Start Magazin Zukunft & Wirtschaft Jülicher Superrechner ist eine Neuentwicklung aus Europa

Jülicher Superrechner ist eine Neuentwicklung aus Europa

Bei der Rechenleistung liegen die USA und China vorne. Doch bei der Entwicklung innovativer Superrechner-Architekturen ist Europa Spitze. Leuchtendes Beispiel hierfür ist der neue Höchstleistungsrechner, der in diesen Tagen am Jülicher Supercomputing Centre (JSC) an den Start geht. JUWELS ist ein Meilenstein hin zu einer neuen Generation von hochflexiblen modularen Supercomputern, die auf ein erweitertes Aufgabenspektrum abzielen – von Big-Data-Anwendungen bis hin zu rechenaufwändigen Simulationen. Allein mit seinem ersten Modul qualifizierte er sich als Nummer 1 der deutschen Rechner für die TOP500-Liste der schnellsten Computer der Welt, die heute erschienen ist. Das System wird im Rahmen des von Bund und Sitzländern getragenen Gauß Centre for Supercomputing finanziert und eingesetzt.

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Das erste Modul von JUWELS in der Rechnerhalle des JSC Copyright: Forschungszentrum Jülich / R.-U. Limbach
Das erste Modul von JUWELS in der Rechnerhalle des JSC Copyright: Forschungszentrum Jülich / R.-U. Limbach
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Supercomputer helfen in der Forschung, komplexe Zusammenhänge zu erschließen, beispielsweise in der Klimaforschung oder der Neurowissenschaft. Aber auch in vielen anderen Bereichen finden sie immer häufiger Verwendung. Neben klassischen Anwendungen wie beispielsweise rechenintensiven Simulationen in Ingenieurwissenschaften, Physik oder Chemie werden Superrechner heute zunehmend für weitere Aufgaben eingesetzt, bei denen es etwa um die Auswertung großer Datenmengen oder um maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz (KI) geht. Um solche unterschiedlichen Anforderungen zu erfüllen, ist JUWELS – die Abkürzung steht für „Jülich Wizard for European Leadership Science“ – als modularer Supercomputer ausgelegt.

„Einen Rechner wie JUWELS bekommt man nicht von der Stange“, sagt Professor Thomas Lippert, Direktor des Jülich Supercomputing Centre. „Aber als eines der größten deutschen Forschungszentren sind wir in der Lage, die Entwicklung der nächsten Generation der Superrechner zusammen mit unseren Partnern Atos aus Frankreich und ParTec aus Deutschland selbst in die Hand zu nehmen. Das Modulare Supercomputing ist für uns der Schlüssel zu einer zukunftsträchtigen, bezahlbaren und energieeffizienten Technologie, mit der sich insbesondere die kommenden Exascale-Systeme verwirklichen lassen.“

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Das von Lippert erdachte anpassungsfähige Design – auch mit „Smart Exascale“ umschrieben – hat sich schon vor Jahren zu einem umfassenden europäischen Unternehmen entwickelt und wurde im EU-Forschungsprojekt DEEP in die Realität umgesetzt. Seit 2011 arbeiten Experten von 16 europäischen Partnern in den von Europa finanzierten DEEP-Projekten, die Dr. Estela Suarez vom JSC koordiniert. Mit dem Superrechner JURECA hat sich bereits im letzten Jahr ein erster modularer Supercomputer am JSC im produktiven Betrieb bewährt. Mit JUWELS folgt nun ein weiteres, noch deutlich leistungsstärkeres modulares System.

Energieeffizienter als Vorgängersystem
„Das modulare Konzept sieht einen Superrechner aus mehreren spezialisierten Bausteinen vor, die sich über die Software ParaStation der Münchner HPC-Firma ParTec je nach Bedarf dynamisch und flexibel kombinieren lassen“, sagt Dr. Dorian Krause, verantwortlicher Abteilungsleiter für Aufbau und Betrieb von JUWELS am JSC.
Das im Frühjahr 2018 von der französischen IT-Firma Atos gemeinsam mit den Softwarespezialisten der deutschen Firma ParTec gelieferte Cluster-Modul ist mit Intel Xeon 24-Core Skylake CPUs ausgestattet und besticht durch seine Vielseitigkeit und einfache Nutzbarkeit. Es kommt auf eine theoretische Spitzenleistung von bis zu 12 Petaflops, was in etwa der Rechenleistung von 60.000 modernen PCs entspricht. Verbunden sind die Knoten mit einem Mellanox InfiniBand Hochgeschwindigkeitsnetzwerk. „Mit unseren branchenführenden 100 Gb/s und 200 Gb/s InfiniBand-Komponenten leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Leistungsfähigkeit dieses innovativen Systems“, freut sich Gilad Shainer, Vice President of Marketing bei Mellanox.

Als weitere Besonderheit wartet das Modul mit einer neuartigen, besonders energieeffizienten Warmwasserkühlung auf. „Diese Form der Kühlung unserer patentierten und skalierbaren BullSequana-Architektur ermöglicht es, den Großteil der Abwärme mit heißem Wasser ohne zusätzliche Kälteerzeuger direkt mit der Außenluft abzukühlen“, erläutert Pierre Barnabé, Chief Operating Officer Big Data & Security der Atos-Gruppe. Damit ist bereits das erste Modul von JUWELS energieeffizienter als das Vorgängersystem JUQUEEN.

Modell für Exascale-Computer
Im nächsten Jahr soll ein Booster-Modul für massiv parallele Anwendungen hinzukommen, das die Rechenleistung von JUWELS vervielfältigen wird. Der Booster wird mit einer großen Zahl sehr energieeffizienter Rechenkerne bestückt, die durch ein besonders starkes und schnelles Netzwerk miteinander verbunden sind.

„Der Booster funktioniert so ähnlich wie ein Turbolader: Komplexe Teile des Codes, die sich nicht effizient auf einer großen Zahl von Prozessoren berechnen lassen, werden auf dem Cluster ausgeführt. Programmteile, die parallel mit höchster Effizienz bearbeitet werden können, lassen sich mit Hilfe unserer Software ParaStation dynamisch auf das Booster-Modul auslagern“, erläutert Bernhard Frohwitter, CEO von ParTec und Patentanwalt. „Mit Hilfe dieser neuen Technologie, die in Europa entstanden ist und hier ihre Verwertung findet, kann jedes Programmteil in Zukunft auf dem dafür am besten geeigneten Modul laufen. Innovation im Supercomputing kommt heute aus Europa.“

Testlauf und praktischer Einsatz
Schon das Cluster-Modul erreichte bei ersten Testläufen mit dem LINPACK-Benchmark eine Rechengeschwindigkeit von 6,2 Petaflops, obwohl es weniger auf Geschwindigkeit, sondern auf Flexibilität und Universalität ausgelegt ist. Damit rangiert das System als schnellster deutscher Rechner auf dem 24. Platz der TOP500-Liste der schnellsten Rechner der Welt, die heute auf der Internationalen Supercomputer-Konferenz ISC vorgestellt wurde.

Der neue Rechner ist bei europäischen Forschern schon jetzt hochbegehrt. 87 Projekte wurden bereits vergeben. Für die nächsten Monate ist er komplett ausgebucht. Das System wird unter anderem für Simulationen insbesondere in der Hirnforschung, wo Jülich die wissenschaftliche Leitung des europäischen Human Brain Projektes wahrnimmt, in der Entwicklung neuer Medikamente und im Design zukünftiger Materialien verwendet. Wissenschaftler im Bereich der Erdsystemforschung nutzen das System für die Entwicklung von hochauflösenden Klimamodellen der nächsten Generation. Viele weitere Anwendungen stammen aus den Ingenieurswissenschaften, den Lebenswissenschaften, der Sicherheitsforschung sowie der Astronomie, Physik oder Chemie.


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