Die Entscheidungen zum gesellschaftlichen, kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Leben einer Stadt treffen die von der Bevölkerung gewählten politischen Vertreter. Üblicherweise beauftragen die Mandatsträger die Stadtverwaltung, deren erster Mann der Bürgermeister ist, Dinge von Bauprojekten bis zur Innenstadtgestaltung oder Sanierung von Sportplätzen voranzutreiben. Die Verwaltung ihrerseits macht der Politik Vorschläge über Verfahrensweisen und gibt eigene Impulse. Die letzten Entscheidungen fallen dann im Stadtrat.
Die Corona-Krise hat auch die Politik in eine Zwangspause geschickt. Seit der Verhängung des Versammlungsverbotes sind alle Ausschuss-Sitzungen ausgefallen, und auch die Ratssitzung, die für den 29. April angesetzt war, wird nicht stattfinden können. Dennoch entscheidet ein Bürgermeister auch in dieser Zeit nicht alleine oder eigenmächtig. Dringlichkeitsentscheidungen seien in Abstimmung mit den Fraktionsspitzen erfolgt, teilt Bürgermeister Axel Fuchs auf Nachfrage mit. Und wie soll es künftig weitergehen, wenn auf unabsehbare Zeit die Beratungs- und Entscheidungsgremien nicht tagen können?
„Dazu gibt es in der nächsten Woche ein Gespräch mit unserem Rechtsamt“, kündigt Fuchs an. Die Landesregierung habe eine neue Möglichkeit eröffnet, im Paragraph 60 Gemeindeordnung NRW: Der Rat einer Stadt kann seine Entscheidungskompetenzen auf den Hauptausschuss übertragen. Wichtig zu wissen: Grundsätzlich werden alle Entscheidungen, in denen der Stadtrat das letzte Wort hat, vorher im Hauptausschuss beraten. „Diese Entscheidungsgewalt des Hauptausschusses kann durch ein so genanntes ,Rückholrecht‘ auch eingeschränkt werden“, erläutert der Bürgermeister.
Grundsätzlich begrüßt Axel Fuchs die Idee einer Kompetenzübertragung, denn der Hauptausschuss, der sich ausschließlich aus Ratsmitgliedern zusammensetzt, hat deutlich weniger Teilnehmern. Damit könnte in Jülich im Ratssaal auch mit dem nötigen Abstand getagt werden. „20 Teilnehmer bekommen wir hin“, sagt Fuchs, vor allem unter der Maßgabe, dass der kleine, frisch sanierte Ratsaal dazu genommen werden kann, etwa als Raum, in der die Verwaltung Platz nehmen könnte. Und auch die „interessierte Öffentlichkeit“, denn trotz Corona müssen alle Sitzungen öffentlich abgehalten werden. Üblicherweise ist die Zahl der Jülicher, die teilnehmen, eher überschaubar. Sollten wider Erwarten viele Besucher kommen, müsste man mit „technischen Lösungen“ arbeiten. Das heißt, die Sitzung müssten in einen anderen Raum live übertragen werden. Brisante Themen, die eine große Schar Interessierter erwarten lässt.
„Wir gehen davon aus, dass im Mai die Gremienarbeit weitergehen wird“, blickt Fuchs zuversichtlich nach vorne. Das müsse aber erst in einer interfraktionellen Runde geklärt werden. Sollten die politischen Vertreter einfordern, dass der Rat als höchstes Entscheidungsgremium Sitzungen abhalten muss, „dann müssen wir über einen Umzug in eine Halle nachdenken“.