Ich mache Politik ja schon ein paar Jahre und das waren, muss ich ganz ehrlich sagen, in diesem Jahr ziemlich merkwürdige Haushaltsberatungen. Merkwürdig unter verschiedenen Aspekten. Einmal waren sie sehr kurz. Das allein ist ja gar nicht mal verkehrt. Die Luft war aus meiner Sicht schon in dem Moment ein bisschen raus, in dem die Verwaltung einen Haushaltsentwurf vorlegte, in dem zunächst mal im Doppelhaushalt keine Steuererhöhung vorgesehen war. Das hat sich nachher anders ausgestellt.
Die Haushaltsberatung waren aber auch sehr oberflächlich. Da sind wir letztendlich ein stückweit selber schuld. Wir haben über Anträge geredet, die als solche gar nicht zu erkennen waren. Wir haben wichtige Eckpunkte gar nicht im Haushalt diskutieren können, zum Beispiel das Rathaus, das uns in Zukunft noch massiv beschäftigen wird und massiv finanzielle Belastungen nach sich ziehen kann.
Und es war auch frustrierend. Frustrierend, weil wir aus meiner Sicht in diesen Haushaltsberatungen besonders vor Augen geführt bekommen haben, wie wenig Einfluss wir nehmen können. Dass wir viele Ausgaben nicht beeinflussen können, ist altbekannt: Wir können nichts an der Kreisumlage ändern, nichts an der Jugendamtsumlage, auch wenn andere das schon einmal anders behaupten. Aber wir haben noch einmal an zwei Beispielen gesehen, was uns alles aufgebürdet wird, was von oben kommt, das wir gar nicht beeinflussen können.
Mein Lieblingsthema: Der Lärmaktionsplan, den wir eben beschlossen haben. Die Zuhörer haben ihn nicht wahrscheinlich nicht gelesen. Das waren 230 Seiten, die in dieser Machart eine Menge Geld kosten. Der Lärmaktionsplan ist aufgestellt worden wegen einer EU Verordnung, die sich eigentlich nicht an die Kommune richtet, die aber weiter runter delegiert worden ist vom Land. Wir haben Bürgerbefragungen durchführen müssen, letztendlich vielleicht auch Erwartungshaltung bei den Bürgern wecken müssen, wohl wissend, dass wir die Umsetzung nicht beeinflussen können. Weil die Straßen, zu denen sich die meisten Bürger gemeldet haben, gar nicht auf der Agenda standen. Sie waren nicht mitkartiert. Es ging nur um Landes- un Bundesstraßen, deren Straßenbaulastträger wir nicht sind. Daran können wir nichts machen. Es ist aus meiner Sicht ein Unding, dass man solche Aufgaben den Kommunen aufhalst.
Der größte Knackpunkt war aber die Mitteilung des Landes über Hebesätze zur Grundsteuer. Sie hat aus meiner Sicht die Haushaltsberatung am letzten Montag sehr überschattet. Darin wurde uns mitgeteilt, dass wir, um das Steuerniveau halten zu können, Hebesätze von 929 Punkten ansetzen müssen.
Wir werden damit, wenn das so umgesetzt wird, die Hauseigentümer – auch Mieter, also alle die irgendwo wohnen – mehr belasten und das Gewerbe ein stückweit entlasten. Das kann man unter Umständen etwas abfedern. Das Land meint, dass man das differenzieren kann bei den Hebesätzen. Das Land meint nach einer Presseerklärung aber auch, man würde innerhalb von vier Wochen eine Software entsprechend programmieren können. Wer glaubt, dass in vier Wochen eine funktionierende Software rechtssicher hergestellt werden kann?
Wir werden trotzdem dem Haushalt zustimmen, weil aus unserer Sicht die Zustimmung alternativlos ist. Wir wollen, soweit es geht und solange es geht, Bürger entlasten. In der Zwischenzeit warten wir auf Hilfe durch das Land. Was vom Land kommt ist kein Geld, sondern meistens Vorschläge mit Haushaltstricks.. Wir können dann Schulden in die Zukunft fortschreiben. Versuchen Sie das als Privatpersonen mal ihrem Finanzbeamten klarzumachen.
Positiv im Haushalt ist zu erwähnen, dass wir schon das eine oder andere Zeichen setzen konnten. Das Dorfentwicklungskonzept ist eben schon angesprochen worden. Das war kein Ringen um das Konzept oder die Gelder, die im Haushalt eingestellt worden sind. Der Bürgermeister hat einen vernünftigen vermittelnden Vorschlag gemacht, dass wir Gelder in den Haushalt einstellen als Zeichen, dass das Dorfentwicklungskonzept umgesetzt wird. Wo, das soll im Fachausschuss diskutiert werden und dort sollen Prioritäten gesetzt werden.
Jülich entwickelt sich und aus unserer Sicht auch in die richtige Richtung. Wir wachsen. Da sahen vor Jahren die Prognosen ganz anders voraus. Wir sind im Kreis führend, was das Wachstum angeht. Das ist eine sinnvolle Entwicklung. Diese sinnvolle Entwicklung muss aber auch begleitet werden. Das fehlt uns noch ein Stück. Wenn wir das Schwanquartier diskutieren, gibt es eine Sparkasse, die ihre Interessen vertritt, weil sie so viel wie möglich für das Grundstück haben möchte. Da gibt es einen Investor, der natürlich auch so viel Geld wie möglich umsetzen möchte für sein Projekt. Die einzige, die ihre Rechte und ihre Interessen nicht vertreten in dem ganzen Prozess, ist die Stadt Jülich. Das hat uns gefehlt. Das haben wir damals auch im Rahmen der Diskussionen immer wieder moniert. Das muss besser werden. Wir müssen planvoll die Entwicklung der Stadt gestalten. Da sind wir wieder beim Thema bezahlbarerer Wohnraum. Wir brauchen dringend bezahlbaren Wohnraum. Da muss der Stadtrat auch mal den Hintern hochkriegen.
Wenn wir alles angehen wollen, mit dem, was uns letztendlich von oben aufgegeben wird – wenn wir uns überlegen, welche Aufgaben wir in den nächsten Jahren vor der Brust haben wie das Rathaus, das Dorfentwicklungskonzept mit Maßnahmen, die wir gar nicht alle umsetzen können, Brandschutz und sonstige Neubauten – dann reden wir über 100 Millionen Euro. Da muss man sich doch mal ehrlich machen: Wo soll das Geld herkommen? Alle Maßnahmen müssen wir letztendlich sehr detailliert diskutieren, möglicherweise auch schmerzhafte Entscheidungen treffen. Man muss sich auch überlegen: Was macht man dem Neuen Rathaus, in das man möglicherweise sehr, sehr viel Geld hineinsteckt und immer noch kein neues Rathaus hat? Das sollte man gut überlegen.
Abschließend bedanke ich mich bei der Verwaltung. Insbesondere bei der Kämmerei mit Herrn Kohnen an der Spitze für die sehr gute Zusammenarbeit, für die immer sachgerechte Bearbeitung und Beantwortung unserer Fragen.
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