Herzog Wilhelm V., der Reiche, wäre begeistert: Endlich kommt seinem Stammsitz „Jülich“ wieder die Aufmerksamkeit zu, die er verdient hat. Die Initialzündung ereignete sich an Wilhelms 500. Geburtstag, der mit großem Brimborium gefeiert worden ist. Bei den Recherchen zum Festakt kam ans Tageslicht, was der Historiker aus dem Adelsgeschlecht derer von Büren (47) jetzt bei einer Pressekonferenz im Jülicher Schloss aussprach: „Wir stellen in Frage, dass das Herzogtum 1794 mit der französischen Besatzung aufgelöst wurde. Wir fordern das Herzogtum Jülich in den Grenzen von 1548!“ Anspruch wird erhoben auf die Region Niederrhein bis Brüggen im Norden bis Sinzig im Süden. Der Skandal war perfekt. Fassungslosigkeit herrscht in Berlin und Düsseldorf. „Die Jülicher sind größtenwahnsinnig geworden!“, kommentieren Bundes- und Landesregierung in einer abgestimmten Pressemitteilung das Vorhaben.
Reichsbürger sauer!
Protest kommt nicht nur aus den Regierungen, sondern auch von den Reichsbürgern, die sich auf das deutsche Kaiserreich vor 1918 beziehen und die Bundesrepublik für illegitim erklären. Völlig zu unrecht, wie von Büren betont: „Im Gegensatz zu den Reichsbürgern sind die Grenzen des Herzogtums klar definiert“. Und: „Wir haben die älteren Rechte! Das Herzogtum Jülich ist älter als das deutsche Kaiserreich!“
Für die Ziele gibt es inzwischen Allianzen. Die Bewegung der HERZOGtümler ist gegründet worden. Beim Festakt 2016 im Renaissancegarten der Festung Zitadelle nutzte von Büren (Bild, Mitte) die Gelegenheit, um mit Unterstützung des Prinzen von Merode (links) mit Jülichs Bürgermeister Axel Fuchs (rechts) ins Gespräch zu kommen. Wie aus gut unterrichteten Kreisen bekannt wurde, wurde dem parteilosen
ersten Bürger der Stadt der Vorsitz der Ständeversammlung im neu zu gründenden Herzogtum Jülich angeboten. Wer kann bei so klarem Machtgewinn schon „Nein“ sagen? Schließlich würde damit der große Fehler der kommunalen Neugliederung 1972 endlich wieder gut gemacht und Düren auf den angestammten Platz 2 verwiesen.
„Wir sind korrupt“
Eine klare Selbst-Verpflichtung zu demokratischen Strukturen wurde ausgesprochen. Parteien sollen gegründet werden. Neben der Hauptstadt Jülich, die sich von selbst versteht, sind ein Bischofssitz in Heinsberg mit angrenzender Dombauhütte und der Sitz eines Verwaltungsgerichtes in Euskirchen vorgesehen. Als Freistaat will das Herzogtum Jülich der Bundesrepublik angehören. Ein Rätekollegium soll die Regierung bilden – auch wenn an der Spitze ein Herzog stehen soll. „Uns schwebt eine konstitutionelle Monarchie vor, in der das Oberhaupt gewählt werden kann.“ Zwei Erbanwärter stehen schon in den Startlöchern. „Sehr verdünnt“, heißt es, aber immerhin Jülicher Blut fließt noch in den Adern der Herrschaftshäuser Wittelsbach und Preußen. Wobei sich die Herzogtümler wegen der Entschädigungsforderungen des Hauses Preußen auf Distanz gehen, die erst Mitte März wieder Thema im Brandenburgischen Landtag waren. „Wir hoffen, dass sich der Erbfolgestreit von 1609 nicht wiederholt!“, sagte ein Sprecher.
Keinen Zweifel lassen die Herzogtümler daran, dass die Menschen genau das bekommen, was sie wählen: „Wir bekennen uns: Wir sind korrupt und stehen dazu. Hier gibt es keinen verdeckten Lobbyismus. Wer uns wählt, weiß, was er bekommt!“ Derzeit läuft eine „Crownfunding“-Aktion im Internet, um die finanziellen Grundlagen zu schaffen.
Wer soll das bezahlen?
„Wirtschaftlich setzen wir auf unser weißes Gold – das Rübenmonopol!“ Mit der Leitindustrie Zucker könnte das Herzogtum die Zuckerpreise stabilisieren und in die richtigen Bahnen lenken. Selbstverständlich wird auch weiter auf die Forschung gesetzt mit den Säulen FZJ und Brainergy. „Wir werden zum bedeutenden Energielieferanten in Sachen Solar und Grüner Wasserstoff“, sind die Herzogtümler überzeugt.
„Wir packen den Strukturwandel richtig an!“, grinst ein Sprecher ziemlich zweideutig.
Ehe es dazu kommt, werden die Gerichte bemüht. Düsseldorf und Berlin stehen der Sache „Herzogtum Jülich“ natürlich ablehnend gegenüber, „aber glücklicherweise haben wir ja die Gewaltenteilung, die uns eine Chance auf einen fairen Prozess und ein Urteil nach der vorliegenden Sachlage ermöglicht“, zeigen sich die Initiatoren zuversichtlich.
Dass die Zeichen nicht ganz so schlecht stehen, darauf könnte hinweisen, dass nicht ohne Grund die künftige Hauptstadt Jülich die Innenstadtsanierung vorantreibt. Da schließt sich der Kreis: Schließlich hat Wilhelm V. Mitte des 16 Jahrhunderts auch seine Macht in Stein gemeißelt. Bis heute hält sich hartnäckig das Gerücht, dass er sich „warm saniert“ hätte. Aber das ist ein anderer Skandal.
INFORMATIONSVERANSTALTUNG DO 01|04
Herzogtümler | Kulturmuschel im Brücken-kopf-Park | Zugang über die Ruchlinsky-Brücke | 19:30 Uhr | Eintritt frei!!!