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Das ist ganz große Oper

Der Musikpädagoge und Journalist Pedro Obiera

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Pedro Obiera | Foto: Privat
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Am 31. Januar 2017 ist Schluss: Dann hat Pedro Obiera seinen letzten Tag am Gymnasium Zitadelle der Stadt Jülich als Lehrer für Deutsch und Musik. Damit endet eine nahezu 38-jährige Lehrerkarriere in Jülich, die im August 1979 begann und die tiefe Spuren hinterlassen hat – innerhalb wie außerhalb der Schule. 135 Ausgaben der regelmäßig erscheinenden Schulnachrichten stellte Obiera zusammen. Zudem war er die letzten 11 Jahre verantwortlich für die Jahresschrift „Die Zitadelle“ des Schulfördervereins, anfangs zusammen mit dem Kollegen Willi Markewitsch. Das, was ihn aber besonders bekannt machte, waren seine immer wieder inspirierenden Theaterinszenierungen mit unzähligen Literaturkursen in der Oberstufe. Gespannt warteten alle auf seine wiederkehrenden Cameoauftritte, wobei die Bandbreite vom Göttervater Zeus bis zu Adolf Hitler reichte. Seine theaterpädagogischen Fähigkeiten brachte er auch in das Zitadellenfest 2006 ein, als in einer aufwändigen Inszenierung die „Jülicher Hochzeit“ von 1585 nachempfunden wurde.
Angesprochen auf die Dinge, die ihm selbst von seinem Lehrerleben am eindrücklichsten in Erinnerung geblieben sind, sind dies der Anfang der 1990er-Jahre begonnene Schüleraustausch mit dem Adam Mickiewicz-Lyceum in Krakau und der Besuch des Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker am 1. April 1993. Als Vertrauenslehrer kam er damals dem Bundespräsidenten ganz nahe, der sich einen informellen Besuch der Schule gewünscht hatte, um mit 17 Schülerinnen und Schülern in einen direkten Gedankenaustausch zu treten. Ein ganz besonderer Augenblick im Leben des Pädagogen Obiera, den die Atmosphäre des Gesprächs noch nach 23 Jahren erkennbar nicht kalt lässt. In den letzten Jahren gelang es mit vereinten Kräften wieder an das reiche musikalische Leben außerhalb des Unterrichts anzuknüpfen, das es schon vor Jahren am Gymnasium Zitadelle gegeben hatte: Schulchor und -orchester befinden sich wieder im Aufwind, wenngleich die Rahmenbedingungen für solche Aktivitäten immer schwieriger werden. Auch das lässt den Vollblutpädagogen Obiera nicht kalt: Pisa, G8, behördliche Regulierungswut und alles, was damit zusammenhängt, haben das Schulleben nachhaltig verändert. Freiräume zu erkämpfen oder zu erhalten, wird da immer schwieriger. Mit Dankbarkeit blickt Obiera auf seine eigene Bildungsgeschichte zurück, die im Ruhrgebiet der 1950er- und 1960er-Jahre keine Selbstverständlichkeit war.
Pedro Obiera ist nämlich ein Kind des Ruhrgebiets. Am 27. August („ein Tag vor Goethe“) 1951 wurde er in Duisburger Stadtteil Hochfeld „zwischen Hochöfen und Thomasbirnen“ geboren. Das Ruhrgebiet war damals „dreckig, aber stinkreich“. Die Zechen und die Stahlwerke arbeiteten rund um die Uhr, der Strukturwandel schien noch in weiter Ferne. Obieras Vater war Elektroma-schinenbauermeister, was der junge Pedro in der Schule auch stolz korrigierte, wenn ein Lehrer den väterlichen Beruf aus Praktikabilitätsgründen auf Elektriker verkürzte. Der Vater hatte die Schrecken des Krieges im U-Boot durchlitten und auch wenn er intellektuell zu mehr fähig gewesen wäre, war an eine akademische Zukunft nicht zu denken. Mit Kräften unterstützte er aber seinen Sohn bei dessen Schullaufbahn. So kam es denn, dass Pedro Obiera als einziger seiner Klasse die Volksschule verließ und auf das Gymnasium wechselte. Die nicht unerheblichen Kosten im Hinblick auf Schulbücher etc. trugen die Eltern, genauso wie den zusätzlichen Besuch der Musikschule. Zur Musik war der kleine Pedro über seinen Großvater gekommen. Der Kranführer sang als Bass im örtlichen Männerchor mit und hatte ein Abo für die Deutsche Oper am Rhein in Duisburg. Mit 10 Jahren besuchte Obiera zusammen mit seinem Opa eine Aufführung des „Freischütz“. Auch wenn er nicht alles verstanden hatte, ließ ihn von da an das Gesamtkunstwerk Oper nicht mehr los. Er wurde Mitglied des Kinderchores des Duisburger Opernhauses und trat sogar in kleineren Solopartien auf. Aber nicht nur das Musiktheater begeisterte ihn, sondern auch das Schauspiel. Und da war das Ruhrgebiet damals ein Schlaraffenland. Auf höchstem Niveau liefen in Düsseldorf bzw. Duisburg und Bochum klassische und moderne Inszenierungen der maßgeblichen Theaterliteratur von der Antike bis zur Gegenwart. Da war es nur folgerichtig, dass Pedro Obiera nach seinem Abitur das Studium der Musikwissenschaften, der Schulmusik und der Germanistik in Köln und Essen absolvierte, wobei das Instrument seines Musikstudiums das Cello wurde.
So wichtig ihm das praktische Eintauchen in die Musik und die Texte auch waren, reizteihn schon als Schüler die andere Seite: die Analyse und die Kritik. Vor allem der Journalismus, wie er in den Feuilletons der überregionalen wie regionalen Zeitungen zu finden war, interessierte ihn schon als Schüler. Und so nutzte er während seines Studiums die Semesterferien für Ferienvolontariate in den unterschiedlichen Abteilungen der WAZ in Essen, der er bis heute die Treue hält. Denn seit Mitte der 1980er-Jahre ist er im Rheinland und im Ruhrgebiet als Musik- und Opernkritiker unterwegs. Neben einigen Fachjournalen und zwei Internetportalen beliefert er sechs Tageszeitungen mit seinen Kritiken. Beeindruckend findet er, dass trotz extremer Einsparungen im Kulturbereich, das Rhein-Ruhrgebiet eine immer noch beachtliche Konzentration von Häusern und festen Ensembles aufweist. Vor allem die Qualität der Orchester sei inzwischen durchweg auf einem sehr hohen Niveau. Mut machend sei immer wieder die Kreativität, die in kleineren Häusern wie beispielsweise in Hagen, aber auch in Aachen und Mönchengladbach, zu beobachten sei. Das Schielen auf große Namen und entsprechend große Events verstelle da so manches Mal den Blick auf die Qualität, die auch im kleineren Rahmen gedeihe. Zugleich spüre man, dass die Redaktionen gut begründete, kritische Auseinandersetzungen mit Aufführungen zugunsten einer ausführlichen Vorberichterstattung etwas in den Hintergrund treten ließen. Lieber publiziere man Lesermeinungen als die Bewertung durch einen Fachmann.
Dass der Zuhörer und -schauer selbst in die Lage versetzt wird, sich ein fachlich fundiertes Urteil zu bilden, ist Obiera ein weiteres Anliegen. Hier ist er ganz der Pädagoge, wenn er in Vorträgen gattungsübergreifend Phänomene zur Ästhetik der Romantik oder des Hässlichen vorstellt oder Festivals und Konzertreihen wie die „Spannungen“ in Heimbach mit Einführungsvorträgen und Texten für die Programmhefte begleitet. In diesen Bereichen begegnet man mit Pedro Obiera einem äußerst produktiven Zeitgenossen, dem es deshalb auch nach dem 31. Januar 2017 nicht langweilig werden wird. Dafür lockt die nächste Opernaufführung in Lüttich, Aachen oder Bonn oder es liegt schon die nächste CD-Produktion auf dem Schreibtisch, die einer pointierten Kritik unterzogen werden will. Wir wünschen dem passionierten Raucher und Katzenliebhaber dafür weiterhin alles Gute!

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Guido von Büren
Eine echte Muttkrat und mit unbändiger Leidenschaft für Geschichte und Geschichten, Kurator mit Heiligem Geist, manchmal auch Wilhelm V., Referent, Rezensent, Herausgeber und Schriftleiter von Publikationen, Mitarbeiter des Museums Zitadelle und weit über die Stadtgrenzen hinaus anerkannter Historiker, deswegen auch Vorsitzender der renommierten Wartburg-Gesellschaft

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