Miriam Menzel beschäftigte sich in ihrer Doktorarbeit am Jülicher Institut für Neurowissenschaften und Medizin (INM-1) mit einem Mikroskopieverfahren, das als „3D Polarized Light Imaging“ bezeichnet wird. Bei dieser Technik werden hauchdünne Hirnschnitte, nicht dicker als ein menschliches Haar, mit polarisiertem Licht durchleuchtet. Aus den gemessenen Helligkeitsunterschieden lässt sich der räumliche Verlauf der Nervenfaserbahnen im Gehirn berechnen.
Mithilfe der Methoden, die Miriam Menzel im Zuge ihrer Doktorarbeit entwickelt und verfeinert hat, lassen sich komplexe Faserverläufe in Zukunft noch genauer rekonstruieren. Die Arbeit der promovierten Physikerin trägt somit dazu bei, den Aufbau und die Organisation des Gehirns besser zu verstehen. So konnte sie beispielsweise zeigen, dass die Lichtstreuung wichtige Zusatzinformationen enthält, die bisher nicht genutzt wurden. Für den Nachweis führte sie unter anderem Simulationen auf den Höchstleistungsrechnern des Jülich Supercomputing Centre (JSC) durch. Ein normaler PC hätte für die gesamten Berechnungen mehr als 1.300 Jahre benötigt.
Die Lichtstreuung tritt auf, wenn Licht durch Strukturen im Innern des Hirnschnittes abgelenkt wird. Anhand der Streumuster lassen sich, wie Menzel herausfand, auch komplexe Faserverläufe rekonstruieren, beispielsweise sich kreuzende, übereinanderliegende Nervenfasern. Mit dem herkömmlichen Verfahren ließen sich diese nicht genau verfolgen. Darüber hinaus entdeckte sie einen bis dahin noch nicht beschriebenen Effekt der Lichtabschwächung, der von der Schwingungsrichtung des Lichts abhängt und mit dessen Hilfe sich Informationen über bestimmte Gewebeeigenschaften gewinnen lassen.
Nutzen für Diagnose und Therapie
Ein detailliertes Netzwerkmodell des Gehirns ist nicht nur aus anatomischer Sicht interessant. Ein Vergleich mit MRT-Messungen kann beispielsweise die Analyse und Interpretation der MRT-Daten verbessern, und so zu einer besseren Früherkennung von Erkrankungen des Gehirns beitragen. Eine genaue Kenntnis der Nervenfaserverläufe hilft auch bei der Planung von Hirnoperationen und der Behandlung von Patienten. So sind für eine erfolgreiche Tiefenhirn-Stimulation, wie sie zur Behandlung der Parkinson-Krankheit angewendet wird, die Verbindungen der Nervenzellen in tiefer gelegene Hirnregionen von großer Bedeutung.