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Post aus der Vergangenheit

Einblicke in das Leben einer jüdischen Familie in Jülich gibt Sana Walayat.

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Gruppenbild der Mitglieder des Radfahrer-Vereins mit Fahrrad im Jahr 1898, vermutlich am Rurdamm. Mit Kreuz markiert sind Hermann Voss und ein Herr Schifferstadt. ABB: Stadtarchiv Jülich, 017-2-6-31)
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Die jüdische Familie Voss besaß zwei Einzelhandelsgeschäfte in Jülich, die an der Marktstraße 15 und in der Kölnstraße 38 gelegen waren. Gemeinsam mit ihren drei Söhnen Hugo, Josef und Hans führte das Ehepaar Hermann und Anna Voss (geb. Mayer) das Familienunternehmen. Kurt, der drittälteste Sohn, absolvierte ein Jurastudium in Heidelberg und schloss es mit einer Promotion ab. Alle drei Söhne nahmen aktiv an den Aktivitäten des jüdischen Jugendvereins Jülich und seinen Sportabteilungen teil. Beide Geschäfte musste die jüdische Familie während des Nationalsozialismus in Deutschland verkaufen. Kurt, der seit 1933 von einem Berufsverbot betroffen war, war der Erste, der nach Palästina emigrierte. Wenige Jahre später wanderten Hugo, Hans und ihre Familien nach Tel Aviv und von dort aus weiter in die USA aus. Josef emigrierte als Letzter nach New York. Nach dem Zweiten Weltkrieg besuchte die Familie oft Jülich und pflegte hier einen freundschaftlichen Kontakt zu Jülicher Familien. Sie besichtigte unter anderem das Mahnmal am Propst-Bechte-Platz und den jüdischen Friedhof, auf dem die Grabsteine der Familie zu finden sind. Josef Voss überreichte persönlich einen Faustball-Wanderpokal der Synagogengemeinde an das Museum Zitadelle.

Im Jahr 2012 wurde der Nachlass, der aus 245 Postkarten und 78 Briefumschlägen besteht, auf einer Auktionsplattform verkauft und vom Stadtarchiv Jülich erworben. Dr. Horst Dinstühler transkribierte die Briefe und Ansichtskarten. Als Vorbereitung der Erschließung wurden die Karten zuerst mit einer hohen Auflösung gescannt. Danach erfasste ich als Bundesfreiwilligendienstlerin jede Postkarte in der Archivdatenbank. Ich habe alle verfügbaren Informationen wie Datum, Herkunft und Maßeinheiten in die Datenbank aufgenommen. Dazu musste ich gelegentlich auch die Beziehung zwischen Adressaten und Absendern recherchieren und benennen, was eine Herausforderung darstellte. Jede Ansichtskarte wurde mit einer Signatur versehen. Anschließend wurden die Postkarten und die Briefumschläge archivgerecht verpackt.

Feldpostkarte des Ersten Weltkrieges, geschrieben von Hugo Voss an seinen Vater Hermann, 1918 Abb: Stadtarchiv Jülich, 017-2-6-6).

Heute werden Postkarten nur für Urlaubserlebnisse benötigt. Das war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch ganz anders. Es gab keine technischen Hilfsmittel, die die Kommunikation zwischen Freunden und Familien erleichterten. Durch die Postkarten habe ich viel über das Leben und den Alltag der Familie Voss erfahren: Während des Ersten Weltkriegs diente Hugo Voss für das Deutsche Kaiserreich. Er beschwerte sich häufig über die Schulnoten seines jüngeren Bruders Hans in seinen Briefen. Während Hans in Berlin lebte, bekam er häufig Post von seinem Freund Alfred Metzger. Hermann Voss unternahm gemeinsam mit dem Radfahrer-Verein Jülich Tagesausflüge. Josef berichtete von seinen Geschäftsreisen durch Deutschland. Anna Voss hat ihre Familie in Süddeutschland besucht. Verwandte aus Brasilien und den USA berichteten über ihren Urlaub. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg blieb der Kontakt mit anderen Familien nach Deutschland bestehen. Die verschiedenen Fotos auf den Ansichtskarten zeigen deutsche Städte in den 1920er und 1930er Jahren. Außerdem habe ich eine faszinierende Entdeckung gemacht: die „Rote Moschee“ im Schlossgarten von Schwetzingen. Diese Postkarten können sowohl zur Forschung als auch zur Recherche verwendet werden, um zum Beispiel das Netzwerk einer Handelsfamilie zu ermitteln oder das einfache Leben eines jüdischen Familienbetriebs zu beschreiben.
Sana Walayat

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Der Nachlass kann im digitalen Lesesaal unter dem Bestand 017-2-6 (actapro240.kdvz.nrw/actaproweb/document/Best_51885d50-8848-45ff-9472-25aad70d7a87) recherchiert werden.


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