Start Magazin Geschichte/n Manu Panciera – ein „eiskalter“ Typ

Manu Panciera – ein „eiskalter“ Typ

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Jülicher Eishelden | Foto: Panciera
Jülicher Eishelden | Foto: Panciera
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Die Sonne brennt. Hitze, Hitze, Hitze… Der Einkaufsbummel wird zur Qual! Man drängt sich an die Fassaden um ein Fleckchen Schatten zu erwischen. Die Zunge hängt aus dem Mund und man lechzt nach einer Abkühlung. Wer mit letzter Kraft die Kölnstraße 38 erreicht, hat gewonnen. „Eiscafé Panciera“ … allein das Wort lässt die Temperaturen sinken. Bereits seit 1955 ist diese Institution in Jülich ansässig.
Aber wer ist das? Wie sind die nach Jülich gekommen? Wie wird das Eis gemacht und warum schmeckt es anders als „Nogger“ oder „Flutschfinger“?
Zufällig ist heute ein Regentag und der Chef Emanuele Panciera hat etwas Zeit. Außer Eisverkäufer ist er zufällig mein Trauzeuge, also nix wie rein…

Manu Panciera | Foto: HERZOG
Manu Panciera | Foto: HERZOG

Uwe: Buongiorno Manu!
Manu: Ciao Uwe Mock!

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Uwe: Manu, eure Panscherei, die gibt es jetzt bereits seit 1955 in Jülich. Erzähl mal, wie es dazu kam.
Manu: Mein Großvater Valerio hat 1924 das erste Eiscafé Panciera in Köln eröffnet. Er hatte 8 Kinder und alle sollten ihr eigenes Eiscafé bekommen. 1954 ist er deshalb mit meinem Vater mit der Bahn von Köln nach Erkelenz gefahren. Unterwegs musste man einen Zwischenstopp in Jülich machen. Die beiden nutzten die Zeit um Jülich zu erkunden. Dabei stach ihnen auf Anhieb ein leer stehendes Ladenlokal an der Kölnstraße ins Auge.

Uwe: Das sie dann direkt einkassiert haben?
Manu: Nein, nein. Der damalige Besitzer hatte zuvor schlechte Erfahrungen mit einem Südfrüchte-Händler aus Spanien gemacht. Und dann kamen die Italiener hinterher!

Uwe: Da hatte dein Opa wohl geschickt verhandelt?
Manu: Das kann man so sagen. Er erklärte sich bereit, die Mietrückstände des flüchtigen Spaniers zu übernehmen und mein Vater konnte 1955 eröffnen.

Uwe: War Jülich von Anfang an „heiß auf Eis“?
Manu: Oh, mio Dio. Es lief gar nicht gut. Mein Vater war schon drauf und dran Anfang der 60er die Eisdiele zu schließen. Aber als Ende 1961 die KFA eröffnet wurde, lief es auf einmal viel besser.

Uwe: Wenn man mal hinter die Theke schaut, sieht man eine Menge verschiedener Eiskübel. Wie viele genau?
Manu: Wir haben inzwischen 38 Sorten.

Uwe: Uiuiuiuiuih, die wollen wir mal nicht alle aufzählen. Mit welchen hat Dein Vater angefangen?
Manu: Mit genau 8 Sorten: Zitrone, Erdbeere, Vanille, Schokolade, Mocca, Nuss, Ananas und Himbeere.

Uwe: Kommen wir mal zu Deinem Werdegang. Deine Eltern waren in Deutschland und kamen nur im Winter nach Hause. Die Schulzeit hast Du in Italien verbracht.
Manu: Genau, ich war bis zum Abitur in einem Internat. Danach habe ich meinen Militärdienst geleistet.

Eis-Stube Panciera in Köln 1924 | Foto: Panciera
Eis-Stube Panciera in Köln 1924 | Foto: Panciera

Uwe: Und dann die „Eisfachschule“?
Manu: Ähh, ich habe studiert, ein paar Semester.

Uwe: Eis machen kann man studieren?
Manu: Ah, non! Ich habe Medizin studiert.

Uwe: Ein paar Semester heißt, bis Du keine Lust mehr hattest?
Manu: Mh, joh, kann man so sagen. Danach bin ich dann ganz nach Deutschland gekommen.

Uwe: Und dein Vater hat Dich dann in die Geheimnisse der Eisherstellung eingeführt?
Manu: Ja, das ist teilweise so wie bei dem alten Mann bei Asterix, äh……

Uwe: Du meinst Miraculix, den Druiden?
Manu: Genau, Eishersteller geben ihre Rezepturen nicht gerne preis.

Uwe: Sondern nur von Generation zu Generation und du bist als Kind in den Eiskübel gefallen…
Manu: Das ist nicht mehr so wie früher. In der Zeit meines Opas war fast 100prozentig klar, dass mein Vater ein Eiscafé übernimmt. Dass ich von meinem Vater übernehme, war nur noch zu 70% wahrscheinlich. Ich habe es aber 1990 gemacht. Die Chance, dass eins meiner Kinder von mir übernimmt, liegt glaube ich nur noch bei 20%. Morgens zwischen 6 und 7 Uhr werden die Eismaschinen angeworfen und Eis produziert. Und wenn vorne die Tür zugemacht wird, dann wird drinnen sauber gemacht und desinfiziert und und und ….

Theke des Eiscafé Panciera in Jülich im Jahre 1955 | Foto: Panciera
Theke des Eiscafé Panciera in Jülich im Jahre 1955 | Foto: Panciera

Uwe: Deine Familie hat nicht viel von Dir?
Manu: Die Kinder sind in der Schule, so kann meine Frau Uschi vormittags mit mir zusammen arbeiten. Und an 2 Tagen in der Woche nehme ich mir abends frei. Das wäre zur Zeit meiner Eltern undenkbar gewesen!

Uwe: Ich habe eben in der Küche mal zugeschaut, wie verschiedene Eissorten gemacht werden. Im Hochsommer kann man da aber bestimmt mal ins Stolpern kommen oder?
Manu: Im Prinzip sieht man früh genug, wann eine Sorte ausgehen wird. Und von den gängigsten Sorten macht man morgens oder mittags etwas mehr.

Uwe: Aber alle 38 Sorten selbst gemacht!
Manu: Definitiv alle. Und das schmeckt man sicherlich auch. Ca. 30% der Eisdielen in Deutschland produzieren nicht mehr selbst. Dort kommt das Eis aus der Fabrik. Und das schmeckt man.

Uwe: Du hattest einige Zeit Probleme mit den Preisen Deiner Zutaten gehabt. Kann man das so sagen?
Manu: Naja, die Preise für die Milch und die anderen Zutaten sind in den letzten Jahren drastisch gestiegen. Aber ich war sehr lange sehr günstig. Bis es nicht mehr anders ging. Und als ich dann die Preise angehoben habe, hat die Kundschaft sehr verständnisvoll reagiert. Viele Kunden hatten sich gewundert, dass ich die Preise so lange halten konnte, obwohl andere Eisdielen schon lange vorher viel teurer waren.

Uwe: Kommen wir zum Privatmenschen Emanuele Panciera. Du hast ein nicht ungewöhnliches, aber ein seltenes Hobby. Du sammelst Pins und Anstecknadeln von Fußballvereinen.
Manu: Du kennst meine Sammlung. Oft wenn ich spät abends nach Hause komme, setze ich mich hin und sortiere meine Pins, dabei kann ich abschalten und entspannen. Übrigens Anfang Juli ist in der Sparkasse in Jülich eine Ausstellung zum über 100-jährigen Bestehen von Jülich 10. Ich habe eine große Sammlung von Gegnern der 10er aus all den Jahren zusammengestellt und werde diese dort ausstellen. Wenn jemand irgendwo zu Hause Nadeln von Fußball-Vereinen haben sollte, diese verkaufen, verschenken oder tauschen möchte, kann er sich gerne an mich wenden.

Uwe: Gibt es zum Abschluss einen Wunsch für die Zukunft?
Manu: Sinkende Milchpreise und Italien als Europameister!

Uwe: Das wird dir wohl keiner erfüllen können. Besten Dank Manu und Ciao!


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