Benedikt Sabass betrachtet die Bewegung von Zellen, etwa von stabförmigen Bakterien: Wie kontrollieren und steuern sie ihre Bewegungen? Wie reagiert die Zelle, wenn äußere Kräfte auf sie wirken? Zusammen mit seinem Team sucht er nach den grundlegenden Prinzipien der zellulären Mechanik und entwickelt Algorithmen, um sie zu beschreiben – auf jeder Ebene, vom einzelnen Molekül bis zur ganzen Zelle. „Wir wollen verstehen, wie Organismen wachsen, wie sich bei der Zellteilung aus einzelnen Zellen geordnete Strukturen entwickeln oder Tumore ausbreiten“, erklärt Sabass, Leiter der „Young Investigators Group“ am Jülicher Institute of Complex Systems, Theoretical Soft Matter and Biophysics.
In seinem Förderprojekt geht es um die Kräfte, die das Verhalten von Bakterien bestimmen. „Um zu verstehen, wie Verhalten und Kontrolle zusammenhängen, müssen wir die Kräfte der Bakterien in definierter Umgebung messen.“ Dafür will Benedikt Sabass zusammen mit seiner Forschergruppe eine spezielle Mikroskopietechnik weiterentwickeln. Mit der sogenannten Traktionskraftmikroskopie lassen sich sehr detailliert die Kräfte messen, welche biologische Zellen aufbringen, während sie wachsen, ihre Form verändern oder sich fortbewegen.
„In einer elastisch verformbaren Unterlage werden mikroskopisch kleine, fluoreszierende Referenzpunkte eingelassen“, erklärt Benedikt Sabass. „Auf diesen Unterlagen können wir dann im Laborexperiment Zellen wachsen lassen. Wenn diese sich verformen, etwa nach der Gabe eines Botenstoffs, wird die Unterlage ebenfalls verformt, so dass sich die Referenzpunkte verschieben.“ Durch computerbasierte Verfahren lassen sich aus diesen Informationen die mechanischen Kräfte von Zellen berechnen.
„Diese Methode werden wir weiterentwickeln und dazu nutzen, das Bakterium Pseudomonas aeruginosa genau zu untersuchen“, so Sabass. P. aeruginosa ist ein wichtiger Krankenhauskeim, der gegen mehrere Antibiotika resistent ist. „Die mechanischen Kontrollstrategien dieses Bakteriums können uns dann künftig als Modell für das Verhalten von verschiedenen ähnlichen Bakterien dienen.“
Der ERC wurde 2007 von der EU gegründet und ist die erste europaweite Förderorganisation für Spitzenforscher auf verschiedenen Karrierestufen. Die Starting Grants richten sich an exzellente wissenschaftliche Nachwuchskräfte. Bislang hat das Forschungszentrum insgesamt elf ERC-Grants erhalten – als Starting, Consolidator und Advanced Grant.