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Aussichten 2021

Die Pandemie als Bremsklotz? Eher nicht. Das InHK ist auf den Weg gebracht, die „Muschel“ steht und ist in Betrieb, der Verwaltungsbau der evangelischen Kirche wächst. Nun gut, die Stadthalle hätte auch die 2. Session nach Schließung erlebt. Aber hier weisen schon Schilder auf das Nahen der Abrissbirne hin. Welche sichtbaren Veränderungen in Jülich 2021 zu erwarten sind, berichtet Bürgermeister Axel Fuchs.

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Der Herzog blickt in die Glaskugel für die Aussichten 2021. Illustration: Sophie Dohmen
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Was werden die Jülicher an Veränderungen und Bautätigkeiten 2021 sehen?

Axel Fuchs: Auf der Merscher Höhe wird viel zu sehen sein. Die Infrastruktur am Brainergy wird bereits jetzt geschaffen. Dazu gehört die Leitungsinfrastruktur inklusive Straßen. Dann geht es mit großen Schritten weiter. Alles weitere hängt noch von den Planungsarbeiten ab, die vorgenommen werden, und von den Vertragsangelegenheiten. Der Starter, das erste Gebäude am Brainergy-Park, soll Weihnachten 2021 fertig sein. In der zweiten Jahreshälfte ist mit dem Baubeginn zu rechnen. In Planung ist auch das Forschungsdreieck. Mit der Umsetzung ist aber erst in anderthalb Jahren zu rechnen. Dort – im Forschungsdreieck – wird es zunächst mobile Lösung geben, also Container, die aber sehr „schick“ sein werden. Dort sollen Startups, aber auch Wissenschaftseinrichtungen sehr zügig einziehen können. Wenn aber morgen jemand kommt und sich unbedingt ansiedeln möchte, dann kann er schon in drei Monaten starten.

Axel Fuchs. Foto: Mira Otto
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Wie steht es um die Entwicklung von Wohngebieten?

Axel Fuchs: Wo sich relativ zügig etwas tun könnte, wäre das Baugebiet neben der alten Realschule. Das ist schon vor vielen Jahren an einen Anbieter aus den Niederlanden im Grundsatz verkauft worden – damals ist das Geld aber nicht geflossen. Wir sind jetzt dabei, final eine Lösung mit den Niederländern zu finden. An der Lindenallee kommt der dritte Bauabschnitt. Dann folgt die Lasalle-Straße mit der Deutschen Reihenhaus AG. Auf dem Gelände der Alten Ziegelei ist eine Wohnbebauung geplant, die bereits im Ausschuss beschlossen wurde. Und auf den Dörfern schauen wir uns auch um.

Gibt es schon konkrete Pläne für die Stadtteile?

Axel Fuchs: Kirchberg könnte relativ zügig angegangen werden. Hier kommt es darauf an, wie wir mit dem Eigentum übereinkommen. Diese Flächen sind bereits für eine Bebauung geplant gewesen. Relativ zügig wird in Güsten der Sandweg erschlossen. Da gibt es derzeit noch ein Versickerungsproblem. Wahrscheinlich haben wir die Möglichkeit, auf jedem Dorf etwas zu erreichen. Wobei man das immer einschränken muss. Hier kommt das Dorfentwicklungskonzept zum Tragen. Es ist nicht sinnvoll, um die Dörfer herum Baugebiete zu schaffen und keine Lösung für den eigentlichen Kernbereich zu haben. Das nennt man den so genannten Donut-Effekt: Um den Ort herum die schönsten Häuser und im eigentlichen Kernbereich Leerstände – da muss man sehr aufpassen. Und wir wollen ja hier kein zweites Ruhrgebiet werden, wo man gar nicht mehr die Grenzen zwischen den Ortsteilen erkennen kann. Wir wollen so arbeiten, dass die Identität der Dörfer gewahrt bleibt.
In dem Zusammenhang ist die Mobilität extrem wichtig, die bessere Anbindung der Dörfer an die Stadt. Bei allen Themen, die wir in den letzten fünf Jahren auf den Weg gebracht haben, merken wir, dass man nichts isoliert betrachten kann. Es kann kein einzelner Baustein herausgelöst werden, weil alle Entscheidungen immer Auswirkungen auf die anderen Bereiche haben.

Bei Mobilität fällt dem Jülicher sofort das Stichwort „Parken“ ein…

Axel Fuchs: Es bleibt dabei: Wir haben extrem viele Parkplätze für eine Stadt unserer Größe. Wir werden das Parkdeck, wie es auch im Haushalt schon eingestellt ist, ertüchtigen – gepaart mit einer Erweiterung der E-Mobilität. Zusätzlich wird es noch eine Parkmöglichkeit auf der Kurfürstenstraße geben, wenn wir mit dem BLB einig geworden sind bezüglich des Ankaufs des Lehrerseminars. Das dauert seine Zeit, weil der BLB Verträge sehr genau prüft. Aber wenn wir das Gebäude gekauft haben, erhöht sich die Zahl der Parkmöglichkeiten noch einmal, von denen aus man in 2 Minuten Fußweg in der Innenstadt ist.
Die Evaluation der Aktion „autofreie Tage“ wird jetzt vorgelegt. Darin ist nachzulesen, dass unser Parkdeck an genau drei Tagen im Jahr voll besetzt ist: am 3. Advent, zum Stadtfest und Kunsthandwerkerinnen-Markt. Gleichzeitig haben sich die Planer die Fluktuation in den Parktaschen auf der Kölnstraße und der Kleinen Rurstraße angesehen. Sie war verschwindend gering. Wer ernsthaft argumentiert, dass die Existenz eines Geschäftes davon abhängt, ob ein Parkplatz vor der Türe angeboten wird, wird aus der Evaluation heraus durch Fachleute, die sich jeden Tag damit beschäftigen, widerlegt.

Obere Kölnstraße. Foto: Arne Schenk

Ich ärgere mich über die Unterschriften-Aktion mit der Suggestivfrage: „Sind Sie auch dagegen, dass die Parktaschen verschwinden sollen?“ Die Frage könnte ja auch lauten: „Sind Sie dafür, dass Familien mit Kindern auf der Kölnstraße sicherer unterwegs sein können?“ Die 80 Prozent der Ladenbesitzer, die dagegen sind, müssen sich die Frage stellen, ob sie in fünf Jahren noch eine Geschäftsgrundlage haben, wenn wir keine Veränderung vornehmen. Wir müssen in Sachen Attraktivität etwas tun. Wir wollen doch gerade dafür sorgen, dass die Menschen weiterhin in die Stadt kommen. 75 Prozent der Besucher unserer Stadt haben gesagt, dass ein neues System kommen muss, damit Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer nicht in ständiger Konkurrenz stehen.

Thema Innenstadt: Wird in diesem Jahr mit ersten Maßnahmen des integrierten Handlungskonzeptes – InHK – begonnen?

Axel Fuchs: Wir warten auf die Bewilligung der Mittel, die hoffentlich im ersten Quartal kommt. Dann geht es relativ zügig in die nächste Bürgerbeteiligung. Mein Wunsch wäre, dass wir uns nicht über Jahre streiten, welche Farbe ein Klinker oder ein Bodenbelag bekommen soll. Ich hoffe, das ist im politischen Raum und auch mit der Bürgerbeteiligung umsetzbar. Gelingt es, werden wir in den nächsten fünf Jahren eine komplett veränderte Innenstadt haben. Das gilt für den Marktplatz, Schlossplatz und die Kölnstraße. Und es muss eine funktionale Umgestaltung sein. Sie muss schön sein, aber vor allem darf sie nicht nur aus einer Höhe von 50 Metern schön aussehen. Es wird eine große Herausforderung im Bereich Tiefbau. Denn die Fehler der Vergangenheit müssen zuerst behoben werden.

Damit wird die Innenstadt wieder zur Baustelle. Das wird die Einzelhändler, die es in Corona-Zeiten besonders schwer hatten, aber nicht freuen.

Axel Fuchs: Die letzte Innenstadtumgestaltung in den 1980er Jahren war sehr planvoll. Sie hat eigentlich, so hat es Wolfgang Hommel als damaliger Werbegemeinschaftsvorsitzender erzählt, nicht zu großen Umsatzeinbußen geführt, weil man sich an den Plan gehalten hat. Auch wir werden sehr gut vorbereitet sein und einen ähnlich guten Plan haben.

Apropos Einzelhandel. Die Stadträte haben einhellig eine Aussetzung der Sondernutzungsgebühren beschlossen. Wie sind die zu erwartenden Einnahmeausfälle bei der Gewerbesteuer? Welche Konsequenzen durch die Pandemie sind für den städtischen Haushalt zu erwarten?

Axel Fuchs: Der Kämmerer und ich haben uns gewundert, welche Summen in anderen Kommunen zu Beginn der Pandemie genannt worden sind. Das können wir so nicht bestätigen. Wir sehen es nicht so schwarz, was die Einbußen bei der Gewerbesteuer anbelangt. Wir haben in Jülich eine Besonderheit: Wir sind kein Industriestandort, an dem wochenlang die Bänder stillstanden. Darum ist es in Jülich anders zu beurteilen. Wir können aber noch keine genaue Prognose abgeben. Es kann nämlich auf der anderen Seite zu Einbrüchen bei den Schlüsselzuweisungen der Einkommen- und Umsatzsteuer kommen –beispielsweise durch die Kurzarbeit. Die Gefahr ist für uns, glaube ich, viel größer. Aber auch wir sind darauf angewiesen, dass das Land und der Bund dafür Lösungen finden.

Walramplatz mit Blick auf den Hexenturm. Foto: tee

Im jüngsten Planungsausschuss ist ein neuer Aufstellungsbeschluss für den Walramplatz gefasst worden. Sind die Unstimmigkeiten mit dem Land bezüglich der Eigentumsrechte ausgeräumt?

Axel Fuchs: Es gab eine Telefonkonferenz, bei der es einen Konsens aller Beteiligten gegeben hat: mit dem Umweltministerium und mit Wald und Holz, und der muss jetzt noch in einen Vertrag gegossen werden – und dann sind wir durch. Hintergrund ist der, dass im Jahr 1928 eine Institution des preußischen Staates ein Grundstück für kleines Geld an die Stadt Jülich als Verkehrsfläche verkauft hat. Die Einschränkung war, dass, sollte es zu einer rentablen Bebauung kommen, die Institution wieder mit im Boot sitzen wollte. Festgehalten wurde das in einer Sicherungshypothek im Grundbuch, die bis heute Bestand hat. Jetzt kann man sich trefflich drüber streiten, welchen Wert 10.000 Reichsmark heute noch haben. Da gibt es natürlich Tabellen. Da lagen wir anfangs sehr weit auseinander. Jetzt haben wir eine Lösung gefunden, die alle Beteiligten das Gesicht wahren lässt. Wir sind festen Willens, den Rewe-Markt dort zu errichten.

Sehen wir 2021 schon etwas von dem Neubau?

Axel Fuchs: Lebensmittelmärkte eröffnen meiner Kenntnis nach immer zu bestimmten Zeiten: um Ostern oder vor Weihnachten. Wenn der Vertrag jetzt unterschrieben wird, sollte es ziemlich zügig gehen. Ich bin etwas vorsichtiger geworden. Ich weiß nicht, wie lange die Prüfung beim Umweltministerium oder Wald und Holz dauert, aber in zwei Jahren sollte der Markt eröffnet werden.

Ein weiterer Neubau ist an der Ellbachstraße im Gespräch.

Axel Fuchs: Dort soll ein Hotel entstehen. Die Stadt Jülich wird mittelbar das Grundstück des alten Baustoffhandels über eine Tochtergesellschaft kaufen, wird aber nicht Bauherrin des Objekts. Erst dann werden die Planungen beginnen. Wir brauchen unbedingt ein Hotel auch vor dem Hintergrund der Tourismusoffensive des Kreises Düren. Fahrradtourismus soll gefördert werden, dafür ertüchtigt der Kreis den gesamten Ruruferradweg. Das passt eigentlich alles zusammen. Wir hoffen natürlich auch, dass wir – nur in Teilbereichen – eine Veränderung vornehmen können, ohne in das eigentliche Flussbett einzugreifen.

Jülich, die Stadt am Fluss. Das würde einen Eingriff in die Rurauen bedeuten?

Axel Fuchs: Nicht zwangsläufig. Man kann natürlich darüber nachdenken, ob man einen Teil der Rurauen tatsächlich verändert. Das ist aber keine Entscheidung, die nur wir alleine treffen dürfen. Da müssen der Wasserverband und auch die Bezirksregierung mit zustimmen. Das ist ein äußerst komplexes Thema. Da spielt beispielsweise auch die Frage eine Rolle: Ist der Rurdamm in diesem Bereich überhaupt ein Wasserschutzdamm? Es wird eine Veränderung geben. Aber eins steht fest: Die grundsätzliche Bepflanzung auf dem Rurdamm wird nicht dadurch gefährdet, dass dahinter ein Hotel gebaut wird. Es wird sicher Möglichkeiten geben, mit denen man die Menschen gezielt an den Fluss heranführt.

Technologiezentrum Jülich im Königskamp. Foto: tee

Letzte Frage: Am 18. Dezember sind die Weichen für die Zukunft des Technologiezentrums Jülich gestellt worden. Wie sind die Pläne?

Axel Fuchs: Da sind wir auf einem erfreulich guten Weg. Alle Gesellschafter bleiben bei der Stange. Das TZJ hat 25 Jahre sehr erfolgreich gearbeitet. Aber natürlich haben sich die Anforderungen der Startups an ein Gebäude und dessen Infrastruktur verändert. Darum ist es gut, dass wir weiter sehr konstruktive Gespräche mit dem DLR führen. Dessen Interesse verstehen wir übrigens als schönes Bekenntnis zum Standort Jülich. Ein etwaiger Verkaufserlös soll im Brainergy Park reinvestiert werden. Im Brainergy-Park ist der so genannte Brainergy Hub geplant. Er wird mit hoffentlich zu erwartenden Fördergeldern gebaut, darf darum nicht rentierlich sein. Werden Gewinne erwirtschaftet, sind diese an den Fördergeber abzuführen – was ja auch sinnvoll ist. Wenn dann zusätzlich noch ein TZJ entstehen soll, muss man dafür eine städtebauliche Lösung finden. Das heißt: Für den Außenstehenden sollte es baulich ein Ensemble sein, aber die Einheit wird getrennt in geförderten und nicht geförderten Bereich. Das ist eine städtebauliche Herausforderung. Für die derzeitigen Mieter am jetzigen Standort TZJ gilt aber: So lange es keine Alternative gibt, wird keiner das TZJ verlassen müssen.

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