Die 54-jährige Quantenphysikerin Dr. Astrid Lambrecht verantwortet ab dem heutigen Dienstag als Vorstandsvertreterin des Forschungszentrums Jülich das Institute for Advanced Simulation (IAS), das Jülich Centre for Neutron Science (JCNS), das Ernst Ruska-Centrum für Mikroskopie und Spektroskopie mit Elektronen (ER-C) und das Peter Grünberg Institut (PGI) sowie die Helmholtz Nano Facility (HNF).
Geboren in Mülheim an der Ruhr, studierte Astrid Lambrecht zunächst Physik an der Universität Essen und am Imperial College in London. 1995 promovierte sie am Forschungsinstitut Laboratoire Kastler Brossel (LKB) in Paris zum Thema „Kalte Atome und Quantenfluktuationen“. Nach einem Post-Doc-Stipendium am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching wechselte sie 1996 ans Nationale Zentrum für wissenschaftliche Forschung (CNRS) für Physik in Paris. 2002 habilitierte sich Lambrecht an der Pariser Universität Pierre und Marie Curie.
Seit 2007 war die Wissenschaftlerin Forschungsdirektorin am CNRS – ein akademischer Titel, der dem deutschen Professor entspricht. Von 2014 bis 2015 war sie stellvertretende Direktorin des LKB, ab 2016 stellvertretende wissenschaftliche Leiterin am CNRS-Hauptsitz für den wissenschaftlichen Geschäftsbereich Physik, den sie seit 2018 leitete.
Quantenfluktuation und Casimir-Effekt
Lambrecht forschte allem voran zu Quantenfluktuationen und den dadurch angeregten Kräften. Besondere Aufmerksamkeit schenkte sie dem mikrophysikalischen Casimir-Effekt, der vereinfacht gesagt bewirkt, dass sich zwei parallel ausgerichtete Metallplatten im Vakuum anziehen. Interessant ist dieser Effekt etwa für mikroelektromechanische Systeme (MEMS) – Miniaturplatten, die in Smartphones, Airbags und Tintenstrahldruckern zum Einsatz kommen.
Die neue Jülicher Vorständin erforschte zudem verwandte Phänomene in Bereichen wie der Atomphysik oder der Nanophysik – und untersuchte, welche Rolle die Kraft des Casimir-Effekts bei physikalischen Fragestellungen in Bereichen wie der Biologie und der Chemie spielt. Lambrechts international einflussreiche Forschung erstreckt sich dabei von der Grundlagenforschung bis zur Anwendung. Während ihrer Karriere hat die Forscherin rund 150 Publikationen veröffentlicht – darunter auch populärwissenschaftliche Werke über die moderne Physik.
Lambrecht bringt auch viel Erfahrung aus zahlreichen internationalen Wissenschaftsorganisationen und -gremien nach Jülich mit. Aktiv war bzw. ist sie etwa in Förderorganisationen wie der französischen „Agence Nationale de la Recherche“ (ANR), der US-amerikanischen „National Science Foundation“ (NSF), dem britischen „Engineering and Physical Sciences Research Council“ (EPSRC) und dem österreichischen „Wissenschaftsfonds“ (FWF). Ihre Expertise hat sie auch bereits in der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, dem US-Energieministerium, der französischen Kommission für alternative Energien und Atomenergie (CEA) sowie dem französischen Parlamentarischen Büro für wissenschaftliche und technologische Bewertung (OPECST) eingebracht. Von 2007 bis 2014 war Lambrecht außerdem Mitherausgeberin der wissenschaftlichen Fachzeitschrift EPL im Fachgebiet Quantenoptik und Quantenphysik.
Auszeichnungen
Zu Lambrechts wichtigsten Auszeichnungen gehören der Aimé-Cotton-Preis 2005 der Französischen Physikalischen Gesellschaft, die CNRS-Silbermedaille 2013 und der Gentner-Kastler-Preis 2016 der Französischen und Deutschen Physikalischen Gesellschaft. 2019 erhielt sie zudem den französischen Verdienstorden der Ehrenlegion.