Um die wesentlichen Stationen vor Augen führen, muss man sich Jülich in den 70er Jahren vorstellen: „Es gab eine mittelstädtische Kunstszene mit einigen wenigen professionellen Künstlern und einer ständig zunehmenden Zahl von Freizeit-Künstlern….allein es fehlten die über zufällige persönliche Bekanntschaften hinausgehenden Kontaktmöglichkeiten, die diese Kunstszene beleben und anregen.“ So schrieb es der Vorstand über die Entstehung des Kunstvereins im Katalog 1982.
Gemeinsam traf man sich zu einem monatlichen Stammtisch. Die Geburtstunde des Kunstvereins schlug am 28. August 1978 im Haus Hesselmann. Die Gründungsversammlung (28 Personen) beschloss die noch heute geltende Satzung und wählte den ersten Vorstand (siehe Box) Drei weitere ins Vereinsregister eingetragene Gründungsmitglieder: Dr. Gottfried, Korff, Eva Gebauer, Peter Schiffer.
In den Jahren 1978 bis 1982 folgten Ausstellungen im Haus Hesselmann und im Alten Rathaus. Um der Kunst eine angemessene und dauerhafte Bleibe zu sichern, wuchs die Vorstellung, den Hexenturm einem sinnvollen Zweck im Rahmen des Jülicher Kulturlebens zuzuführen. Die Planungsgrundlage für den Innenausbau des restaurierten Turms schuf Architekt Hans Weden. Die Umsetzung erfolgte von 1980 bis 1982. Im Juni 1982 übernahm der Kunstverein im Rahmen eines Nutzungsvertrages mit der Stadt Jülich das Gebäude für Ausstellungs- und Veranstaltungszwecke. Das ist grundsätzlich so geblieben Für uns ist der Hexenturm das Domizil der zeitgenössischen Kunst.
Mit kleinen Änderungen aus Anlass des Neubaus des Kulturhauses ist das so geblieben. Was seitdem an Ausstellungen läuft, die durch den Kunstverein organisiert werden, finden sie mit wenigen Ausnahmen im Hexenturm statt. Er ist für uns das Domizil der zeitgenössischen Kunst.
Das in der Satzung verankerte Ziel der Kommunikation unter Kunstinteressierten
fand die verschiedensten Ausprägungen.
Die Ausstellungen, zum 10jährigen Bestehen waren es bereits 30, waren und sind die Magneten für die Besucher des Hexenturms. Auswärtige und Ortsansässige strömen herbei, wenn der Kunstverein bekannte und namhafte Künstler vorstellt. Die Gründungsmitglieder erwähnen gern Joseph Beuys, der gemeinsam mit Franz Buchholz 1982 dem Ruf des Kunstverein Glanz gab. Ganz so spektakulär ist es nicht weiter gegangen. Namen zu nennen würde den Rahmen sprengen aber das Spektrum ist breit: Grafik, Malerei, Aquarelle, Öl- und Acrylbilder, Zeichnung, Lichtkunst, Fotografie, Video, Objektkunst, Glaskunst, Collage, Skulptur, Papierkunst, Kalligrafie, alle Bereiche der zeitgenössischen bildenden Kunst wurden nach Jülich gebracht.
Wir konnten in- und ausländische Kunstschaffende zeigen, solche mit internationalem Ruf und solche, die erst am Anfang ihrer Laufbahn waren. Es gab Kooperationen mit anderen Kunstvereinen und Teilnahmen an Ausschreibungen.
Das Projekt WASSER von 1986 war wohl die herausragende Kunstaktion. Solche Vorhaben erneut ins Auge zu fassen, gehört zur Zukunftsmusik.
2018 werden wir die 150. Ausstellung eröffnen.
Der monatliche Stammtisch wurde zunächst fortgeführt, Flohmärkte, die 1980 und 1981 zur Geldbeschaffung für die Renovierung stattfanden, brachten Gäste in den Hexenturm und dem Satzungsziel – Kommunikation unter Kunstinteressierten anzubieten – wurde durch Vorträge Workshops, Atelierbesuche und Studienfahrten Rechnung getragen. Dieses Grundkonzept haben wir bis zum heutigen Tag erhalten.
Neu ins Programm haben wir 2013 die Kolloquien und die Reihe „Made in Jülich“ aufgenommen. Dieter Laue kam auf die Idee, nachdem die Mitglieder den Wunsch äußerten, häufiger, das heißt mindestens jährlich Werke der Jülicher Künstler zu sehen und deren künstlerischen Werdegang kennenzulernen. Für eine Ausstellungsgruppe „Made in Jülich“ sind drei Wochenenden vorgesehen. Sechs bis sieben Künstler und Künstlerinnen können sich zusammentun, ein Konzept entwickeln und haben freie Hand für ihren bildnerischen Auftritt.
In der ersten Veröffentlichung des Kunstvereins stand 1982 ein Ausblick: Wir „möchten alles, was auf künstlerischem Gebiet aktuell im Blickpunkt des Interesses steht, den Bürgern Jülichs nahe bringen und ihnen so die Möglichkeit geben, sich damit auseinanderzusetzen. Besonderen Wert legt der Kunstverein darauf, dem Nachwuchs eine Chance zu bieten.“
Die kunstpädagogische Arbeit des Kunstvereins hatte immer einen hohen Stellenwert. Renate Schenk und Ingrid Kraska- Dürke leiteten ab 1981 Malkreise und- kurse für Kinder in Schulen und der Bürgerhalle Koslar. Sie haben Nachfolger und Nachfolgerinnen bekommen.
Ich erinnere an die von Kindern geschaffenen Kunstinseln vor dem alten Rathaus, in Zusammenarbeit mit dem Mädchengymnasium, hier Teresa Canovas, an die Zuckerkunst beim Zitadellenfest, und Beatrix von Bock). Auf dem Hof von Jan Schenk und Susanne Renker konnten die Kinder drucken, ausstellen und rumtoben und bei der Laternenkunst anlässlich des Jülicher Stadtfestes 2007 die Poststraße gestalten. Hier in Zusammenarbeit mit der Gesamt-Schule Niederzier, Gaby Rahier, dem Mädchengymnasium und der Villa Kunterbunt.
Seit 2005 arbeiten Künstler und Künstlerinnen mit der Villa Kunterbunt zusammen im Projekt Kunterbunt – KUNST. (Jens Dummer, Marcel-Patrice Soyer, Mirjana Stein- Arsic, Michael und Rosy Küpper, Christel Jäschke, Ursula Lesaar, Karin Uhlenbruck). Die sich anschließende Ausstellung im Hexenturm 2007 werden wir wiederholen mit Arbeiten der letzten 10 Jahre anlässlich unseres Jubiläums. Karin Stobbe ist ebenfalls in diesen Bereich eingestiegen.
Ziel ist, Kinder und Jugendliche für Kunst zu begeistern. Wir brauchen Nachwuchs und wir bieten eine Möglichkeit, sich zu zeigen. Wir wollen Jugendliche mehr reinholen, neue Formen der Zusammenarbeit finden. Es gibt nicht nur Führungen im Hexenturm für Schulklassen, es gibt auch gemeinsame Projekte (Villa Kunterbunt, Gymnasium Zitadelle) deren Ergebnisse im Hexenturm 2018 präsentiert werden, siehe Programm des Jubiläumsjahrs.
Lernen ist nicht nur was für die Jugend. Auch Mitte der 80er Jahre wurden im Hexenturm Workshops angeboten. Diese Weiterbildungsmöglichkeit haben die wechselnden Vorstände nicht nur beibehalten, sondern erweitert. Den bei uns ausstellenden Künstlern bieten wir an, Workshops zu geben. Den Mitgliedern des Kunstvereins stehen dadurch Techniken offen, die sie an neue Sichtweisen heranführen. Teilweise entstehen im Anschluss privat organisierte Kurse, sogar Reisen zu den Seminaren der Künstler bis ins Ausland.
Angeboten wurde Kalligraphie, Druckgrafik, Aktmalerei, Mischtechniken, Öl-Acryl/ Kohle/Kreide, Wasserzeich(n)en, nicht nur im Hexenturm, wo wir Im Jahr der Grafik 2009 mit dem Museum Jülich zusammenarbeiteten, sondern auch zum Beispiel auf dem Hof von Jan Schenk und Susanne Renker und in der Galerie Alte Weberei.
Dass Lernen und künstlerische Aktivitäten im Alter weiter betrieben werden können, wollen wir mit einem 2017 begonnenen Projekt zeigen. Pflegebedürftige oder demente Menschen mit Kunst in Verbindung zu bringen war der Wunsch von Dr. Birgit Leyens. Mit dem Erlös ihres Bildnachlasses, den die Familie in einer Auktion auf die Beine stellte, finanziert der Kunstverein Unterricht für diesen Personenkreis mit Künstler/innen, die in Einrichtungen arbeiten. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse.
Vorträge dienen ebenfalls der künstlerischen Aussprache. Sie sind seit Gründung des Kunstvereins Bestandteil des Programms. „Die Nudel in der Kunst“ war einer von vielen Vorträgen, zu denen wir im Hexenturm einluden. Was uns Dr. Dirk Tölke zu berichten hatte, zeigte, wie auch mit Humor eine kunsthistorische Delikatesse zubereitet werden kann. Guido von Büren darf bei der Rückschau nicht fehlen. Er war und ist kunsthistorisch immer unser verlässlichster Partner.
Studienfahrten: Von 1979 an gab es von Ingrid Kraska organisierte Reisen zu den Orten der Kunst im In- und Ausland. Der Blick über den Tellerrand erweitert die Akzeptanz für das, was zu Haus als gewöhnungsbedürftig eingestuft wird.
Dieser Bereich des Kunstvereins war und ist derjenige, an dem viele Mitglieder regelmäßig teilnehmen. Marlies Keil übernahm im April 2003 die Kunstreisen mit einer Reise zur Ausstellungs- und Kunsthalle Bonn, die sie in den letzten 15 Jahren wohl am häufigsten aufsuchte, gefolgt vom Von der Heydt Museum in Wuppertal und dem Folgwang Museum in Essen. Düsseldorf, die Ausstellungshalle K20 und der Kunstpalast gehörten ebenfalls zu den ständigen Adressen der Tagesfahrten. Mehrtagesfahrten nach Worpswede, Berlin und Weimar, Amsterdam, Brüssel, Delft, Paris, in die Normandie und Bretagne, nach Prag und Wien bieten immer wieder die Gelegenheit, einander in der Ferne näherzukommen.
Zu Gast bei heißt die Reihe, die den Stammtisch der frühen Jahre abgelöst hat. Das gesellige Zusammensein wird in den privaten Räumen der Mitglieder des Kunstvereins im Atelier oder im Garten genossen. Wir trafen uns unter der Venus in der Badewanne, machten Männern im Grünen schöne Beine, ließen uns auf dem Pferdehof verwöhnen, standen in der Lichtkunst, in der Druckwerkstatt, bei den Tiegeln und Flaschen der Arcylmalerei.
Letztens war ein Tisch mit Malutensilien aufgebaut, den auch Nichtkünstler für ein Experiment nutzen können.
Und jetzt?
In 40 Jahren passiert eine Menge, viele Mitglieder sind geworben worden, 140 Mitglieder zählte der Verein zum 10jährigen Bestehen, jetzt sind es 260, der Mitgliedsbeitrag lag bei 24 DM, er beträgt noch heute 20€ im Jahr.
Die Vorstände haben gewechselt, (z.Zt. Müller-Lehnen, M. Küpper, Dr. Dornseiffer, David sind geschäftsführend, Bochem, Dr Goedeking, Jongen, Grigoleit, Stobbe sind Beisitzer/innen). Viele davon sind seit Jahren dabei, neue sind hinzugekommen. Abschied nehmen mussten wir von Dr. Birgit Leyens. Unsere neue home-page macht Jürgen Otto, mit dem wir immer wieder die Aktualität und Dokumentation im Blick haben.
Gern erinnere ich mich an Aufgaben, die besonders schön waren, wie die Zusammenarbeit mit dem Integrationsrat, d.h. auch den in der Stadt ansässigen Kulturvereinen, 2017, zum Thema KUNST VERBINDET. Sieben verschiedene Nationen, alles Künstler/innen, die hier leben oder einen Bezug zu Jülich haben, ihren Geburtsort jedoch in einem anderen Land, waren im Hexenturm vertreten. Das lässt in die Zukunft schauen. Kunst verändert sich und verändert Menschen. Es ist spannend, zu sehen, wie sich Wandel vollzieht. Es ist faszinierend, in Lebenswerke einzutauchen, die die Zeit repräsentieren, und überraschend zu entdecken, was in Kindern verborgen liegt, denen man Zeit schenkt.
Wir feiern 2018 unser Jubiläum, der Bürgermeister der Stadt Jülich, Axel Fuchs wird Schirmherr sein. Wir werden mit Rainer Weingärtner im April einen Künstler der ersten Stunde ausstellen, den Kindern und Jugendlichen im Mai und September eine Plattform geben und im Hexenturm im August 18 Jülicher Künstlern Gelegenheit geben, auf ihr Lebenswerk aufmerksam zu machen. Die einzelnen Segmente des Kunstvereins werden wir in einer Talk-Runde vor Augen führen. Um unsere Projekte finanzieren zu können, werden wir Arbeiten der Künstler/innen aus der Sammlung des Kunstverein zur Versteigerung bringen. Das Festwochenende am 1.und 2. September wird im Freien enden, wir haben den Renaissancegarten im Auge.
Noch sind wir in der Planung, am 22. Januar ist Mitgliederversammlung, wir sind gespannt, wie sich alles entwickelt.
Ein Dankeschön:
Bei der Suche nach Zeitzeugen waren Kataloge hilfreich, die 1982, 1988 zum 10jährigen, 1986 zur Kunstaktion WASSER, 1998 zum 20jährigen und 2003 zum 25jährigen Jubiläum erschienen sind. Käthe Weden, die über 20 Jahre Vorsitzende des Kunstvereins war, und Renate Schenk, die sich aktiv an der Vorstandsarbeit beteiligte, habe ich noch zu Lebzeiten kennengelernt, als ich selber Mitglied im Kunstverein wurde. Eva Gebauer, Hans-Georg Eberhardt, Heinrich Giesen, Manfred Adams, Ingrid Kraska-Dürke, Peter Schiffer, Dr. Mirjana Stein-Arsic, Dr. Peter Stump, Ursula Lesaar, alle in den frühen Jahren als 2. Vorsitzende, Schatzmeister oder Beisitzer/innen tätig und in den Katalogen vermerkt, bin ich in Gesprächen begegnet und konnte mit denen, die bis heute „Dienst“ für den Kunstverein machen, die Geschicke des Kunstverein an den ursprünglichen Intentionen messen. Peer Kling, 1.Vorsitzender nach Käthe Weden und Dr. Birgit Leyens, dessen Nachfolgerin im Amt, haben mir den Einstieg ins Geschehen des Kunstvereins mit Anekdoten leicht gemacht. Ein herausragender Baustein zur Erinnerung war das Anfertigen einer Dokumentation der Aktivitäten des Kunstvereins, die Mirjana Stein –Arsic 2003 vornahm. 30 prall gefüllte Ordner wurden gesichtet, gegliedert und digital verfügbar gemacht.
Unter www.kunstverein-juelich.de kann man sich schlau machen.