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Literarische Freitagsvesper: „Die neuen Leiden des jungen W.“
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Die Literatur und DDR Erfahrungen: 30 Jahre Mauerfall – Ulrich Plenzdorf „Die neuen Leiden des jungen W.“ als DDR Adaption von Goethes „Leiden des jungen Werther“. Der Germanist und Romanist Klaus Brehm widmet sich in der nächsten Literarischen Freitagsvesper dem Ulrich Plenzdorfs Roman: Die neuen Leiden des jungen W. Die Literarische Vesper findet am Montag, 11. November, von 17:00 Uhr bis gegen 20:00 Uhr im Dietrich-Bonhoeffer-Haus, Düsseldorfer Straße 30 in Jülich statt. Eingeladen sind alle Interessierte.
Die neuen Leiden sind die alten: Liebe, die als Eifersucht schmerzt, und ein gestörtes Verhältnis zur Mitwelt. Auch der Werther von 1973 liebt eine verlobte, später verheiratete Frau namens Charlotte, die er nicht wie sein Vorgänger Lotte, sondern Charlie nennt. Es ist Edgar Wibeau, ein jugendlicher Aussteiger, der in einer Gartenlaube Goethes Klassiker liest und sich den strikten Regeln des Sozialismus verweigert. Plenzdorfs Buch war 1973 ein Schock fürs DDR-Establishment. „Meine Erfahrungen mit empfohlenen Büchern waren hervorragend mies. Ich Idiot war so verrückt, dass ich ein empfohlenes Buch blöd fand, selbst wenn es gut war. Trotzdem werd‘ ich jetzt noch blass, wenn ich denke, ich hätte dieses Buch vielleicht nie in die Finger gekriegt“, sagt Edgar und meint mit diesem Buch Goethes Briefroman, worauf auch der Titel unübersehbar anspielt.
Die Art und Weise, wie Plenzdorf den großen Klassiker von Goethe in sein eigenes Werk einbaut, ist einerseits gewagt, andererseits aber auch witzig. Auf der Suche nach Selbstverwirklichung findet Edgar zufällig auf dem Plumpsklo Goethes „Die Leiden des jungen Werther“. Das dünne Büchlein, von dem er Titel und Deckblatt als Toilettenpapier missbraucht, ist ihm völlig unbekannt. Dennoch liest er das Buch, lässt aber kaum ein gutes Haar am „ollen Werther“. Angefangen bei der Sprache, bemängelt er, dass er nicht verstehen könne, wieso die Tatsache, dass Werthers Angebetete bereits verlobt sei, ihn daran gehindert habe, sie zu erobern – und überhaupt: Wer bringt sich wegen einer Frau um?
Doch da lernt er die Kindergärtnerin Charlie kennen, die direkt neben seiner Laube unterrichtet. Es dauert nicht lange, und Edgar verliebt sich in sie. Charlie aber wird schon bald ihren Verlobten Dieter heiraten… Neben der Kritik am Werther, die Plenzdorf seinen Protagonisten Edgar Wibeau anbringen lässt, weist das Werk sehr viele Parallelen mit demjenigen von Goethe auf: Der DDR-Revoluzzer Edgar erkennt in Goethes Sturm- und Drang-Helden einen Wahlverwandten. Einen, der ebenso unangepasst ist wie er. Wibeau ist ein Ostzonen-Werther, der unfähig ist, den sozialistischen Weg der Tüchtigen zu gehen. Er träumt von Selbstbestimmung, von Freiheit und möchte leben, aber nicht die Art Leben, die das politische Regime ihm zugedacht hat. Reizvoll wird es sein, die offenen und versteckten Parallelen zwischen dem Sturm- und Drang-Werk Goethes und der DDR-Adaption Plenzdorfs aufzuspüren und die zeit- und gesellschaftsbedingten Abweichungen sichtbar zu machen.
Die Gebühr inklusive kleinem Snack beträgt 6 Euro. Eine Anmeldung erleichtert die Planung, sie ist aber nicht unbedingt erforderlich. Diese ist zur richten an die Ev. Erwachsenenbildung im Kirchenkreis Jülich unter Tel. 02461 / 99660 oder [email protected]
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