Eigentlich wäre der Karneval gerade eine der Hauptbeschäftigungen des Rheinländers. Schlag auf Schlag würde eine Sitzung auf die nächste folgen, wegen des hochfrequenten Schunkelns (und wegen des einem oder anderem geleerten Bierfasses) würde sich am späten Abend alles drehen, die Kamelle würde gerade für die Züge in Tragetaschen und Traktoranhänger gestopft und „Et Trömmelche“ würde aus voller Lunge mitgesungen. Aber et Trömmelche geht halt nicht, und niemand steht parat, denn gerade steht der ganze Planet wegen COVID-19 möglichst still. Karneval fällt eigentlich aus.
Eigentlich, denn ein leises Alaaf flüstern die Karnevalsgesellschaften der Herzogstadt ihren Mitgliedern mit Haustüraktionen, Geschenkpaketen und Bannern am Straßenrand entgegen. Ein solcher Banner ist nun auch auf dem Von-Schöfer-Ring am Ortseingang von Lich-Steinstraß zu sehen. Dort hat die Karnevalsgesellschaft Maiblömche Lich-Steinstraß ein Signal für die Vorbeifahrenden aufgehängt. Auf dem Banner, der in beide Fahrrichtungen zu lesen ist, werden „Jecke Tage in Lich Steinstraß … aber dieses Jahr leider ohne Karneval!“ angekündigt. Mit dem Banner wolle man Präsenz zeigen, sagte der Pressesprecher der KG Maiblömche, Dirk Emunds.
„Das ist mit dem sonstigen Betrieb nicht zu vergleichen“, fasst dieser nüchtern zusammen. Die KG hatte dieses Jahr noch größer geplant als die Jahre zuvor. Eine Damensitzung mehr wurde letztes Jahr angekündigt. Nach zwei Wochen seien alle Karten vergriffen gewesen. Dann die Totalabsage. Auch nach dieser sei nur eine verschwindend geringe Anzahl Karten zurückgegeben worden und auch die „Größen des Kölner Karnevals“, die für die großen Sitzungen in diesem Jahr gebucht waren, hätten entgegenkommend reagiert und bis auf eine kleine Verwaltungspauschale alle Kosten erlassen. „Die Karten und auch weitestgehend das Programm werden auf das Jahr 2022 gespiegelt“, sagt Emunds und stellt fest: „Wir sind dann doch mit einem blauen Auge davongekommen.“ Für den Pressesprecher scheint aber noch eine ganz andere Sache extrem wichtig: Die kleinen Karnevalisten. Die rund 50 Kinder in den Tanzgruppen beispielsweise hätten jetzt wöchentlich Tanztraining. „Es ist auch ein sozialer Faktor. Man kommt nicht mehr zusammen und es fehlt dann der sozialer Zusammenhalt.“ Die Planung für die nächste Session steht – und man hofft.
„Das ist es ja auch schon fast dieses Jahr“, sagt Emunds und deutet auf die zwei Banner, die an drei Bauzaunelementen festgezurrt worden sind. Vielleicht wird es für das leidende Karnevalistenherz ein Veilchendienstag, der nie vergessen werden wird – nur ohne Dienstag. Trotzdem versuchen alle den Umständen entsprechend, gemeinsam auf Distanz das Beste aus der Situation zu machen.