Start Magazin Geschichte/n Christina – die schwierige Mystikerin

Christina – die schwierige Mystikerin

Vor fünf Jahren haben sich Historiker und Mediziner, Künstler, Musiker und Kirchenmenschen in Jülich und in ihrer Geburtstadt bei Pulheim neu mit Christina von Stommeln auseinander gesetzt. Der Abschluss der Oktav 2019 wird mit einer Festmesse mit der Beisetzung der Reliquien am Sonntag, 10. November, um 10.45 Uhr begangen. Anschließend besteht die Möglichkeit zur Verehrung der Reliquien.

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Bis heute, so scheint es, haben die Stommelner nicht völlig verwunden, dass – politisch motiviert – Herzog Wilhelm von Jülich ihnen 1342 die Lokalheilige nahm. Ihre Gebeine wurde zuerst nach Nideggen, später mit der Verlegung des Residenzsitzes 1586 nach Jülich gebracht, wo sie bis heute im steinernen Sarkophag in der Seitenkapelle von St. Mariä Himmelfahrt ruhen.

Viele Jahre war Christina von Stommeln in Jülich eher in Vergessenheit geraten. Erst Propst Heinrich Bongard „entdeckte“ sie 1986 wieder, so dass zum 750. Geburtstag Christina eine große Ausstellung im Rathaus gewidmet wurde. Ein Denkmal, wie es seit 1999 vor St. Martin in Stommeln steht, hat die Selige allerdings in Jülich nicht. Lediglich eine kleine Straße im Heckfeld ist seit 1964 nach der Seligen benannt.

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Zur Vita:
Leiden bestimmte das 70 Jahre währende Leben der Bauerstochter Christina Bruso im 13. Jahrhundert. Schon als Fünfjährige hatte sie erste Visionen Christi, der sie das Beten lehrte und dem sie sich nach einer Erscheinung mit zehn Jahren als Braut versprach. Im Laufe ihres Lebens wurden die Visionen, bei denen sie zuweilen erst in extatischen Zuckungen, später in Starre verfiel, zu Heimsuchungen. Teufel und Dämonen bedrängten sie, das Leiden Christi empfand sie derart emphatisch nach, dass sich im 15. Lebensjahr Stigmata zeigten.

Das Weitere ist schnell erzählt: Sie lief als 13-Jährige von zu Hause weg – offenbar um einer bürgerlichen Heirat zu entgegen – und fand bei den Beginen in Köln Aufnahme. Auch diese frommen Frauen zeigten sich den Ausnahme-Zuständen nicht gewachsen und schickten das Mädchen nach drei Jahren zu ihren Eltern zurück. Nicht diese, sondern Pfarrer Johannes nahm die unverstandene Heimatlose auf. Seither führte sie das Leben einer ausgestoßenen Frau, die sich vor allem einem widmete: Dem Gebet.

Die zeitgenössischen Quellen, auf die sich die Nachwelt stützt, sind vor allem die Briefe des Pfarrer und die Lebensgeschichte im so genannten „Codex Iuliacensis“ des Petrus von Dacien. Der schwedische Dominikaner-Mönch studierte bei Albertus Magnus in Köln und hörte dort von Christina. Er suchte sie 1267 auf, und es entspann sich eine intensive Freundschaft. Ebendiese – von Klerikern im ausgehenden 19. Jahrhundert als verwerflich und erotisch angedeutete – Beziehung, stand der Erhebung Christinas zur „Ehre der Altäre“ lange Jahre im Wege.

Die Mirakelgeschichten sind vermutlich während der Reformationszeit verloren gegangen. Belegt ist aber, dass kurz nach ihrem Tod bereits die Verehrung begannt, so dass nach mühevollen Beibringen historischer Dokumente 1908 die Seligsprechung folgte.

Um der Seligen Christina wieder ein „Gesicht“ zu geben hatte das Museum Jülich im Jubiläumsjahr 2012 die Gebeine der Seligen in der Uni Köln vermessen lassen und daraus eine Gesichtsrekonstruktion erstellt. Dr. Wolfgang Biel, Leiter des Chores Akzente, hat unter dem Titel Psalm 63 „Gott, Du mein Gott, Dich suche ich!“ ein neues Christina-Lied komponiert und getextet. Sein Ziel: „die Äußerlichkeiten durchdringen und nach dem Kern schauen“.

Fotos aus dem Archiv, u.a. von Bernhard Dautzenberg und Museum Jülich zum Jubiläumsjahr 2012


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