In diesem Jahr steht ein ganz besonderer Jahrestag an. Vor 500 Jahren, am 28. Juli 1516, wurde der Jülicher Herzog schlechthin geboren: Wilhelm V. von Jülich-Kleve-Berg, Graf zu der Mark und Ravensberg und Herr von Ravenstein, genannt „Der Reiche“. Er gebot über ein Territorium, das weite Teile des heutigen Bundeslandes Nordrhein-Westfalen umfasste. Sein Wirken hat tiefe Spuren in Jülich hinterlassen. Man denke nur an die Zitadelle mit dem ehemaligen herzoglichen Residenzschloss, die er von dem italienischen Architekten Alessandro Pasqualini errichten ließ. Aus diesem Anlass legt die Stadt Jülich ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm unter dem Titel „Wilhelm 500“ auf, das Ausstellungen, Führungen, Vorträge, Exkursionen u.v.m. umfasst. Mitte Februar 2016 erscheint ein eigenes Programmheft. Selbstverständlich wird auch „Der Herzog“ seine Leser über die Aktivitäten auf dem Laufenden halten. Zudem wird in jeder Ausgabe des Jahres 2016 ein Aspekt aus der bewegten Biographie Wilhelms V. vorgestellt. Hier nun beginnen wir mit Jugend und Erziehung.
Wilhelm wurde auf der Burg zu Kleve geboren. Er war der einzige Sohn von Herzog Johann III. von Kleve (1521–1539) und Herzogin Maria von Jülich-Berg. Seit 1511 herrschten beide über das Herzogtum Jülich-Berg. Mit dem Tod von Wilhelms Großvater, Herzog Johann II. von Kleve, im Jahr 1521 kam es zur Vereinigung der Territorien Jülich-Berg-Ravensberg mit Kleve-Mark, die durch eine entsprechende Vereinbarung bereits 1496 vorbereitet worden war. Damit war ein beachtlicher Territorienkomplex im Nordwesten des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation entstanden, der mit seinen nahezu 400.000 Einwohnern einen bedeutenden Machtfaktor darstellte. Johann III. erhielt schon von den Zeitgenossen den Beinamen „Der Friedfertige“, da er sehr darauf bedacht war, Konflikte frühzeitig zu entschärfen oder sich aus diesen herauszuhalten. Letzteres war gar nicht so einfach, da der Thesenanschlag Martin Luthers am 31. Oktober 1517 eine tiefreichende Kirchenspaltung ausgelöst hatte, die das gesamte Heilige Römische Reich Deutscher Nation in Aufruhr versetzte. Die Reformation warf ganz grundsätzliche Fragen auf, die gerade auch die Rolle der Fürsten im Machtgefüge des Reiches betrafen. Johann III. positionierte sich insoweit, dass er eine umfassende Reform der katholischen Kirche zwar für notwendig hielt, aber keinen Bruch mit dem Papst als Oberhaupt der Kirche wünschte. Vielmehr verwies er immer wieder darauf, dass ein einzuberufendes Konzil alle theologischen und kirchenrechtlichen Fragen klären würde. Das hielt ihn aber nicht davon ab, in seinen Territorien selbst Kirchenordnungen zu erlassen und deren Umsetzungen in Visitationen überprüfen zu lassen. Während sich in seinen Territorien reformatorische Tendenzen ungestört ausbreiten konnten, ging er mit aller Härte gegen solche Bewegungen vor, die die gottgewollte Ständeordnung in Frage stellten. Denn infolge der Reformation war es einerseits zu Bauernaufständen in Südwest- und Mitteldeutschland gekommen, die jedoch nicht auf das Rheinland übergriffen, und andererseits zu Zusammenschlüssen religiöser Schwärmer, wie der Täufer. Letztere lehnten die bestehende Ordnung ab und riefen beispielsweise 1534/1535 eine eigene Herrschaft in der Stadt Münster aus, in der u.a. das Eigentum aufgehoben und die Vielweiberei eingeführt wurde. Hier beteiligte sich Johann III. an der Expedition nord-westdeutscher Fürsten, die dem Fürstbischof von Münster dabei halfen, Münster 1535 zurückzuerobern und die Herrschaft der Täufer (blutig) zu beenden.
Johann III. und seiner Frau Maria wurden vier Kinder geboren, die Töchter Sibylle, Anna und Amalia sowie der Erbsohn Wilhelm. Der angesehene Humanist Konrad Heresbach (1496–1576) übernahm 1523 die Erziehung des damals siebenjährigen Wilhelm und suchte ihm den Wahlspruch „Spartam quam nactus es, orna!“ („Sparta ist dir zugefallen, nun versuche, es zu gestalten!“) aus. Der Spruch ist von Cicero entlehnt und ist in dem Sinne „Du hast nun ein Amt. Fülle es aus!“ zu verstehen. Heresbach hatte sich als Herausgeber der Schriften Herodots einen Namen gemacht und pflegte engen Kontakt zu Erasmus von Rotterdam, der ihn vermutlich an den jülich-klevischen Hof vermittelt hatte. Aus einem in der 1570er Jahren edierten Traktat zur Fürstenerziehung können die Erziehungsgrundsätze Heresbachs abgeleitet werden. Diese sind von einem bodenständigen Pragmatismus geprägt und stellen allzu „höfisches“ Verhalten in Frage. Die für die Ausbildung des Fürstensohnes obligate Reise ins Ausland lehnte Heresbach mit der Begründung ab, dies sei im Hinblick auf Anstand und Sitte sowie der lauernden Gefahren in der Ferne ein zu großes Abenteuer. Wilhelm wurde von Heresbach sicher kenntnisreich erzogen, eine gewisse Weltläufigkeit vermittelte er ihm dagegen nicht. Aber wie stand es nun um die intellektuellen Fähigkeiten des Herzogs, war er ein „Herr der Bücher“? Dieser Frage gehen wir in der nächsten Ausgabe des Herzogs nach.