Einige Fragen schickte das Moderatoren-Trio – Michael Gramm, Wolfgang Hommel für den Verein Stadtmarketing Jülich und Volker Uerlings vom Medienhaus Aachen, die gemeinsam zur Veranstaltung in den dicht besetzten Rundling der FH auf den Campus Jülich geladen hatten – dem 20. Stadtgesprächs zum Krankenhaus Jülich voraus. Geklärt sehen wollten die Herren an diesem Abend, was ein Krankenhaus die Stadt und damit jeden Bürger kosten werde? Was das Krankenhaus den Jülichern wert ist – und ihnen nicht nur wertvoll sei. Wie werden die kommenden drei Jahre Finanzsicherheit für eine perspektivische Planung genutzt? Sollen Investitionen fließen in den Bau, das Personal? Was soll nach den drei Jahren passieren: weiter mit dem Träger Stadt? Werden alternative Lösungen gesucht?
Wenn man dem hochkarätig besetzten Podium beim 20. Stadtgespräch in Jülich glauben kann, dann läuft es aktuell gut im Krankenhaus Jülich. Die Identifikation des Mitarbeiterstammes mit dem Hause lobte Geschäftsführer Niklas Cruse, auch wenn er einräumt, dass perspektivisch einige Jahre für eine Stabilisierung benötigt würde, „ein stückweit Glück und auch etwas Optimismus“ dazu gehören. Kernmaßnahmen seien ergriffen worden, das betrifft vor allem personelle Entscheidungen für neue Spitzenpositionen. Kooperationen mit Unikliniken in Aachen und Düsseldorf seien angegangen worden. Cruses Credo an diesem Abend: „In dieser sensiblen Situation nicht überhastet entscheiden.“
Differenzierter wurde die Grundhaltung durch die Mitarbeitervertretung, namentlich Josa Jansen-Stankewitz gesehen, mit der Volker Uerlings die Geschichte der Insolvenz und personellen Zusammenführung der Häuser – mit der Konsequenz von Entlassungen – Revue passieren ließ. „Wenn man die Stimmung im Haus von 1 bis 10 bewertet, sind wir bei 5. Es gibt Kollegen, die gekommen sind, die sich nicht wohlgefühlt haben und gegangen sind – aber auch Jülicher, die das Haus verlassen haben.“ Ja, es gäbe Personalmangel, aber die Zahl der Leiharbeitskräfte sei in der Pflege deutlich zurückgegangen. Auf ärztlicher Seite seien es etwas mehr, aber nicht so viele wie vor der Insolvenz. Wir haben jetzt einen ganz tollen Geriator bekommen. Wenn das Haus ärztlich gut aufgestellt ist, ist mein Traum ist, 2024 /25 zu überstehen. Dann gehen wir weiter“, sagte Josa Jansen-Stankewitz.
Dass es gut weitergehen wird, das sieht der Aufsichtsratsvorsitzende Prof. Frank Schneider, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums Düsseldorf, optimistisch. Die Chirurgie werde neu besetzt, das Haus habe gute Internisten und eine tolle Geriatrie. Kritisch merkte er an: „Wir haben natürlich zu viele Krankenhausbetten– aber nicht in Jülich“, sagte er. Schneider lobte sein 13-köpfiges Aufsichtsratsteam und räumte aber ein, dass diese Aufgabe eine große Herausforderung sein. „Ich finde, es liegt jetzt an den Jülichern“, meinte er. „Wenn Sie alle nach Hause gehen“, rief er das Publikum auf, „sagen, wie toll das Krankenhaus ist, dann mache ich mir keine Sorgen.“ Allerdings müsse das Krankenhaus muss sich wandeln. „Wir müssen uns enger vernetzen, Gesundheitsverbund Jülicher Land, mit Altenheimen, Physio, Hebammen.“
Dieser Faden ist bereits aufgenommen worden, wie Dr. Robert Dujardin, Vorstandsvorsitzender der GVJL, bestätigte. Die Nähe zum Krankenhaus sei für niedergelassene Ärzte wichtig, das haben einen „banalen Grund“: „Wir denken in den Arztpraxen darüber nach, wie wir mit der alternden Boomer-Generation umgehen.“ Es haben einmal einen Weiterbildungsverbund gegeben, der lange Zeit nicht mit Leben gefüllt gewesen wäre. Außerdem hätte man gemeinsam vor 10 Jahre an gemeinsamen Behandlungsleitlinien gearbeitet. „Aber dahinter stehen immer Köpfe“, gibt es zu bedenken und nennt die verstorbenen Ärzte Birgit Leyens und Gerhard Wilmsmann als Mitinitiatoren. Hier, so schildert Niklas Cruse, hat es aber bereits wieder Anknüpfungen gegeben und Ende November wird zum Get-together eingeladen – eine Woche später soll die erste Fortbildungsveranstaltung im Krankenhaus stattfinden.
Ein großes Thema, so Cruse, ist auch die bauliche Entwicklung des Krankenhauses. Gespräche mit dem Ministerium würden aufgenommen, um Mittel zu generieren. „Wir brauchen einen neuen OP-Trakt mit nähe zur Intensivstation und der Zentralen Notaufnahmen. „Diese Mittel brauchen wir von Extern.“
Hier ist die Politik gefragt. Zugeschaltet wurde virtuell Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, der seine Famulatur in Jülich gemacht hat und dem das Krankenhaus Jülich durch Nachtwachen auf internistischen und Intensivstationen während der Studiumszeit bekannt ist. Er schilderte die Pläne zur Krankenhausreform, die geplante Einteilung in Leistungsgruppen und Finanzierung durch Vorhaltepauschalen, die eine finanzielle Sicherheit für die Krankenhäuser bieten soll. Das neue Gesetz braucht die Zustimmung der Länder. NRW und Bayern haben bislang noch nicht ihr Votum abgegeben. Ein Klinikatlas soll künftig über die Schwerpunkte und die Qualität der Krankenhäuser Auskunft geben. „Die Krankenhäuser werden massiv subventioniert“, sagte Lauterbach.
Das sah Landtagsabgeordnete Patricia Peill durchaus anders. „Alles ist teurer geworden“, so Peill. Das gelte von Arznei über Lebensmittelkosten bis zu Personalkosten. „Der Bund gibt Geld immer in Tranchen“, das brächte das Land in Liquiditätsprobleme. Darum wäre das Land dafür, zuerst Mittel zur Verfügung zu stellen und das Transparenzgesetz erst 2026 einzuführen. Sie unterstricht, dass das Land zuständig sei für die Planungen, der Bund für die Finanzierung. Das müsse auch so bleiben. NRW selbst hat einen Krankenhausplan aufgestellt, von dem Michael Gramm sagte, er sei hochgeschätzt. Vorgesehen ist, dass eine Einteilung in 60 Leistungsgruppen erfolgen soll, auf die sich jedes Krankenhaus bewerben kann. Im nächsten Jahr werde eine Auswertung stattfinden, dann wisse man „welche Spezialisierung eine Region hat“. Mit 2,5 Milliarden Euro, so Peill, werde der Prozess vom Land begleitet. „Wenn einem Krankenhaus ein Mosaik noch fehlt, kann es unterstützt werden.“
Vom Jülicher Krankenhaus seien zwei Anträge eingegangen, das Haus sei auf einem guten Weg. „Man spürt einen neuen Geist. Es geht nicht um ein weiter so, sondern um ein besser so“. Wichtig sei, dass die Jülicher das Vertrauen annehmen und wieder kommen. „Wir sind eine Wissensregion – kreatives Umfeld – da kann Jülich unglaublich viel draus machen.“ Abschließend versprach sie: „Mich hat Jülich an seiner Seite, egal, was es dazu braucht.“
In der abschließenden „Publikumsrunde“, in der Fragen gestellt werden sollten, gab es vor allem positive Bekundungen für den Erhalt des Krankenhauses. Als Ärzte lobten die Dürenerin Eleonore Zergiebel und der Jülicher Belegarzt im Krankenhaus, Achim Dohr, den Mut der Stadt und des Stadtrates, sich für den Erhalt des Krankenhauses einzubringen. Viel Zustimmung erhielt Bürgermeister Axel Fuchs, der gesagt hatte: „Ich warne davor, einen Partner zu suchen, der wieder aus dem kommerziellen Bereich kommt – für den zählt nur Geld. Die Strategie muss sein, dass wir einen Partner finden, der aus anderem Bereich kommt“, er nannte beispielhaft Unikliniken, die nicht ausschließlich auf den Gewinn abzielten.
Das Fazit zog Volker Uerlings nach der zweistündigen, sehr erhellenden und durchaus kurzweiligen Talkrunde zum Thema Krankenhaus: „Am Ende ist es einer Heilung zuträglich, wenn man viel Besuch bekommt.“
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