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Nylon-Fresser

Ein Team von Wissenschaftlerinnen des Instituts für Bio- und Geowissenschaften – Biotechnologie am Forschungszentrum Jülich hat zusammen mit der Firma Novonesis ein Bakterium entwickelt, das die Einzelbausteine verschiedener Nylonvarianten „frisst“ und in wertvolle Stoffe umwandeln kann. Die Ergebnisse dieser Forschung leisten einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung von Nylonrecycling. Die Studie wurde nun im Fachmagazin Nature Microbiology veröffentlicht.

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Foto: Susanne Husted Nielsen
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Synthetische Polyamide, besser bekannt als Nylon, werden aufgrund ihrer Langlebigkeit und hohen Zugfestigkeit in diversen Industriezweigen und Produkten eingesetzt – vom wohl bekanntesten Beispiel Strumpfhosen über Unterwäsche und Sportkleidung bis hin zu Fallschirmen, Netzen, Angelschnüren und Komponenten in der Automobilindustrie. Trotz der breiten Einsatzmöglichkeiten und Nutzung liegt die Recyclingquote von Polyamiden bislang unter fünf Prozent. Viele Nylonabfälle landen entweder auf Deponien, weil geeignete Recyclingprozesse fehlen, gelangen als Netze oder Seile aus der Fischerei in die Umwelt oder werden verbrannt, was giftige Substanzen freisetzen kann.

Die herkömmlichen Recyclingmethoden sind oft unzureichend. Klassisches mechanisches Recycling durch Schmelzen und erneutes Formen zu Fasern oder Plastikprodukten ist nur bei kleinen Mengen reiner Nylonabfälle möglich. Beim chemischen Recycling kann Nylonmaterial zwar in seine Grundbausteine zerlegt und gereinigt werden, um es anschließend wieder zu einem neuen Kunststoff zusammenzusetzen. Häufig wird das Material jedoch nicht vollständig aufgespalten. Zurück bleibt ein Gemisch aus einzelnen Molekülen und kurzen Molekülketten – sogenannte Oligomeren. Dieses Gemisch kann, im Vergleich zu reinen Polymerbausteinen, nur schwer weiterverarbeitet werden. Hier setzt die Innovation des Jülicher Forschungsteams an.

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Neuartige Lösung: Bakterien nutzen Nylonabfälle als Nahrungsquelle

Dem Forschungsteam um Prof. Dr. Nick Wierckx vom Institut für Bio- und Geowissenschaften – Biotechnologie am Forschungszentrum Jülich gelang es nun, das vielseitige aber harmlose Bodenbakterium Pseudomonas putida genetisch so weiterzuentwickeln, dass es dieses Gemisch aus Nylonbausteinen verstoffwechseln und sogar in höherwertige Substanzen, wie Biopolyester, umwandeln kann. Entscheidend für diesen Fortschritt war eine Kombination aus Gentechnik und Labor-Evolution, die es ermöglicht, Bakterien effizient neue Fähigkeiten beizubringen.

„Manche Bakterien entwickeln durch zufällige Mutationen in ihrem Erbgut die Fähigkeit, Nylonbausteine besser zu verwerten. Diese Zellen haben einen Wachstumsvorteil gegenüber den anderen und können sich schneller vermehren. Nach einigen Generationen im Labor, in denen die Nylonbausteine die einzige Nahrungsquelle sind, besteht die Bakterienkultur schließlich nur noch aus diesen spezialisierten Zellen“, sagt Nick Wierckx.

Die Forschenden konnten durch detaillierte Analysen der Genome die verantwortlichen Mutationen identifizieren und gezielt in Pseudomonas putida Zellen einbauen. Ergänzend wurden Gene für spezielle Enzyme, sogenannte Nylonasen, eingefügt, um kurze Nylonketten aus chemisch zersetztem Nylon als zusätzliche Nahrungsquelle zu erschließen. Das Potenzial dieser Enzyme wurde bereits in einer früheren Studie in Zusammenarbeit mit Novonesis erkannt.

Die Ergebnisse sind Teil des kürzlich abgeschlossenen europaweiten Projekts Glaukos. Es zielt darauf ab, den Lebenszyklus von Kleidung und Fischereiausrüstung durch neue Verfahren und biobasierte Textilfasern und deren Beschichtungen nachhaltiger zu gestalten und gleichzeitig sowohl den CO₂-Fußabdruck als auch die Plastikverschmutzung erheblich zu verringern.

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Forschungszentrum Jülich
Das Forschungszentrum Jülich gehört zur Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren. In Jülich wird an umfassenden Lösungen für die großen gesellschaftlichen Herausforderungen in den Bereichen Energie und Umwelt sowie Information und Gehirn geforscht. Das Ziel ist es, Grundlagen für zukünftige Schlüsseltechnologien zu schaffen.

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