Die Beiträge für die Offenen Ganztagsschulen Jülichs müssen angepasst werden, soweit so – einigermaßen – unstrittig. Doch ob auch für Haushalte mit niedrigen Einkommen die Beträge angehoben werden sollen, wie groß die Finanzierungslücke und damit das aus dem städtischen Haushalt zu tragende Defizit ist, waren nur zwei der strittigen Punkte bei der letzten Sitzung des Schulausschusses im Februar. Um es kurz zu machen: Die Mitglieder des Ausschusses für Jugend, Familie, Integration, Soziales, Schule und Sport kamen auch nach hitziger Diskussion auf keinen gemeinsamen Nenner. Sie meldeten Beratungsbedarf an. Die Abstimmung über eine geänderte Beitragssatzung, die nach den Sommerferien 2025 in Kraft treten soll, wurde vertagt.
Sozialdezernent Thomas Mülheims und Schulamtsleiter Florian Hallensleben mahnten zur Eile. Denn nur noch in diesem Jahr seien die Kosten gedeckt. Träger seien in Insolvenz gegangen und dieses Defizit müsse die Stadt auffangen. Angesichts des drängenden Zeitplanes – die Umsetzung soll mit dem neuen Schuljahr im Sommer erfolgen – wurde eine Sondersitzung für Aschermittwoch anberaumt.
Zur Abstimmung steht dann, neben der viel diskutierten Gebührenanpassung, auch die Verkürzung der OGS-Öffnungszeiten von 17 auf 16.30 Uhr. Grundsätzlich sollen die Elternbeiträge jährlich zum Schuljahresbeginn um drei Prozent steigen. Ein „Automatismus“, den die SPD „nicht mitträgt“, wie es in der jüngsten Ausschuss-Sitzung Parteivorsitzende Katja Böcking formulierte. Drastischer sprach es Parteigenosse und Co-Vorsitzender David Merz aus: „Wir schneiden uns ins eigene gesellschaftliche Fleisch.“ Das erste Interesse sei nicht die Bilanz und Arbeit müsse sich lohnen. Wenn 20 Euro mehr im Monat pro Kind anfallen würden, sei das in vielen Fällen problematisch.
Frank Radermacher erkannte für die CDU-Fraktion grundsätzlich an, dass Handlungsbedarf besteht und es eine Anpassung geben muss, aber auch er meldete Diskussionsbedarf an. Zustimmung für seine Aussagen signalisierte Susanne Schlüter für Bündnis 90/ Die Grünen, die aber ebenfalls offene Fragen sah und zum Beispiel vorschlug, dass die „Steigerung nur greifen soll, bis das Defizit gedeckt ist“. Grünen-Fraktionssprecherin Christine Klein forderte die Verwaltung auf, einen Überblickt zu geben von Ausgaben und Einnahmen, zu denen auch Landeszugweisungen) gehörten. „Wie groß ist die Finanzierungslücke“ wollte sie wissen, um eine Entscheidungsgrundlage zu haben. Gleiches gilt für die Einsparungen durch kürzere Betreuungszeit. „Das sollte mit Zahlen hinterlegt werden.“
Für die UWG Jül sah Konrad Schlüter die Notwendigkeit einer Sondersitzung und warf ebenfalls die Frage auf, ob eine Kostensteigerung von zwei Prozent nicht ausreichend sein könnte. Darüber hinaus betonte Konrad Schlüter, dass, wenn man Jülich nach vorne bringen und mehr Einwohner wolle eine funktionierende Übermittagbetreuung eine wichtige Voraussetzung sei. „Es gibt schon Eltern, die wegen niedriger Sätze nach Jülich kommen“, konstatierte er und daher solle die OGS-Betreuung so gut wie möglich für Eltern gestaltet werden.. Fraktionskollege Hendrik Vollrath überlegte in diesem Zusammenhang laut, dass man das verfügbare Haushaltseinkommen anstelle des Brutto-Einkommens den Berechnungen zugrunde legen könne.
Insgesamt scheint es trotz des vorliegenden ausführlichen Beschlussentwurfes noch reichlich Redebedarf zu geben, dem in der Sondersitzung an Aschermittwoch Rechnung getragen wird.
Konkret geht es um folgende Punkte: Die Beitragsbefreiung für die niedrigste Einkommensstufe, dies entspricht bis zu 25.000 Euro jährlich, soll aufgehoben werden. Auch soll künftig für alle Kinder eines Elternpaares der selbe Beitrag erhoben werden, anstatt wie bisher ein gestaffelter Beitrag für Geschwisterkinder. Bei einem Jahreseinkommen bis 30.000 Euro wären das 30 Euro pro Kind monatlich, 50 Euro pro Monat und Kind wären bei einem Einkommen bis 40.000 Euro im Jahr zu zahlen.
Haushalte mit einem Gesamteinkommen von bis zu 55.000 Euro sollen künftig 90 Euro im Monat zahlen, bis 70.000 Euro würden je Kind 135 Euro fällig. Die Gebühr für Haushalte mit einem Jahreseinkommen von bis zu 85.000 Euro soll auf 170 Euro angehoben werden und für Haushalte, die noch darüber liegen, wird zukünftig eine monatliche Zahlung von 200 Euro angesetzt. Laut Beschlussvorlage könnten damit jährliche Mehreinnahmen von geschätzten 189.000 Euro generiert werden. Letzter Punkt auf der Beschlussvorschlage ist die Streichung der bisherigen Beitragsfreiheit für die Empfänger von Leistungen nach dem SGB II und dem SGB VIII.
Zur Begründung heißt es unter anderem, dass die Beiträge seit 2015 nicht mehr angepasst wurden und diese deshalb „bei weitem nicht mehr kostendecken“ seien. Grund für die angestrebte Verkürzung der täglichen Betreuungszeit auf 16.30 Uhr ist es, dass die erweiterte Betreuung bis 17 Uhr nur „sehr vereinzelt“ genutzt wird und damit die Kosten-Nutzung-Rechnung in Hinblick auf die Personalkosten nicht wirklich aufgeht.
Die automatische Beitragserhöhung um drei Prozent wird durch einen ministeriellen Runderlass zu „gebundenen und offenen Ganztagsgrundschulen“ gedeckt, erläuterte Schulamtsleiter Florian Hallensleben. Auch die Beschlussvorschlage sieht Diskussionen unter anderem zur Beitragsbefreiung der niedrigsten Einkommensstufe und der Staffelung von Beiträgen für Geschwisterkinder vor.
Die Enttäuschung über die Vertagung war Schulamtsleiter Hallensleben anzuhören. Er räumte ein, dass es kein leichtes Thema sei. „Wir haben uns die Köpfe heiß geredet“, betonte er. So sei man zu den acht Einzelvorschlägen gekommen, von denen – so war die Hoffnung – einer konsensfähig sein werde. „Wenn noch Beratungsbedarf besteht, dann muss ich das so akzeptieren.“
Um eventuelle Änderungen vor Schuljahresende in der Verwaltung umsetzen zu können, soll der Beschluss möglichst in den kommenden Sitzungen von Haupt- und Finanzausschuss (am 6. März) und im Stadtrat (12. März) gefasst werden, heißt es in der Vorlage. Dies setzt allerdings voraus, dass die Jufisss-Mitglieder in ihrer Sondersitzung zu dem Entschluss gelangen, die Beschlussvorlage eben dorthin weiterzuleiten.