Start Stadtteile Jülich Mit Guido das Flirten geübt

Mit Guido das Flirten geübt

„Frau-sein ist auch keine Lösung“, oder doch? Das Für und Wieder des weiblichen Geschlechts, der weiblichen Rolle und was alles damit so an Hürden und Bürden verbunden ist, verriet Vera Nentwich in ihrem Kabarett anlässlich des internationalen Frauentages im Kuba. Schmunzeln und Grübeln war erlaubt.

30
0
TEILEN
Vera Nentwich auf Tuchfühlung mit dem Publikum. Foto: Sonja Neukirchen
- Anzeige -

Wer noch gar nicht wirklich darüber nachgegrübelt hatte, was eigentlich eine Frau mit „männlichem Migrationshintergrund“ sein könnte – so beschreibt sich Vera Nentwich in ihrer Programmankündigung – wurde von ihrem Auftritt überrascht: Die Kabarettistin hatte sich dem weiblichen Geschlecht zwar per Geschlechtsumwandlung als „Quereinsteigerin“ angenähert. Bei näherem Hinsehen jedoch, konnte sie ihr Heimatland „Mann“ dennoch nicht ganz verbergen.

Doch nicht nur die Optik, auch das „Verhaltenstraining“ eine Frau zu werden, gestaltete sich doch recht schwierig, vermittelt Nentwich teils launig, teils nachdenklich.

- Anzeige -

Vielleicht hätte geholfen, wenn da ein Integrationskurs vorher gelaufen wäre? Apropos laufen: Da hat sich Nentwich in ihrer neuen Geschlechtsheimat „Frau“ noch gar nicht so weiblich aufgestellt, wie sie es sich selbst wünschen würde. Ein Kurs bei Jorge Gonzáles, bekannt als Laufstegtrainer in der Heidi Klum Show, wäre sicher gut, findet sie. Andererseits: Ein Mann, der Frauen das Laufen beibringe? Absurd. Man stelle sich das nur mal umgekehrt vor.

Auch ihre männliche Stimme kann die Kabarettistin nicht ganz verbergen und hatte ein begonnenes Stimmtraining irgendwann abgebrochen. Jetzt singt Nentwich im Chor jetzt als Tenor. Oder sollte es nicht heißen „TenorIn“?

Eine fundamentale Erfahrung machte die frisch gebackene Dame bei den Blicken: „Da ändert sich einfach alles.“ Männer werfen sich in einem Raum kurze Blicke zu, um abzuklären, wer der Stärkere ist – „Hahnenkampfmodus“. Eine Frau werde von oben bis unten begutachtet.

Zwar habe sie ja noch den Männerbauch und Männerpo, aber eben auch schlanke Oberschenkel und ein „super Bindegewebe“ zu bieten, frotzelt Nentwich und spielt die Geschlechtsdifferenzen ein wenig gegeneinander aus. Dabei habe sie sich aber einen Abwehrblick gegen die „Würstchen“ zugelegt, die ihr so gar nicht gefielen.

Vera Nentwich auf der Bühne im Jülicher Kulturbahnhof. Foto: Sonja Neukirchen

Wie sie dagegen mit den Männern zu flirten gelernt hat, bekam an diesem Abend der Mann im Publikums namens Guido zu spüren. Immer wieder wurde Guido in das Bühnenspiel zumindest wörtlich und schäkernd eingebunden. Er nahm diese Geschichte jedoch offenbar mit Humor.

Über ihre erste Einladung zur Mammographie habe sich Nentwich sehr gefreut: „Tschacka!!“. Doch dann aber festgestellt: „Wenn du Frau werden willst, gibt es viel mehr Schmerzen.“

Fest steht für sie: Im „Land der Frauen“ sei alles grundsätzlich anders: Laufen, gehen stehen, aber: „Ich lebe mein Wunschleben“, betont sie.

Auch das Thema Transsexualität auf der politischen Ebene kam zur Sprache: Dass Deutschland zumindest dabei recht schnell vorangeschritten war, macht sie in Daten deutlich: Ende der siebziger Jahre habe es bereits das alte Transsexuellengesetz gegeben. Dabei sei erst 1976 das Gesetz abgeschafft worden, dass Frauen gekündigt werden konnte, wenn sie zu Hause den Haushalt nicht ordentlich schmissen.

Zum Internationalen Frauentag am 8. März hatten die Gleichstellungsstellen der Städte Jülich und Linnich, die Beratungsstelle für Frauen und Mädchen im Kreis Düren, das Kulturbüro der Stadt Jülich, die VHS Jülicher Land und die Gleichstellungsbeauftragte des Forschungszentrums Jülich zu einem besonderen Kabarettabend in den Kulturbahnhof in Jülich ein. Jessica Fischer, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Jülich, eröffnete das Programm gemeinsam mit ihren Kolleginnen auf der Bühne.

Während Nentwich dabei in die Geschlechterklischeekiste griff und im ersten Teil des Programms die darin befindlichen Elemente zu einem Kabarett verschmolz, war der zweite Teil eher nachdenklich erzählend.

Darin gab es auch eine Abhandlung über das Gendern, welches Nentwich auf jeden Fall sehr wichtig findet, schon wegen der geringeren Präsenz von Frauen im Geschäftsleben.

Eine Vision stand für sie ganz klar fest: Von der Erwähnung im Willicher Anzeigen Blättchen über die Jülicher Bühne möchte sie bald unbedingt mal Gast in einer NDR Talkshow sein. Ob das der ambitionierten Bühnenkünstlerin dabei eher als schräge Kabarettistin oder doch eher als Krimi-Autorin gelingen wird, bleibt offen. Denn auch der Schreibkunst widmet sich das Kleinkunst-Talent. Am Ende wird darüber wohl die Fan-Basis entscheiden.


§ 1 Der Kommentar entspricht im Printprodukt dem Leserbrief. Erwartet wird, dass die Schreiber von Kommentaren diese mit ihren Klarnamen unterzeichnen.
§ 2 Ein Recht auf Veröffentlichung besteht nicht.
§ 3 Eine Veröffentlichung wird verweigert, wenn der Schreiber nicht zu identifizieren ist und sich aus der Veröffentlichung des Kommentares aus den §§< 824 BGB (Kreditgefährdung) und 186 StGB (üble Nachrede) ergibt.

HINTERLASSEN SIE EINE ANTWORT

Please enter your comment!
Please enter your name here