Vor vier Jahren entdeckten Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich eine Methode, die auf einem Prinzip basiert, bei der ein einzelnes organisches Molekül in der Raster-Quantenpunkt-Mikroskopie auf die Spitze eines Rasterkraftmikroskops geheftet wird und dann als Sonde dient. „Das Molekül ist so klein, dass man kontrolliert einzelne Elektronen aus der Spitze des Rasterkraftmikroskops auf das Molekül aufbringen kann“, erklärt Christian Wagner, Leiter der Gruppe „Controlled Mechanical Manipulation of Molecules“ am Jülicher Peter Grünberg Institut (PGI-3).
Die Forscher hatten das Potenzial der Methode sofort erfasst und einen Patentantrag gestellt. Doch bis zur praktischen Anwendung war es noch ein weiter Weg. „Anfangs war es nur ein überraschender Effekt, aber in seiner Anwendbarkeit begrenzt. Das ist jetzt anders. Wir können die elektrischen Felder einzelner Atome und Moleküle nicht nur sichtbar machen. Wir können diese jetzt auch präzise quantifizieren“, erläutert Christian Wagner. „Das hat auch der Vergleich mit theoretischen Rechnungen unserer Kollegen aus Luxemburg belegt. Darüber hinaus können wir große Bereiche einer Probe und somit verschiedenste Nanostrukturen auf einen Schlag abbilden. Für ein detailliertes Bild benötigen wir gerade einmal eine Stunde.“
Jahrelang haben die Jülicher Forscher die Methode untersucht und am Ende eine in sich geschlossene Theorie dazu entwickelt. Der Grund für die sehr scharfen Bilder ist ein Effekt, der es ermöglicht, dass die Mikroskopspitze für die Messung relativ weit von der Probe entfernt sein kann, etwa 2 bis 3 Nanometer – unvorstellbar für ein normales Rasterkraftmikroskop.
Dazu muss man wissen: Alle Elemente einer Probe erzeugen elektrische Felder, die auf den Quantenpunkt einwirken und damit auch gemessen werden. Die Mikroskopspitze wirkt dabei wie ein Schutzschirm, der die störenden elektrischen Felder der weit entfernten Probenbereiche dämpft. „Der Einfluss der abgeschirmten elektrischen Felder fällt so exponentiell ab und der Quantenpunkt detektiert nur den unmittelbar umliegenden Bereich“, erklärt Wagner. „Unsere Auflösung ist dadurch viel schärfer als es selbst bei einer idealen Punktsonde zu erwarten wäre.“
Dass die Vermessung der kompletten Probenoberfläche so schnell vonstattengeht, verdanken die Jülicher Forscher ihren Partnern von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Die Ingenieure entwickelten den Controller, der dazu beiträgt, die komplexe, mehrfache Abtastung der Probe zu automatisieren. „Ein Rasterkraftmikroskop funktioniert ein bisschen wie ein Plattenspieler“, erklärt Wagner. „Die Spitze fährt über die Probe und erstellt so Stück für Stück eine zusammenhängende Darstellung der Oberfläche. Bei der Raster-Quantenpunkt-Mikroskopie mussten wir bisher jedoch an eine Stelle der Probe fahren, ein Spektrum messen, zur nächsten Stelle fahren, ein Spektrum messen und so weiter, um daraus ein Bild zusammenzusetzen. Mit dem Controller der Magdeburger können wir jetzt die ganze Fläche einfach scannen, wie mit einem normalen Rasterkraftmikroskop. Während wir bisher 5 bis 6 Stunden für ein einzelnes Molekül benötigt haben, können wir jetzt Probenbereiche mit Hunderten Molekülen in einer Stunde abbilden.“
Einige Nachteile hat die Quantenpunkt-Methode allerdings noch. Die Vorbereitung der Messungen ist sehr aufwändig. Das Molekül, das als Quantenpunkt für die Messung dient, muss vor der Messung von der Spitze aufgehoben werden – etwas, was nur im Vakuum und bei tiefen Temperaturen möglich ist. Normale Rasterkraftmikroskope dagegen arbeiten auch bei Raumtemperatur, ohne Vakuum, und es sind keine anspruchsvollen Vorbereitungen nötig.
Trotzdem, Prof. Stefan Tautz, Direktor des PGI-3, ist optimistisch: „Das muss unsere Möglichkeiten nicht einschränken. Unsere Methode ist noch neu und wir sind gespannt auf die ersten Projekte, mit denen wir zeigen können, was das Verfahren wirklich leisten kann.“
Einsatzmöglichkeiten für die Quantenpunkt-Mikroskopie gibt es viele. Die Halbleiterelektronik stößt in Größenbereiche vor, bei denen schon ein einzelnes Atom für die Funktionalität entscheidend sein kann. Und auch für andere Funktionsmaterialien, etwa Katalysatoren, spielen elektrostatische Wechselwirkungen eine wichtige Rolle. Die Charakterisierung von Biomolekülen wäre eine andere Option. Aufgrund des vergleichsweise großen Abstands zur Probe eignet sich das Verfahren auch für raue Oberflächen, wie sie etwa das DNA-Molekül mit seiner charakteristischen 3D-Struktur aufweist.