Es sind oft die kleinen, feinen und leisen Geschichten, die anrühren. Voraussetzung ist selbstredend, dass sie mit Charme und Liebe erzählt werden. Das gelingt Carsten Henn in „Der Buchspazierer“ spielend. Wenn Henn als Bücherliebhaber über Bücherliebhaberei schreibt, gleitet er dennoch nicht ins Banale und Belanglose ab – geschweige denn ins Belehrende. Mühelos bindet er eine Vielzahl von Autoren und Romanen in seine Geschichte ein, die von dem besonderen Lieferservice einer Buchhandlung erzählt.
Henn zaubert dem Leser ein wissendes Lächeln ins Gesicht, wenn er seinen Protagonisten, den längst pensionierten E.T.A. Kollhoff, der sich in Verehrung des romantischen Autors Hoffmanns dessen Initialen leiht, seinen Kundenstamm beliefern lässt. Zu dem gehören unter anderem Mr. Darcy, Effi Briest oder Frau Langstrumpf. Typen eben, schrullig, aber ohne Klischeeattitüden. Stets genau weiß Kollhoff, welcher Lesestoff welchem Bücherwurm am besten mundet – meint er wenigstens! Wäre da nicht ein kleines Mädchen, das urplötzlich im wahrsten Sinne in sein Leben tritt und seine Überzeugungen auf den Kopf stellt.
Da Carsten Henn kein Drama geschrieben hat, auch wenn einige dramatische Wendungen natürlich als Würze nicht fehlen, darf das Buch auch so enden, wie man sich das in so stürmischen Zeiten wie diesen wünscht: versöhnlich und vielleicht auch ein bisschen kitschig. Aber auch das kann sehr, sehr schön sein. Eine wunderbare Lektüre für den kleinen Urlaub vom Alltag: unterhaltsam mit zauberhaften Sätzen und Schmunzelmomenten.
BUCHINFORMATiON
Carsten Henn: Der Buchspazierer | geb. 224 S. | Pendo Verlag | ISBN 9783866124776 | 15,- Euro