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Neue magnetische Wechselwirkung entdeckt

Jülicher Physiker haben mit Hilfe von Computersimulationen eine neue magnetische Wechselwirkung entdeckt. Die Entdeckung ist nicht nur für die physikalische Grundlagenforschung von Bedeutung, sondern die Forscher erwarten auch einen Nutzen für technische Innovationen: Die Wechselwirkung könnte beispielsweise dabei helfen, spezielle nanoskalige Magnetstrukturen zu erzeugen. Die so genannten Hopfionen sollen die Realisierung von neuromorphen Computern ermöglichen, die höchst energieeffizient nach dem Vorbild des menschlichen Gehirns rechnen.

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Darstellung der magnetischen Strukturen eines Hopfions sowie eines Hopfion-Querschnitts. Farbige Pfeile zeigen die unterschiedlichen Ausrichtungen der magnetischen Momente in der Ebene an. Im Querschnitt sind die Kreisströme der Tripletts in Form grauer Pfeile zu sehen. Copyright (Ausschnitt): Forschungszentrum Jülich
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In der Physik spielen Wechselwirkungen eine zentrale Rolle. Ein bekanntes Beispiel zeigt der Apfel, der Isaac Newton auf den Kopf fiel: Ursache war die Gravitation, die gegenseitige Anziehung von Massen. Ein weiteres Beispiel ist die Coulomb-Wechselwirkung zwischen geladenen Teilchen, die bewirkt, dass sich die Teilchen gegenseitig anziehen oder abstoßen.

Die neue Wechselwirkung entdeckten die Wissenschaftler vom Forschungszentrum Jülich und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz in Kristallgittern der chemischen Verbindung Magnesiumgermanid. Dieses Material wählten die Forscher, weil darin zuvor Gitter aus nanoskaligen magnetischen Nanostrukturen beobachtet worden waren, deren Entstehung unklar war.

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Nun fanden die Forscher die Ursache: Eine besondere dreiecksförmige Anordnung der Atome in dem Kristallgitter lässt elektrische Ströme verlustfrei in winzigen Kreisen fließen, jeweils durch die drei Atome, die die Spitzen der Dreiecke bilden. Senkrecht auf der Fläche jedes Ringstroms entsteht dabei ein magnetisches Feld, welches ein magnetisches Moment induziert, das die Forscher als topologisches orbitales magnetisches Moment bezeichnen (TOM). Ein solches orbitales Moment wechselwirkt mit dem magnetischen Feld, das der Ringstrom erzeugt und ebenso mit magnetischen Momenten benachbarter Atome.

Darstellung der magnetischen Strukturen eines Hopfions sowie eines Hopfion-Querschnitts. Farbige Pfeile zeigen die unterschiedlichen Ausrichtungen der magnetischen Momente in der Ebene an. Im Querschnitt sind die Kreisströme der Tripletts in Form grauer Pfeile zu sehen. Copyright: Forschungszentrum Jülich

„Wir freuen uns außerordentlich über diesen Fund“, berichtet Dr. Sergii Grytsiuk vom Peter Grünberg Institut. „Denn die TOMs haben außergewöhnliche Eigenschaften, die sie sehr interessant machen.“ So sind TOMs unter anderem chiral, d.h. wie bei menschlichen Händen gibt es zwei Versionen, die sich nicht ineinander überführen lassen. Die Forscher halten sie insbesondere für geeignet, um dreidimensionale Hopfionen zu erzeugen, die bisher nur vorhergesagt, aber nicht beobachtet wurden.

„Hopfionen kann man sich wie einen verdrehten oder verknoteten Schnürsenkel vorstellen. Je mehr Schleifen sie enthalten, desto höher ist die Hopfionenzahl“, erläutert Prof. Dr. Stefan Blügel, Direktor am Peter Grünberg Institut und am Institute for Advanced Simulation. Der Physiker hatte 2019 gemeinsam mit Kollegen den ERC Synergy Grant „3D MAGIC“ des europäischen Forschungsrats, ERC, eingeworben, ein mit 11,8 Millionen Euro gefördertes Projekt mit dem Ziel, Hopfionen sowie andere noch weitgehend unbekannte nanoskalige, magnetische Strukturen in 3D aufzuspüren, die teilchenähnliche Eigenschaften besitzen und deren Existenz bislang nur in Grundzügen theoretisch vorhergesagt wurde.

Die Hopfionenzahl kann theoretischen Überlegungen zufolge viele verschiedene Werte annehmen, was die Teilchen zu hocheffektiven Informationsträgern macht. Versammelt man viele solcher Teilchen in einem Material, entsteht ein großer Speicher für Information, dessen räumliche Ausdehnung eine vielfältige Vernetzung über Spinwellen in alle drei Raumdimensionen möglich macht – ein Konzept das sich in zwei Dimensionen so nicht realisieren lässt. Aus dem Grund sind sie möglicherweise geeignete Kandidaten für innovative Ansätze auf dem Gebiet des neuromorphen Computing, die sich am Vorbild des – ebenfalls extrem vernetzten – Gehirns orientieren.


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