Autor Andreas Gruber war auch mit einem ganzen Stapel seiner Werke im Koffer angereist. Titel wie „Todesurteil“ oder das aktuelle „Todesmal“ versprachen denn auch blutrünstigen Inhalt. Dass es dennoch ein so amüsanter Abend werden sollte, lag ganz einfach an der unvergleichlich charmanten Art des Schriftstellers sowie am ungewöhnlichen Format seiner Lesung.
Los ging es schon mit der „einführenden Lobhudelei“ durch Niederlassungsleiter Jürgen Schmitte, der in seiner launigen Kurvorstellung den Zuhörern unter anderem die dringende Bitte mit auf den Weg gab, beim Verfassen einer Rezension doch nicht auf die Satzzeichen zu verzichten. Auch outete sich Schmitte als wenig begeisterten Krimifreund, „aber jetzt musste ich ja.“ Bedauert hat er es nicht, dass er Grubers neuestes Werk lesen musste, trotz Blut, Spannung und Gewalt.
Unter Jülichs Lesern scheinen Krimifans allerdings zahlreich vertreten: Die Stuhlreihen in der Buchhandlung waren schon früh besetzt und eine lange Schlange geduldig wartender Fans, teils mit ganzen Bücherstapeln unterm Arm, wartete darauf, dass Gruber ihnen ein paar Worte auf die erste Seite schreiben würde. Um Punkt halb acht war die Signierstunde allerdings erstmal vorbei, denn schließlich „haben wir nur anderthalb Stunden“, meine der Autor und legte direkt los. Allerdings nicht mit ununterbrochener Lesung aus seinem zuletzt erschienen Roman „Todesmal“, ganz im Gegenteil: Aus dem Buch gab es gerade einmal drei mehr oder weniger lange Passagen zu hören. Stattdessen erzählte der Österreicher, dass er schon als ziemlich kleiner Junge wusste, dass er mal Schriftsteller werden wollte. Dummerweise nur waren bereits seit drei Seiten in seinem vielversprechenden Erstling „Moneten, Bier und heiße Bräute“ – verfasst im zarten Alter von neun Jahren – alle Helden tot. Als elfjähriger Jung-Literat glaubte Gruber noch, er als Verfasser müsse dafür sorgen, dass die Seiten auch hübsch im Blocksatz daherkämen, welch unglaubliche Herausforderung….
Wie er sich dennoch von seinem Traum nicht abbringen ließ und warum sein langjähriger Bürojob im Controlling quasi direkte Inspiration zu zahlreichen vertrackten Mordfällen lieferte, war ausgesprochen kurzweilig zu hören. Und so ganz nebenbei lernte der geneigte Zuhörer auch noch ein paar interessante Fakten Marke unnützes, aber irgendwie doch mindestens spaßiges Wissen: Denn wer wusste vor dieser Lesung schon, dass Daniel Craigs Synchronstimme Besucher am Köln-Bonner Flughafen willkommen heißt oder dass der „Struwwelpeter“ von einem Kinderpsychiater verfasst wurde? Auch verriet Gruber, warum er bei einer Lesung gar nicht wirklich liest. Abgeschaut hat er sich die Gestaltung dieser Abende bei den Japanern. Mehr oder weniger zwangsweise reiste Andreas Gruber mit seiner Gattin und einem japanischen Professor, der als Übersetzer agierte, vor einigen Jahren durch mehrere japanische Städte und stellte eines seiner Bücher dort vor. Da die Japaner es allerdings „als Zeitverschwendung erachten, ein Buch vorgelesen zu bekommen“, dass sie ja durchaus auch selber lesen können, bedeutet Lesung eben eher Fragen zu beantworten und Hintergrundgeschichten zu erzählen. Wer nun also erfahren möchte, ob die seltsame Nonne mit der Ankündigung von sieben Morden in sieben Tagen Recht behält, Ermittler Maarten Snijder und seine scharfsinnige Kollegin Sabine Nemez der vertrackten Spur folgen können, nun der wird das neueste Werk von Andreas Gruber wohl selbst lesen müssen.
Dafür gingen die Zuhörer nach einem lohnenswerten Abend mit jeder Menge neuer Informationen nach Hause – sie wissen nun, dass Gruber die Inspiration für die Namen seiner Protagonisten schon mal in Pannini-Sammelalben findet, dass er als Autor selbstverständlich von vorneherein weiß, wer der Mörder ist und warum oder auch, dass es (vermutlich im Herbst) die Verfilmung des zweiten Buches aus der „Todesreihe“ bei SAT1 zu sehen geben wird.