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Verliebt in die Feder

Einer, der Jülich im Blick hat, ist Uwe Cormann und das seit fast 65 Jahren. Nicht mit einem, mit vielen Federstrichen setzte er seine Heimatstadt ins Szene. Am heutigen Samstag, 30. Januar, feiert er seinen 80. Geburtstag.

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Uwe Cormann. Foto: Wolfgang Emde
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61 neue Federzeichnungen liegen derzeit bereit, um zum zweiten Band „So schön war Jülich“ vervielfältigt und gebunden zu werden, verrät der Jubilar. Strich für Strich wachsen unter seinen Händen der alte Marktplatz, Straßenzüge und Plätze, die alte Synagoge und andere Bauten, die längst verloren sind auf Papier. Erinnerungen an die Geschichte seiner Heimatstadt Jülich, die eindringlicher sind, als Fotografien. Das braucht Ausdauer, Zeit und ein gutes Auge. Sechs Wochen, so erzählt Uwe Cormann, habe alleine die Zeichnung des Inneren der alten Propsteikirche in Anspruch genommen. Ist das für den bekennenden und praktizierenden Katholiken auch eine Form von Meditation? „Dass kommt auf das Motiv an“, sagt er. „Ich habe einmal einen Orgelprospekt zeichnen müssen. Dabei habe ich mir tatsächlich Orgelmusik angehört und habe mich so richtig hineinversetzt.“ Nicht eingeschlossen in die Arbeitszeit ist der Feinschliff, der immer erst zu Hause erfolgte, erläutert Uwe Cormann den Entstehungsprozess. Das Bild wird zu Hause mehreren kritischen Betrachtungen unterzogen und überarbeitet. „Ich kann das Bild auch nicht sofort weggeben, weil ich immer noch Verbesserungen finde.“ Darauf hat ihn seine Hochschullehrerin Charlotte Mataré „getrimmt“, „die war sehr, sehr kritisch, sie wollte immer meine Bilder sehen – auch noch nach meiner Studienzeit.“ Selbst beim privaten Besuch mussten sein Freund und er ihre „Mappen“ noch vorlegen.

Wann er mit dem Zeichnen begonnen habe? Schon zu Kindergartenzeiten hatten es ihm Stift und Papier angetan „malen ging doch damals gar nicht – es waren keine Farben da!“ erklärt das Kriegskind, dessen Geburtstag auf das historische Datum fällt, an dem Hitler die Macht über Deutschland an sich riss. Es bestimmte entscheidend seine ersten Lebensjahre einschließlich der Evakuierung in Thüringen als Dreijähriger und einem achtjährigen Intermezzo an der Mosel ehe die Familie mit dem damals 12-jährigen zurück nach Jülich kam und er hier eine entscheidende Freundschaft schließen konnte: Im Haus Kölnstraße 22, direkt neben der Post, wohnten außer den Cormanns auch die Müller mit Sohn Otto. „Er hat mich in viele Geheimnisse eingeführt“, sagt Uwe Cormann und meint natürlich vor allem die zeichnerischen und malerischen. Viele Stunden haben sie wohl vor der Schlosskapelle der Zitadelle zugebracht, an der er, so der 80-jährige, das perspektivische Zeichnen gelernt hat, die ihn selbst durchs Studium trug. Dort stand ebenfalls perspektivisches Zeichnen auf dem Lehrplan, das sei aber sehr theoretisch und mathematisch gewesen. „Ich habe von dem, was der Dozent sagte soviel wie gar nichts verstanden“, gibt Cormann zu, aber als der Dozent einen Grundriss vorlegte und fragte, wer der Studenten davon einen Aufriss zeichnen könne kam Uwe Cormanns „große“ Stunde – hier konnte er Mitstudenten und Prof beeindrucken. Auf die Frage: „Wo haben Sie das gelernt?“ gab es die einfach Antwort:„Vor der Schlosskapelle in Jülich.“ Sie ist ein Lieblingsmotiv des Zeichners geblieben, das er in allen Formen von der Ruine – aus eigener Anschauung – bis zur Restaurierung immer wieder zu Papier brachte.

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Mit seinem Jugendfreund Otto Müller ging Uwe Cormann aber auch mit Stift, Farben und Papier in die Natur und zeichnete. Der Freund ermunterte ihn, sich auch in Farben auszudrücken – und steht damit Pate für einen ersten Kunstpreis, den Uwe Cormann gewann. 1958 war es, als Geilenkirchen einen Wettbewerb für junge Künstler ausschrieb und drei Jülicher in unterschiedlichen Altersklassen einen Beitrag einreichten: Otto Müller, Herb Schiffer und Uwe Cormann. Der Ausgezeichnete war so überrascht, dass ihn sein Freund anstubsen musste, erinnert sich mit einem verschmitzten Lachen der Jubilar: „Du musst nach vorne gehen, die haben Dich doch aufgerufen“, habe Otto gesagt. Das Gewinner-Aquarell hat Uwe Cormann bis heute.

Trotzdem ist es nicht die Farbe geworden, in der sich Uwe Cormann ausdrückt. Bekannt ist Uwe Cormann für seine Federzeichnungen, die in zwischen der akuraten Klarheit der Architekturwiedergabe in die sich selbstverständlich Genreszenen mit Pudel, spielenden Kindern und schwatzenden Passanten einfügen. Einige Aquarelle und Ölbilder gäbe es wohl, aber „ich hab mich irgendwie in diese Technik des Federzeichnens verliebt“, lacht Uwe Cormann leise. Es seien die Arbeiten, mit denen er sich sehen lassen könne, meint Uwe Cormann ganz bescheiden. Um das Aquarellmalen wieder aufzunehmen fehle ihm einfach die Zeit – obwohl der Aquarellkasten, den er als 16-jähriger vom Christkind unter den Baum gelegt bekam, immer noch existiert. „Das sind 1A Farben!“

Beruflich hat Uwe Cormann nach einer abgeschlossenen Ausbildung als Kaufmannsgehilfe bei Cornelius Stüssgen, Wehrdienst und Zwischenstationen bei er Stadtverwaltung und im Kreiswehrersatzamt den Weg zur Pädagogik gewählt. Über eine Sonderbegabtenprüfung erhielt der Volksschüler Uwe Cormann 1975 den Zugang zum Studium an einer pädagogischen Hochschule. Kunst und Geografie wurden seine Fächer, die er ab 1979 bis zu seiner Pensionierung 2003 an der Katholischen Hauptschule Grevenbroich unterrichtete.

Neben seinem zeichnerischen Werk kennen die Jülicher Uwe Cormann auch durch viele Aufsätze und historische Abhandlungen. Als Autor verfasst der amtierende Geschäftsführer der Joseph-Kuhl-Gesellschaft regelmäßig Beiträge für die Jülicher Geschichtsblätter und beschäftigt sich hierbei vor allem mit den Sakralbauten im Jülicher Land. Der Glaube spielt im Leben des 80-jährigen nämlich eine große Rolle. „Ohne den Glauben wäre das Leben nicht so schön und so angenehm.“

https://www.krankenhaus-juelich.de/a-z/kunst-im-krankenhaus/


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