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Ausdrücklich herumgedruckst

Diesmal habe ich mir die Zeit gut eingeteilt. Schließlich ist es immer ganz schön nervig, die Arbeit bis auf den letzten Drücker hinzukriegen. Das soll jetzt nicht passieren. Jetzt gehe ich die ganze Sache mit Muße an. Völlig ohne Druck. Daumen drücken ist angesagt.

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Grafik: Daniel Grasmeier
Grafik: Daniel Grasmeier
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Wenn mir doch nur irgend etwas einfiele. Der ganz spontane Einfall, der direkt auf die Zwölf geht. Patsch! Das Bonmot des Monats, das infinite Apercu – der Spruch für die Ewigkeit. Da kommt mir eine Idee, da kommt mir DIE Idee, da kommt, da kommt, ja, ja, jaaaaaaa…

Jetzt ist sie wieder weg.

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Wie schön doch draußen die Sonne lacht. Ein wunderbarer Herbsttag. Wie viele wohl noch kommen werden? Da muss man doch rausgehen, die Natur genießen, ach was, die ganze Welt umarmen. Hallo Vögel, hallo Bäume, hallo…

Jetzt bin ich schon wieder gänzlich abgetriftet. Wo war ich doch gleich? Ach, klar, der ideale Einstieg für den perfekten Artikel. Hmm, war wohl wieder nix.

„Herr Lehrer“, druckst Fritzchen rum, „darf ich die Klasse verlassen? Ich habe auf einmal einen ziemlichen Druck auf der Blase.“ Fragt der Lehrer: „Und wo war jetzt der Witz?“

„Schön, dass Du Dich meldest“, meint der Lehrer. „Was hast Du denn Sinnvolles für den Unterricht beizutragen?“ „Ähh, nix Wirkliches“, antwortet Fritzchen, „ich muss mal.“ „Du musst nur sterben“, erklärt der Lehrer. „Aber ich habe Druck“, insistiert der Junge und kneift die Beine zusammen. „Ist doch prima“, erwidert der Pauker. „Unter Druck kann man doch am besten arbeiten. Präsentier mir einfach die passende Lösung, und ich lasse Dich gehen.“ „Da fällt mir jetzt nichts mehr zu ein“, meint darauf hin Fritzchen. „Ist aber auch nicht wirklich dringend. Der Druck ist sowieso gerade vorbei. Meine Lösung wäre nun eine trockene Hose.“

Ob ein billiges Witzchen dem Problem „Druck in der Schule“ ernsthaft gerecht wird? WC: wohl caum. Immerhin verlangen die schulischen Zwänge von ihren Schutzbefohlenen zuweilen von der ersten Klasse der Primarstufe an restlose Konzentration auf Ziffern und Buchstaben, ohne dass die Kindergartenabsolventen überhaupt eine Chance erhalten, sich an der neuen Institution oder im eigenen Utensilienvorrat zwischen Blättern und Stiften zurecht zu finden. Geschweige denn, ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie es überhaupt ist, sich für 45 Minuten ruhig auf dem Hintern zu verhalten, um in dieser Zeit kontinuierlichen Gesprächen und Aufgaben zu folgen.

Hinzu kommen die Erwartungshaltung und das Schubladendenken des sozialen Umfelds. Auch hier ist der Nachwuchs einer fortlaufenden Spirale aus nonverbalen wie auch konkret geäußerten Forderungen ausgesetzt. Erzogen zu vorauseilendem Gehorsam, ready for self-fulfilling prophecies. Push the button, press to play. Fein ausgedrückt. Wie eine Zitrone. Oder eine Orange.

Ein böses Sprichwort besagt: Neun von zehn Schülern finden Mobbing in Ordnung. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Und doch: Könnte dies nicht ein ähnliches Verhältnis von den „pflegeleichten“ Schülern, die in das System passen, und denen, die als Nerds und Außenseiter herausfallen? Die eben anders sind als das Gros pädagogisierten Bänkedrücker?

Was ist eigentlich mit den außergewöhnlich begabten Menschen? Nein, nicht diejenigen, die gerne als beispielhaft für besonders geförderte Schüler gelten, weil sie von selbst laufen und in deren Glanz sich ohne großen Aufwand sonnen lässt. Sondern diejenigen, die durch das Raster fallen, die Unbequemen, die keiner so richtig haben will, weil die Entdeckung derer Begabungen viel Zeit, Mühe und Geduld erfordert? Bei denen es viel einfacher ist, ihnen einzureden, sie seien nicht gut genug, so dass ihr ganzes Leben lang das Stigma des Versagertums wie ein Kainsmal im Unterbewusstsein als Wasserzeichendruck eingeprägt ist? Aber viele Schulen zeigen sich an Problemfällen eher desinteressiert. Behaupten sogar wortwörtlich auch für die Printmedien: „Wir haben keine Probleme!“ Wie können dort wirklich alle Menschen eine Wertschätzung erfahren? Und ist dies nicht auch eine äußerst subtile Form des Mobbings von behördlicher Seite?

Und wie geht unsere Gesellschaft überhaupt mit Druck um? Welche Ventile nutzt sie, um ihn zu kompensieren? Erzeugt sie Gegendruck, gibt sie den Druck an andere weiter, lässt sie ganz einfach Druck ab oder versucht sie ihn zu kanalisieren, um damit den Motor für eine produktive Maschinerie zu betreiben? Wie The Selecter bereits 1979 sangen: „Too much pressure.“

Allein an die tausende Menschen gedacht, die unter unsagbaren Drangsalen ihre Heimat verlassen, nur um hier wieder der Oppression von feindseligen Kreaturen ausgesetzt zu sein. Auch wenn Dinge nicht gegeneinander aufgerechnet werden sollten, die manche (gefühlt) haben und andere nicht: Zumeist versuchen sich Menschen gegen andere zu behaupten und durchzusetzen, ja sogar zu unterdrücken, die eigentlich am wenigsten davon betroffen sind. Siehe einen Ausländeranteil von 4,4 Prozent in Sachsen gegenüber 12,4 in Nordrhein-Westfalen. (Dazu zählen auch EU-Ausländer wie Italiener, Polen, Rumänen oder Griechen. Aber ebenfalls US-Amerikaner.) Warum fühlen sich die Sachsen dann so benachteiligt und verängstigt? Spüren sie tatsächlich einen Druck von außen oder üben sie selbst Druck aus, nur weil sie es können?

Druck ist eben ein immer wieder und von manchen (allen?) gerne benutztes Machtwerkzeug. Billig zu bekommen und vielseitig anwendbar. Dabei ist Druck ein völlig überholtes Konzept. Fragen Sie einfach Menschen im Mediengewerbe. Online ist die Zukunft. Primär heißt dies: papierlos. Ja, ein schweres Los hat die Arbeitenden im Papiergewerbe getroffen. Hierfür werden im übrigen ebenfalls permanent Wälder abgeholzt. Think about it!

Und manche Veröffentlichung war des Papiers nicht wert, auf dem es geschrieben stand. Welch eine glorreiche Erfindung, dieser Buchdruck. Das würde man sich heute zuweilen wünschen, zumal mancher Fliegenschiss der Geschichte nicht den Thread wert ist, in dem er gepostet ist. Und das bedeutet einiges angesichts niedrigster Flatrates!

Wieder ein Thema, über das sich genüsslich überlebenslange („larger than life“) Kommentare unter widerwärtigen Statements verfassen lässt. Don‘t mind the shitstorm. It stinks, but it keeps you warm. Anyway: Bad news are good news. Auch schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten. Nur worüber es nichts zu berichten gibt, ist auch nicht erwähnenswert. Und ob die Zeitungsente von N.T. (not testified) kommt, ist offenbar ebenfalls nicht gesichert.

Warum muss es immer Englisch sein? Wer hat in die Welt gesetzt, dass Sinnsprüche immer auch einen Hintersinn haben? Und warum brauchte ich wieder den Druck der letzten Sekunde, um doch die Kurve bis zum Andruck zu kriegen? Und wie oft schafft man es eigentlich, Wortspiele mit „Druck“ in einem Text unterzubringen? Wer alle herausfindet, könnte ja einen Preis gewinnen. So etwas wie einen Rundgang in der Redaktion. Ein Essen mit den Herausgebern. Karten für die CCKG oder ein Konzert mit Eckpfeiler und der Garde-Band. Oder so.

Ach was, lasst Euch alle drücken und seid ausdrücklich glücklich!


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1 KOMMENTAR

  1. Respekt, Arne. Ich bin von deiner Ausdruckkraft massiv beindruckt und gebe deine Druckwünsche gerne an meine Lieben weiter und an deine zurück.

    Am Ende sind wir alle wohl die Gedruckten oder vllt die Drucker…

    LG
    Rainer

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