Beim Erörterungstermin in der Jülicher Kulturmuschel zum Bau einer Niedertemperaturtrocknung (NTT) auf dem Gelände der Zuckerfabrik Pfeifer & Langen antworteten die Firma selbst, aber auch Vertretungen der Bezirksregierung Köln sowie der Stadt Jülich auf Bedenken und Anliegen derjenigen, die im direkten Umkreis und an den Zufahrtswegen der Zuckerfabrik wohnen. Die Ausführungen waren für die vergleichsweise große Zahl der Anwesenden an einem Dienstagvormittag sicherlich ernüchternd. Lobend betonte Bezirksregierungsvertreter Christian Winkler, der das Gespräch moderierte, mehrfach, dass alle Seiten bereit seien, sachlich miteinander zu sprechen. Das sei die einzige Möglichkeit, einen Kompromiss zu erreichen. Wichtig sei es auch, keinen Umweg zu gehen, sondern sich direkt bei der Überwachungsbehörde der Zuckerfabrik zu melden, wenn es zu Problemen kommen sollte.
Das größte Problem für die anwesende Bürgerschaft: die Lautstärke des Lieferverkehrs, der zu und von der Fabrik führt, sowie die damit verbundene Verschmutzung. Auch Feinstaub spielte in den vorgebrachten Einwänden eine Rolle. Zwischen Schlafmangel, der wohl durch die um 30 Tage verlängerte Kampagnenphase noch verstärkt werden wird, sowie verschmutzten Fahrbahnen und Hecken kamen viele Probleme zur Sprache, die teilweise seit Jahren diskutiert werden. Es wurden sogar statistisch auffällige Krebserkrankungen mit Todesfolge in der Nachbarschaft angeführt, die möglicherweise vom Feinstaub kommen könnten.
Falsch wäre es zu implizieren, dass für die Ursachen des allgemeinen Unmuts keine Lösungen vorgeschlagen worden wären. Zu vielen der Einwände gab es bereits Ideen, wie man den Missstand beheben könnte. Etwa die Erklärung „Lärmschutz“ an Schildern der Geschwindigkeitsbegrenzung, um gerade auf Verbindungsstraßen den Vorbeifahrenden zu signalisieren, warum diese Begrenzung existiert. Dies wurde vonseiten der Stadt als Vorschlag aufgenommen. Die Idee hingegen, eine Umgehung zu bauen, ließ weniger Möglichkeiten: Es seien mindestens 20 Jahre anzuvisieren, ehe eine solche existieren könne. Auch die teilweise Verlagerung der Zulieferung auf die Schiene, die im Zusammenhang mit der geplanten Revierbahn umzusetzen wäre, liegt mindestens 15 Jahre in der Zukunft.
So ähnlich lauteten viele der Antworten auf angesprochene Kritikpunkte und Vorschläge: Entweder dauere es lange, um die Projekte umzusetzen, oder die Zuständigkeit liege bei einer anderen Behörde. So sei für Maßnahmen im Verkehr der sogenannte Straßenbaulastträger zuständig, nicht etwa die Stadt oder die Fabrik. Vorgeschlagene Änderungen für eine reduzierte Belastung seien meist beispielsweise die Förderung des Öffentlichen Personennahverkehrs oder die Anwendung lärmreduzierten Asphalts. Zudem beträfe ein vorgeschlagenes Nachtfahrverbot auch andere Firmen im Industriegebiet, deren Produkte oder Rohstoffe nachts angeliefert würden. Manche der Genehmigungen rührten noch aus früheren Zeiten – zuweilen Nachkriegszeiten – und seien nicht eindeutig, da man sich damals noch keine Gedanken über Aspekte gemacht habe, die heute wichtig seien.
Unverständlich für die Einwendenden blieb dagegen, in welcher Reihenfolge die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) geplant ist. Während ihnen logischer erschien, erst die Prüfung anzusetzen und dann die Genehmigung zum Bau der NTT zu erteilen, versicherten Stadt und Bezirksregierung, dass die Prüfung erst nach der Genehmigung erfolge. Ebenso musste erklärt werden, dass Grenzwerte zwar vielleicht heute als zu hoch erschienen, aber man sich an die halten müsse, die gesetzlich festgelegt seien. Der Antrag der Zuckerfabrik liege im entsprechenden rechtskonformen Bereich. Ebenso verhält es sich mit Gesetzen, die erst noch in Kraft treten: Relevant für das Bauvorhaben seien nur jene, die zum Zeitpunkt der Antragstellung Ende 2021 rechtskräftig waren, keine jetzt erst in Kraft tretenden.
Darüber hinaus forderte Bürgermeister Axel Fuchs eine konkrete Antwort von Pfeifer & Langen auf die Frage, ob die festgelegte Maximalmenge von insgesamt 3456 Fahrten am Tag – darin sind die Rüben-Anlieferungen und Rückfahrten sowie die Ausfahrt von Produkten enthalten – zur und von der Fabrik weg sich bei der veranschlagten Steigerung von der aktuellen Situation unterscheide. Die Verantwortlichen informierten, dass keine exakten Mengen nennbar seien, da dies immer von der Ernte abhinge und bisher keine Zahlen außerhalb der Rübentransporte zum Vergleich vorlägen, da diese vorher nicht von Belang gewesen seien. Darunter fielen etwa Transporte der nach der Produktion übrig gebliebenen Bestandteile. Aber insgesamt sei die Belastung nicht größer als bisher.
Insgesamt bleibt festzustellen, dass sich bei allen Hürden alle Seiten sich darauf verständigten, im Dialog bleiben zu wollen. Die Sorgen werden benannt und lösungsorientiert behandelt. Eine zeitnahe Erleichterung und Behebung der Probleme für die betroffenen Anlieger ist dagegen nicht in Sicht.