„So, the most important things on Tour are…“, erzählt Travis, „Sleep enough, don´t drink to much, no women after 10 p.m. And PLEASE…“, betont er, „PLEASE…“, fährt er fort, während ich mich frage, wie oft er dieses PLEASE noch sagen wird, „PLEASE…“, unterstützt er die anderen beiden Pleases „Please, please, please…. „Ja?“ „Don´t do drugs!“
Da bin ich platt. Was ist mit Sex, Drugs and Rock´ n Roll? Ich überlege, ob ich ihn fragen soll. „Hey Travis: What about Sex, Drugs and Rock´ n Roll?“ Aber das wäre doof. Naja. Die Herren hier sind immerhin seit fast 30 Jahren auf den Bühnen der Welt unterwegs. Die werden schon wissen warum und wieso. Und sie werden auch wissen, warum sie eben nicht aussehen wie Ozzy Osbourne oder Kelly Osbourne oder irgendeiner von den Osbournes. „Okay, that shouldn‘t be any problem.“ Entgegne ich selbstbewusst. „Yeah…“, sagt Travis und kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. „…that‘s what you say now!“ Ob er recht haben wird?
Dan und Torben, sowie auch ich, bemerken, dass wir die Jungs jetzt aber mal in Ruhe lassen sollten und auch ihre Blicke bestätigen es uns. Wir verziehen uns irgendwo zwischen Roadies und die Rockstars, welche bisher alle Plätze dieses Busses für sich reserviert hatten, inzwischen aber einige, dankenswerterweise für uns, frei gemacht haben. Ich kann es kaum fassen. Der Bus fährt gerade eine halbe Stunde und ich bin unterwegs auf Tour. Mit meiner Band. Ich. Normen Becker. Raucher, Wähler, Songschreiber, Musikliebhaber, Plattensammler, Abiturabbrecher, Opelfahrer, Schlagzeuger, Brillenträger, wahlweise durch Kontaktlinsen ersetzt, Single, Katholik aber eigentlich Atheist, Hobbyfotograf, der Normen, der irgendwann mal beschloss „Ich trage jetzt nur noch schwarz“. Ich, ehemaliger Praktikant bei Kick… Ich. Normen. Bin auf Tour. Ich Normen Becker bin auf Tour mit meiner Band und mit den „Uncharted Fameless“. Ich drücke mich selbst in den Bussitz zurück und versuche das hier erst mal alles zu verstehen. Schon seit Jahren spielen wir drei zusammen in einer Band. Wir haben immer zusammengehalten und zusammengelegt für unser gemeinsames Ziel, was nun so nah scheint. Torben war es, der damals mit einem Rechner im Arm in den Proberaum kam und vorschlug, dass wir mal was aufnehmen sollten. Nach unzähligen Demos hatten wir dann irgendwann genug Kohle zusammen gespart um in ein richtiges Studio zu gehen. Dafür waren unsere gesamten geplanten Urlaube vergessen. Den letzten Euro investierten wir in die letzte Demo, die wir abschickten. Damals gab es für uns nur 2 Möglichkeiten. Erstens: Eines der tausend Demos erreicht ein Label, einen Manager oder irgendjemanden, der Interesse an uns zeigt, oder Zweitens: Wir lösen uns auf.
Ich bin unendlich froh, dass Fall 1 eingetreten ist.
Es ist still geworden im Bus. Ein leichter Kater quält mich noch immer, jedoch kann ich es ertragen. Die Sonne scheint durch das große Busfenster und die Autobahn, die ich in meinem Leben schon tausendmal gefahren bin, kommt mir vor, als würde sie diesmal woanders enden. Das tut sie auch. Denn seltener, als dass ich die Straße für Ausflüge oder Besuche genutzt habe, bin ich ins Stollwerk nach Köln gefahren und… noch nie bin ich ins Stollwerk gefahren um dort ein Konzert zu spielen. Und das, was jetzt passieren sollte, war mir vorher auch noch nie passiert.