Rund 30 Millionen Weihnachtsbäume werden allein in Deutschland jedes Jahr verkauft. Die meisten von ihnen landen in kuscheligen Wohnzimmern, einige werden aber auch im Freien aufgestellt – etwa auf Weihnachtsmärkten. Was passiert, wenn ein solcher Baum infolge einer Windbö umstürzt, kann man sich leicht ausmalen. Wissenschaftler der FH Aachen haben jetzt herausgefunden, mit wie viel Gewicht ein Weihnachtsbaum am Boden verankert werden muss, damit er auch einen Sturm unbeschadet übersteht. Die nötigen Messdaten haben sie im Windkanal des Fachbereichs Luft- und Raumfahrttechnik ermittelt.
„Wir messen, welcher Staudruck sich bei unterschiedlichen Strömungs-geschwindigkeiten aufbaut“, erläutert Prof. Dr. Frank Janser, Experte für Strömungsmechanik und Industrieaerodynamik. Daraus könne der Widerstandsbeiwert (oder cw-Wert) ermittelt werden, ein dimensionsloser aerodynamischer Beiwert. Die Nordmanntanne, die im Windkanal an der Hohenstaufenallee als Testobjekt dient, ist 1,20 Meter hoch – „die Ergebnisse lassen sich aber auf große Bäume hochskalieren“, betont Prof. Janser. Im konkreten Fall bedeutet das, dass ein zehn Meter hoher Baum mit etwa zehn bis zwölf Tonnen Gewicht verankert werden muss.
Die Messung im Windkanal ergibt einen Widerstandsbeiwert von etwa 0,8 – zum Vergleich: ein modernes Auto liegt bei 0,3 bis 0,35, ein Lkw bei 0,8. „Es gibt in der wissenschaftlichen Literatur nur wenig Angaben zum Thema“, erläutert Achim Bosten, Statiker beim Aachener Unternehmen BFT Cognos und Lehrbeauftragter am Fachbereich Architektur der FH Aachen. Bisher sei man von einem wesentlich niedrigeren Wert ausgegangen – entsprechend geringer habe man auch die nötige Verankerung bemessen.
Der Test im Windkanal war eine gemeinsame Aktion des Fachbereichs Luft- und Raumfahrttechnik der FH Aachen, von BFT Cognos und des Märkte und Aktionskreis City e.V., der den Weihnachtsmarkt rund um Dom und Rathaus veranstaltet. Die Ergebnisse des Versuchs werden in die Vorbereitungen für den Weihnachtsmarkt 2017 einfließen, der am 24. November eröffnet wird.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Fachbereichs betraten mit diesem Versuch Neuland – normalerweise werden im Windkanal Tests aus den Bereichen Luft- und Raumfahrttechnik, Automobil- und Motorradtechnik durchgeführt. Und sie trafen besondere Vorkehrungen: Damit die Tannennadeln bei Luftgeschwindigkeiten von mehr als 80 Kilometern pro Stunde nicht überall in dem Windkanal herumfliegen, haben sie sie vorher mit mehrere Dosen Sprühlack fixiert.