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Der Mensch und die Einsamkeit…

Wenn man schon nicht in die Welt hinausgehen kann, kommt die Welt im Idealfall nach Hause. Am besten geht das per Fantasiereise.

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Eines der größten Probleme des Menschen ist wohl sein Hang, wenn nicht sogar Zwang, zur Gruppen- bzw. Pärchenbildung. Denn der Mensch der Neuzeit wird nicht mehr ausgiebig durch seine soziale Gruppe geschützt und ist deshalb einsam. Früher war es nicht so starken Mitgliedern der Spezies Mensch wenigstens möglich, sich bei nicht vorhandener Akzeptanz durch die Gruppe zurückzuziehen aus dieser, um Unterschlupf zu finden im Kreis der Familie, verbunden durch Blut und Gene.

An dieser Stelle setzt Anna Gavaldas neuer Roman an. Was geschieht heute mit den Außenseitern der Gesellschaft? Schwierigen, Schwachen und teilweise bereits Ausgestoßenen, oft aber nicht minder genialen Sonderlingen? In „Zusammen ist man weniger allein“ bilden sie eine Zweckgemeinschaft – zufällig zusammengewürfelt, scheint es, vielleicht aber auch schicksalhaft verbunden?!

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Da wären Camille, verzweifelte Künstlerin und schon beinahe über den Rand am Abgrund der Verzweiflung, Philibert, Sprössling aus reichem Hause, verschüchtert und stotternd, Franck, begnadeter Koch mit raubeinigem Charme, aber einem weichen Herz, und schließlich Paulette, dessen beinahe hilflose, aber von Grund auf liebenswürdige Großmutter. Sie alle finden sich nach und nach in einer Wohnung der Familie Philiberts am Fuße des Eifelturms wieder. Es entsteht ein empfindliches, gefühlvolles Netzwerk oder, wie die Autorin es selbst ausdrückt: „Es beginnt ein umgekehrter Domino Effekt: wie einer den anderen aufrichtet und so aus dem Schlamassel zieht.“

Doch vor diese Erlösung setzt Gavalda Tränen und Traurigkeit, ein tiefes Tal der Verzweiflung in einer Unmittelbarkeit, die den Leser zusammenzucken und schaudern lässt – erkennt er sich doch in vielen der menschlichen Unzulänglichkeiten der vier Protagonisten wieder und möchte sie schütteln, damit sie ihre Unfähigkeit begreifen und endlich überwinden könnten. Die vier armen Seelen schaffen es zunächst, sich selbst so sehr im Weg zu stehen, dass sie trotz Gemeinschaft einsam bleiben – sei es aus Stolz oder aus Angst. Aber auch nachdem man sich abgefunden hat mit der bestehenden Konstellation, bleibt das Geflecht unbeständig und verletzlich wie eine junge Pflanze. Gavalda fesselt in ihrem 555 Seiten starken Roman den Leser und schenkt ihm starke, berührende und tröstliche Bilder – und streift nur an sehr wenigen Stellen den Rand zum Kitsch.

Schon der Titel des Romans „Zusammen ist man weniger allein“ stellt den eigentlich schnöden Kern der Aussage dar. Hoffnungsschenkend steht diese im Raum, und es wird ein weiteres Mal deutlich, wie einfach es manchmal wäre, würde der einzelne Mensch verstehen und die allzu offensichtlichen Dinge hinnehmen, statt immer nur alles kritisch zu hinterfragen. Auch die beiden Liebenden des Buches müssen lernen zu erkennen, zuzulassen und auch zu lieben – manchmal die schwerste Aufgabe überhaupt. Gavaldas Stil bleibt an jeder Stelle klar und angenehm lesbar. In gut strukturierten Teilen erzählt sie aus den wechselnden Sichtweisen der Protagonisten mit sehr warmen und teilweise schon fast poetischen Bildern. Oft ist das beschriebene leicht melancholische Paris zum Greifen nahe, um im nächsten Augenblick durch den harten und ungeschönten Blick auf die alltägliche Realität der Handelnden zerschlagen zu werden.

Aber nach einigen Lichtblicken und Stürzen ins Dunkel schenkt die Autorin dem Leser, als er schon fast nicht mehr damit rechnet, ein wohlverdientes Happyend!

BUCHINFORMATON
Anna Gavalda: Zusammen ist man weniger allein | Gebunden, 555 Seiten | Carl Hanser Verlag 2005 | ISBN-13: 978-3446206120 | 19,95 Euro

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Andrea Eßer
In Jülich geboren und dann nach der Schule ab in den Süden zum Studium der Wortjonglage. Nach einer abwechslungsreichen Lehrzeit mit den Prominenten dieser Welt, überwog das Heimweh nach dem schönen Rheinland und Jülich im Speziellen. Deckname Lottofee, liebt ihre Familie, Süßigkeiten, Kaffee, alles Geschriebene und Torsten Sträter. Anfällig für sämtliche Suchtmittel (nur die legalen natürlich). Hat schon mal eine Ehrenurkunde gewonnen und ihre erste Zeitung bereits mit zehn Jahren herausgegeben. Hauptberuflich strenger Händchenhalter eines Haufens vornehmlich junger Männer. Der Tag hat notorisch zu wenige Stunden für alle Pläne und kreativen Vorhaben, die meiste Zeit etwas verwirrt.

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