Es ist vor allem ein emotionales Thema, das war sehr schnell klar: Sicherheit ist keine Frage der Objektivität, es ist ein Gefühl, das die Menschen in sich tragen – oder eben auch nicht. Das machte der „Architekt dieser Sicherheitskultur“, wie Patricia Peill ihren Gast Herbert Reul vorstellte, schnell klar. Die Landesregierung veröffentlichte kürzlich ihre Kriminalstatistik, die im fünften Jahr in Folge sinkende Fallzahlen vermelden und eine bemerkenswerte Aufklärungsquote vorweisen kann und dennoch fühlen sich die Menschen laut einer Umfrage, die Reul zitiert, nicht sicher. „Wir haben Einbruchszahlen wie vor 40 Jahren und trotzdem ist das Problem noch nicht gelöst – und die Menschen fühlen sich immer noch unsicher.“ Zu Beginn seiner Amtszeit vor fünf Jahren sei er kein Sicherheits-Experte gewesen, „aber ich habe verstanden, dass Sicherheit die fundamentale Frage im Zusammenleben der Menschen ist. Wenn man die Frage der Sicherheit löst, dann wächst das Vertrauen in den Staat.“ Große Sorge bereite ihm daher, dass es nicht nur eine Parteien- und Politikerverdrossenheit gebe, sondern die Menschen „staatsverdrossen“ seien. „Das will ich nicht einsehen!“ Es würden da keine klugen Sprüche helfen, sondern nur konkrete Schritte.
Dass er persönlich dafür einsteht, stellte Gastgeberin Patricia Peill in ihrer Begrüßung anschaulich dar: „Und deswegen lesen wir jeden Tag immer wieder in den Zeitungen lauter kleine Krimis: 18 Festnahmen beim Clan Marathon; 160 Objekte durchsucht; 24 Stunden Marathon im kriminellen Clanmilieu, Herbert Reul um 6 Uhr früh auf der Straße dabei.“ Das habe Symbolkraft weit über NRW heraus.
Durchaus hemdsärmelig präsentierte sich der Innenminister seinem Auditorium und verstand es so nicht nur, die Aufmerksamkeit konstant hoch zu halten, sondern auch seine Anliegen knackig und kurz an Mann und Frau zu bringen. Keineswegs neu seien die Themen, die er aufgegriffen habe, etwa die Klankriminalität: „Warum haben sie [die Vorgängerregierungen; Anm.d.Red] nix gemacht, nicht, weil sie blöder waren, sondern weil man Familien stigmatisiert. Und das ist ein Teufelswort, weil es daran hindert, etwas zu tun.“ Betroffenheit herrschte bei den persönlichen Schilderungen zur Verfolgung von Kinderpornografie und Missbrauchsfällen, Zustimmung bei den Sicherheitsmaßnahmen, die für die Polizeibeamten getroffen wurden. Ein Polizist habe ihm gesagt: „Wir haben den Respekt verloren, den muss ich mir jetzt wieder zurückerwerben.“ Auch persönliche Erlebnisse gab er zum Besten. So könne er seine Flüche angesichts eines Knöllchens nicht wiederholen, aber wichtig sei eben, dass sich alle an Regeln halten. „Das ist nicht altbacken oder großväterlich – das ist elementar. Es geht bei der Sicherheitsfrage um eine Haltungsfrage.“
Versäumnisse stellte er aber ebenso dar, etwa im Katastrophenschutz. Der Klimawandel sei kein neues Thema, sei aber nicht ernst genug genommen worden. Hier würde er gerne – wenn er eine zweite Amtszeit nach der Wahl im Mai ausüben könne – nachmessen in der Erkenntnis: „In der Struktur und Ausstattung ist Nachholbedarf.“ In der Frage der Verfolgung von international agierenden Banden sieht Reul die internationale Vernetzung als Lösungsansatz. „Kriminalität ist nicht NRW-weit oder deutschlandweit zu bekämpfen, auch nicht europaweit – wir müssen uns vernetzen.“ Klar stellte der Innenminister, dass es „Sicherheit“ nicht zum Nulltarif gäbe. Investitionen seien wichtig.
In der Fragerunde brachte Titz‘ Bürgermeister Jürgen Frantzen das Problem der Sprengung von Geldautomaten auf und die Sorge, dass es künftig kein Bargeld mehr im ländlichen Raum geben könne. Auch hieran, erwiderte Herbert Reul, werde bereits gearbeitet und vor allem technische Verbesserungen in den Fokus genommen – aber auch die internationale Zusammenarbeit mit den Kollegen in den Niederlanden. Erfahrungswerte zeigten, dass die Banden, die Geldautomaten sprengten, gerne über die Grenze flüchteten.