Die Dürener Marienkirche war das Zentrum der Synode. Ein symbolischer Ort, an dem sich die rund 100 Teilnehmer trafen. Düren liegt in direkter Nachbarschaft der Braunkohletagebaue, auf die seit vergangenem Jahr die Welt guckt, vor allem auf das Reststück des Hambacher Waldes. Hier formierte sich im vergangenen Jahr der zehntausendfache Widerstand gegen den Energieriesen RWE: Hier werden die Dörfer Manheim und Morschenich langsam zu Geisterstätten, weil sie von der Abbaggerung bedroht sind. Hier ist der politische Strukturwandel verortet und das Herzstück des „Kohlekompromisses“, der in Berlin verhandelt wurde. Ist das noch „Kirche“ oder schon Politik?
Die Verbindung, die die Organisatoren der regionalen Klimasynode zur Amazonassynode zogen, sind die Auseinandersetzung um ökologische Zerstörung und deren soziale Folgen. „Auch hier sind Christinnen mitten in den Konflikten und Auseinandersetzungen und fragen sich, wie eine Positionierung von Kirche und eine Organisierung von ChristInnen in diesen Konflikten möglich werden können“, hieß es in der Einladung. Die „Klimasynode von unten“ solle einen Beitrag dazu leisten, dass eine Positionierung im Sinne einer „Sorge um das gemeinsame Haus“, wie es Papst Franziskus in der Enzyklika „Laudato si“ benannt hat, in Bezug auf die Klimakatastrophe öffentlich hör- und sichtbar werden könne.
Ortstermine in Manheim und Morschenich waren Bestandteil der dreitägigen „Klimasynode von unten“, ebenso Gespräche mit Aktivisten im Hambacher Wald. „Klima und Kapitalismus – theologische und politische Perspektiven auf die Ursachen der globalen Klimakatastrophe und den Möglichkeiten ihrer Überwindung“ war ein Podiumsthema, während in Rom „Neue Wege für die Kirche und für eine ganzheitliche Ökologie“ diskutiert wurden. Während Bischöfe aus neun Ländern mit Laien, Experten und Theologen in Rom diskutierten, saß auf dem Podium von Diözesanrat der Katholiken im Bistum Aachen, dem Institut für Theologie und Politik in Münster, dem Katholikenrat Düren, der Initiative Buirer für Buir nur der pensionierte Pfarrer Andreas Schlagenhaufer als klerikaler Vertreter.
Synode eher Politik als Kirche
Enttäuschend, das war der Kommentar einer Synoden-Teilnehmerin am Sonntag, als keine Vertreter des Bistums vor Ort waren, um mitzudiskutieren. Sollten Priester im Auditorium gewesen sein, so haben sie sich jedenfalls nicht zu Wort gemeldet. Auf dem Programm der dreitägigen Synode standen das Grußwort des Bischofs und ein Wortgottesdienst in St. Marien als „Klammer“, dennoch war die Synode in Düren wohl eher „Politik“ als „Kirche“. Davon zeugte das Podium, auf dem „Saskia“ ohne Nachnamen viel Raum hatte, um die Haltung ihrer Aktivistengruppe „Ende Gelände“ vorzustellen, von ihrem Verständnis von zivilem Ungehorsam zu berichten; auf dem Bruno Kern, der sich selbst als Öko-Sozialist bezeichnet, über die
notwendigen ordnungspolitischen Maßnahmen der Länder und über radikale soziale Umverteilung sprach und sagte: „Religion hat nur Sinn, wenn sie Sinnresourcen bereitstellen kann.“ Rückblickend berichtete der pensionierte Pfarrer Schlagenhaufer von seinen Erlebnissen aus den 1980ern bei den Anti-Atom-Protesten in Wackersdorf. Einzig Andreas Krischer, Mit-Organisator der Dürener Fridays for Future Bewegung, forderte Christen und „natürlich auch alle anderen“ auf, sich am Protest zu beteiligen, hinterfragte, warum die Kirche ihre Gotteshäuser an RWE verkauft. Eine alte Dame im Publikum meinte zu ihrer Banknachbarin: „Ich würde erwarten, dass Priester sich an ihre Kirchen ketten, wenn sie vom Abriss bedroht sind.“ Unbeantwortet blieb auch die Frage aus dem Auditorium, ob die Machtstrukturen der Kirche dem Umwelt-Engagement von Mitarbeitern entgegenstünden. Klar wurde durch Wortbeiträge der Synodenteilnehmer und Pax Christi, dass die „Klimafrage“ nicht isoliert betrachtet werden kann, sondern ein Aspekt der Friedenspolitik sein muss.
Zum Abschluss der „Klimasynode von unten“ wurde eine gemeinsame Erklärung verabschiedet, die sich an die Amazonassynode wendete.