Wer einer von zwölf Ausgewählten in einem Wettbewerberfeld von 40 ist, der muss etwas richtig gemacht haben, zeigte sich ein sichtlich gut gelaunter Bürgermeister Axel Fuchs überzeugt und selbstbewusst. Die Stadt Jülich hat sich für das zu 100 Prozent geförderte Projekt „Fußverkehrs-Check“ des Landes NRW qualifiziert. Dank der guten Formulierungen der Mobilitätsmanagerin Claudia Tonic-Cober, wie Fuchs ausdrücklich herausstellte, denn sie habe die Grundlage für den Antrag verfasst, der zum Erfolg führte.
Formulierungen alleine machen es aber nicht, war vom Verkehrsminister Hendrik Wüst bei der symbolischen Urkundenübergabe zu hören: „Man nimmt die Städte und Gemeinden, die schon was vorzuweisen haben und erklären, warum sie im Zufußgehen besser werden wollen.“ Das heißt zwischen den Zeilen: Jülich hat schon vorlegt auf seinem Weg zu einer besseren „Fußverkehrsstadt“. Deutlich wurde aber auch, dass es ein Prozess ist: „Es ist keine Siegerurkunde, sondern eine Teilnahmeurkunde,“ stellte Wüst klar. „Ich freue mich sehr, dass die Wahl auf die Stadt Jülich gefallen ist. Der Fußverkehrs-Check passt perfekt in die bereits aufgenommenen Planungen des Mobilitätskonzeptes der Stadt Jülich“, kommentierte Dr. Patricia Peill (MDL) die Übergabe.
Bis November diesen Jahres wird es in Jülich Begehungen in ausgewählten Quartieren geben, nach denen eine Stärke-Schwächen-Analyse erfolgen und konkrete Maßnahmen vorgeschlagen werden sollen. Das könnten etwa Engpässe für Fußgänger sein oder ein ungeschützter Raum, der durch parkende Autos oder Radfahrer beeinträchtigt werde. Begleitet wird das Verfahren professionell vom Expertenteam des „Zukunftsnetz Mobilität NRW“ sowie von Planerbüros, die das Verfahren vorbereiten, begleiten, moderieren und auswerten. Wichtig ist die Einbindung der Menschen vor Ort – nicht nur jene aus der Verwaltung, sondern aus der gesamten interessierten Bevölkerung.
Damit die ermittelten Projekte auch umgesetzt werden können, möchte der Verkehrsminister ein Fahrrad- und Nahmobilitätskonzept für NRW auf den Weg bringen, „in dem wir konkrete Verbesserungen fördern wollen, die als neuralgische Punkte ausgemacht worden sind“, erklärte Hendrik Wüst. Das kann wohl noch zwei Jahre dauern.
Die Frage, warum Jülich gut geeignet ist für das Projekt, beantwortete Bürgermeister Axel Fuchs selbst: „Wir sind eine Stadt, die nicht gerade eine Metropole ist, man sagt: Jülich ist zu klein für seine Größe.“ und spielte damit auf die bedeutenden Entwicklungen in Forschung und Strukturwandel – Stichwort Brainergy – an. „Aber nach wie vor sind wir eine Stadt mit rund 34.000 Einwohnern und da ist die Mobilitätsform, die früher noch ganz normal war, das zu-Fuß-gehen, immer noch gut möglich.“ Darüber hinaus erarbeite die Stadt seit geraumer Zeit ein Mobilitätskonzept. Ein Ergebnis sei bereits ermittelt und zwar nach dem „autoarmen Wochenende“ zur europäischen Mobilitätswoche im vergangenen September: 75 Prozent der Menschen hätten gesagt, dass sie sich eine Veränderung wünschen. Das passe zu den Erkenntnissen von Experten, die festgestellt hätten, dass ein deutsches Auto 23 Stunden pro Tag stünde, denn, so das Fazit: „Jede Form der Mobilität beginnt zu Fuß und endet in der Regel auch zu Fuß“.
Dass für diese Erkenntnis in der Köpfen aller auch in Jülich noch viel zu tun ist, zeigte die Anekdote, die Bürgermeister Fuchs unter dem Stichwort „Muttertagsbrötchenholbattle“ zum Besten gab. „Offensichtlich waren an diesem Tag alle Väter aufgefordert, morgens in Jülich Brötchen zu holen. Und das hat es noch nie gegeben: Sonntagmorgen um 9 Uhr herrschte Verkehrschaos auf der Kölnstraße. Parkchaos, Verkehrschaos, die Autos standen bis ins Nordviertel“, schilderte Fuchs. „Daran erkennt man, wie wichtig für uns der Fußverkehrs-Check ist.“
Im Rahmen der Übergabe kündigte Axel Fuchs für die Europäische Mobilitätswoche an, „weiter diesen mutigen Weg“ zu gehen und nicht nur an drei, sondern mehreren Tagen den Verkehr aus der Innenstadt auszuschließen. „Glauben Sie mir, Herr Minister, dass kommt nicht überall gut an“, aber der Versuch soll dennoch wiederholt werden. „Wir werden versuchen, alle mitzunehmen, vor allem den Einzelhandel. „Ich bin gespannt. Wir werden mal sehen wie weit die Füße tragen“, schloss er, denn „Es passt zu unserer Stadt.“