Ich kann mir nicht helfen! Wenn ich den Begriff „staubig“ höre, denke ich als erstes an Hausarbeit. Sind wir doch mal ehrlich: Kennen Sie irgendeinen Menschen, der wirklich gerne putzt? Wenn ich genau darüber nachdenke, fallen mir auf Anhieb ungefähr drei Dutzend Sachen ein, die ich zu Hause lieber machen würde, ganz oben auf der Liste steht z. B. ein gutes Buch lesen. Und damit kommen wir auch schon zum Thema: Denn bei Staub denke ich spontan an mein Bücherregal, bzw. Bücherregale im Allgemeinen. Nicht dass Sie jetzt denken, bei mir zu Hause türmt sich der Staub. Dies ist nicht der Fall. Jedoch dauert das Abstauben bei mir, wenn ordentlich durchgeführt, schon einmal etwas länger als bei anderen Menschen. Wer sich darüber wundert, kann sich anscheinend nicht vorstellen, wie mein Regal aussieht.
Ich versuche einmal, es zu beschreiben: Dieses aus einem großen schwedischen Möbelhaus stammende Aufbewahrungsobjekt an sich misst (quadratisch, praktisch, gut) zwei mal zwei Meter und hat durch diverse Umzüge leider schon etwas gelitten. An und für sich ist das ja nichts Ungewöhnliches. Ganz im Gegenteil kenne ich sehr viele Leute, die genau das gleiche Regal besitzen. Allerdings ist meins berufsbedingt ziemlich vollgestopft. Bücher stehen teilweise in drei Reihen hintereinander, in einem ausgeklügelten System so nebeneinander platziert, dass auch ja kein Millimeter Platz ungenutzt bleibt. Das klingt ja noch halbwegs akkurat, doch jetzt wird es etwas chaotisch. Denn irgendwann war der Platz in der Waagerechten aufgebraucht. Also was tun? Richtig! In die Senkrechte stapeln! Wenn Sie jetzt denken, dass man so ja wohl kaum den Überblick behalten kann, haben Sie vollkommen Recht.
Aber zurück zum Thema! Durch diesen kleinen Exkurs können Sie sich jetzt vielleicht ein Bild davon machen, wie so eine Abstaub-Aktion bei mir abläuft. Um zu kontrollieren, ob der Wedel mal wieder geschwungen werden müsste und wie schlimm es denn schon aussieht, kommt der Klassiker unter den Staubindikatoren zum Einsatz: Der Fingertest! Als pubertierende Rotzgöre ist es mir immer auf die Nerven gegangen, wenn meine Mutter in unbestimmten Abständen mal ganz nebenbei, aber dennoch sehr demonstrativ, mit dem Zeigefinger und missbilligender Miene über die Einrichtung meines Zimmers strich, mittlerweile mache ich es in meinen eigenen vier Wänden selber (auch ohne pubertierende Rotzgören). Je nach Staubigkeitsgrad werden daraufhin die passenden Hilfsmittel ausgewählt und dann geht´s rund: Im extremsten Fall wird nun Fach für Fach ausgeräumt, nass gewischt, getrocknet, aussortiert, geordnet und wieder eingeräumt. Obwohl diese Tätigkeit (wie anfangs schon erwähnt) nicht unbedingt zu meinen Lieblingsbeschäftigungen gehört, ist das Endergebnis letztlich doch irgendwie immer befriedigend. Zumal bei solch einer Aktion merkwürdigerweise immer Bücher auftauchen, die ich noch gar nicht gelesen habe oder die ich schon länger noch einmal lesen wollte. Übrigens kommen Freunde und Verwandte danach auch noch zum Abstauben – beim Verteilen der aussortierten Bücher.
Wenn man wie ich dann auch noch berufsmäßig mit Büchern zu tun hat, bleibt einem das Wischen auch nicht auf der Arbeit erspart. Wobei man dazu sagen muss, dass der Aufwand trotz höherer Regalzahl nicht so groß ist, da dort wenigstens die Ordnung stimmt. Trotzdem ist auch dort keiner so richtig wild darauf, das Staubtuch in die Hand zu nehmen. Aber irgendjemand muss es ja wohl machen.
Das wird man sich vor einigen Wochen auch gedacht haben, als man dort mit einer „Sonderaufgabe“ für mich um die Ecke kam. Ich weiß nicht mehr, wie viele Kollegen an diesem Tag von mir wissen wollten, was ich angestellt habe, aber es waren einige. Die Frage hatte ich mir auch schon gestellt, war mir allerdings keiner Schuld bewusst. Wahrscheinlich war ich schlicht und ergreifend zur falschen Zeit am falschen Ort.
Nun gibt es dort eine beachtliche Sammlung an Literatur über Jülich und Umgebung. Dieses nette Archiv befindet sich allerdings nicht in einem Holzregal. Nein, zum Zweck seiner Aufbewahrung dienen zwei Glasvitrinen. So sah ich mich mit Eimer, Lappen, Pinsel und Glasreiniger bewaffnet einer Staubschicht gegenüber stehen, die es nun zu beseitigen galt. Überraschenderweise stellte diese Aufgabe sich aber als unterhaltsamer und interessanter heraus als es jetzt klingen mag. Denn zwischen den letzten Ausgaben des „Jahrbuchs des Kreises Düren“, neueren Publikationen und alten Drucktypen finden sich wahre Schätze.
Einer davon ist etwa „Die Geschichte der Städte, Flecken, Dörfer, Burgen und Klöster in den Kreisen Jülich, Düren, Erkelenz, Geilenkirchen und Heinsberg nebst statistischen Angaben“. Geschichtsbücher gibt es ja viele, aber dieser fast schon den Einband sprengende Titel ist bereits vor dem Ersten Weltkrieg erschienen – vor 100 Jahren um genau zu sein. Aber es geht noch älter, z.B. „Die Geschichte der Stadt Jülich aus dem Jahr 1854. Oder wussten Sie, dass es ein Jülicher Kochbuch gab? Wahrscheinlich nicht, denn „Die gute bürgerliche Küche – Ein praktisches Kochbuch“ ist schon Jahre vor dem ersten Dr. Oetker-Buch erschienen. Wann genau lässt sich leider nicht mehr sagen, aber die bereits dritte Auflage, aus der auch das Exemplar im Archiv stammt, erschien im Jahr 1908. Mit heutigen Kochbüchern ist es nicht mehr zu vergleichen. Mittlerweile würde wahrscheinlich niemand ein Kochbuch kaufen, das weder Abbildungen noch Mengenangaben beinhaltet.
Bei solch alten Büchern ist natürlich beim Abstauben äußerste Vorsicht geboten, da einige Bände bereits so aussehen, als könnten sie vom bloßen Ansehen auseinanderfallen. Im Endeffekt ist aber alles heil geblieben und nach zwei Stunden Staub abwischen und Wegpinseln, drei Eimern Wasser und vielem Hin- und Herräumen war das Werk vollbracht. Rückblickend hat es sogar ein ganz kleinwenig Spaß gemacht…
Übrigens wird die nächste größere Anschaffung für unsere Wohnung ein neues Bücherregal. Dann kehrt hoffentlich etwas mehr Ordnung ein. Wer weiß, vielleicht macht dann sogar das Abstauben zu Hause Spaß…
Auszüge aus dem Kochbuch:
„Die gute bürgeliche Küche“
Schinkenschnittchen. Man nehme den Abfall von gekochtem Schinken, wiege recht fein und vermische mit einigen Eiern und etwas Pfeffer. Unterdessen werden Weißbrotschnittchen in Milch und Eier eingeweicht, dann mit dem Fleisch ringsum glatt gestrichen, in gestoßenem Zwieback umgedreht und in Butter gelb gebraten. Eine gute Beilage zu trockenen oder grünen Bohnen.
Suppe von grünen Erbsen. Reichlich Nierenfett wird mit Mehl geschwitzt, dann gibt man die Erbsen hinein und läßt etwas schmoren. Unter Zugabe von Wasser und Salz läßt man die Erbsen, fest zugedeckt, kochen, bis sie weich sind, rührt sie dann durch ein Sieb, läßt sie nochmals kochen und fügt etwas Butter und feingehackte Petersilie hinzu. Fleischklößchen sind auch sehr gut darin. Hartgewordene Erbsen finden auf diese Weise gute Verwendung.