chemie | geb. 460 S. | Piper Verlag | ISBN 978-3-492-07109-3 | 22,- Euro