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Anpacken und gestalten statt zurücklehnen und meckern

Landtagspräsident André Kuper und Bürgermeister Axel Fuchs stehen in Haus Overbach Rede und Antwort

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„Ich wollte nie Politiker werden“, sagt André Kuper. Dass es anders kam, ist offensichtlich, schließlich stand der Präsident des NRW-Landtags vor den Schülerinnen und Schülern im Forum des Science College Overbach. Warum er doch in die Politik ging, erklärte er verbunden mit einer Aufforderung an die jungen Erwachsenen: Wenn man mit Entwicklungen nicht zufrieden ist, gebe es nur zwei Wege. Erstens: zurücklehnen und über Gott und die Welt meckern. „Das ist sehr bequem, da werdet ihr viel Zuspruch erfahren“, sagte Kuper ironisch. Er entschied sich für den zweiten Weg: Selbst aktiv werden, sich informieren, mitreden und mitarbeiten. Auch wenn es beizeiten unbequem, anstrengend und mühselig sein kann. „Ein einzelner Mensch kann nicht die Welt verändern, aber viele gemeinsam können etwas bewirken“, ermunterte der Gast aus Düsseldorf die Schülerinnen und Schüler, sich einzubringen. Sei es in der Schülervertretung, in der Feuerwehr, in Vereinen oder gar in der Politik.

Präsidium macht Schule hieß es im Forum des Science College. Foto: Stephan Johnen

„Präsidium macht Schule“ heißt ein Format des NRW-Landtags, bei dem die Mitglieder des Parlamentspräsidiums montags zu Gast in Schulen sind, um mit den Schülerinnen und Schülern über die Arbeit des Parlamentes in Düsseldorf zu diskutieren. „Als Präsident oder Mitglied des Präsidiums sind wir überparteiliche Repräsentanten aller Abgeordneten. Ich bin nicht als Parteivertreter hier, die Parteibasis spielt keine Rolle“, betonte Kuper, dessen Parteibasis die CDU ist. Als er sein Amt antrat, hatte der Landtag rund 33.000 Schülerkontakte im Jahr. Aktuell sind es rund 103.000, das Ziel des Präsidenten 150.000 Kontakte zu Schülerinnen und Schülern. „Unsere Arbeit findet nicht nur im Parlament statt, wir müssen herausgehen, den Dialog suchen“, freute er sich über die Einladung nach Jülich. Nicht die Schule, sondern die Schüler selbst hatten den Landtagspräsidenten nach Jülich eingeladen, unterstrich Schulleiter Thorsten Vogelsang gleich zu Beginn des rund zweistündigen Austauschs, an dem auch Bürgermeister Axel Fuchs teilnahm. „Herzlichen Dank für Eure Initiative. Das ist ein tolles Beispiel dafür, dass sich Jugendliche sehr wohl für Politik interessieren“, hob Thorsten Vogelsang hervor. Wie die beiden Moderatoren des Vormittages, Schülerin Melina Thielemann und Schüler Liam Franken, André Kuper zur Begrüßung mitteilten, seien sie im Rahmen der politischen Bildung auf das Format „Präsidium macht Schule“ aufmerksam geworden und hätten gerne eine Einladung ausgesprochen.

Melina Thielemann und Liam Franken moderierten die Veranstaltung. Foto: Stephan Johnen
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Eine tolle Idee, fand auch Jülichs Bürgermeister. Wenn ein Präsidiumsmitglied kommt, werden auch immer die Bürgermeister der entsprechenden Kommune von der Parlamentsverwaltung zur Teilnahme eingeladen. „Kommunale Politik wirkt immer direkt. Bringt euch ein, vielleicht über die Kommunalpolitik bis in die Landespolitik“, regte auch Fuchs an, selbst die Geschicke seiner Kommune mit in die Hand zu nehmen: „Ich glaube, dass Demokratie nicht mehr so selbstverständlich ist, wie viele von uns das glauben. Wir müssen gemeinsam für Demokratie eintreten. Informiert euch, bildet euch eine eigene Meinung und bringt euch ein.“ Umgekehrt war André Kuper überzeugt, dass die Parlamentarier nicht die Rückkopplung zu den Menschen verlieren dürfen. „Demokratie hat nur dann eine dauerhafte Akzeptanz, wenn es bei den politischen Themen eine Relevanz für die Menschen gibt. Die Devise lautet: Raus aus dem Parlament, unter das Volk mischen, dasein, zuhören und die Sorgen und Anliegen der Menschen im Parlament zum Thema machen.“ Mit einer Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre, die der Politiker selbst begrüßt, müsse Politik aber noch deutlich früher den Dialog suchen.

Im Mittelpunkt des Dialogs zwischen den Politikern und den Schülerinnen und Schülern standen neben den Herausforderungen des Klimawandels und einer Transformation unserer Wirtschaft auch das Erstarken rechtspopulistischer Kräfte sowie der Verdacht bei vielen Schülerinnen und Schülern, dass die Nähe von Politik und Wirtschaft beizeiten zu nah sein könnte. „Jede Form von Korruption ist strafbar. Besteht der Verdacht auf Korruption, ermittelt die Staatsanwaltschaft“, sensibilisierte Kuper dafür, beispielsweise Lobbyarbeit nicht mit Korruption gleichzusetzen. Er räumte aber ein, dass in der Vergangenheit nicht jede Beteiligung von Lobbyisten transparent genug gewesen sei. „Es muss klar erkennbar sein, wenn Lobbyisten an Prozessen beteiligt waren“, forderte er. Dass mancher Politiker nach dem Ende seiner Karriere in die Wirtschaft wechsle, könne kaum verhindert werden. Kuper: „Jeder von uns hat einen befristeten Arbeitsvertrag, der nach der nächsten Wahl beendet sein sein.“ Wichtig sei es daher, dass Politiker, die eine entscheidende Funktionen ausgeübt haben, nicht von heute auf morgen „die Seiten wechseln“ darf.

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Stephan Johnen
Kein Muttkrat, aber im Besitz einer Landkarte. Misanthrop aus Leidenschaft, der im Kampf für Gerechtigkeit aus Prinzip gerne auch mal gegen Windmühlen anreitet. Ist sich für keinen blöden Spruch zu schade. Besucht gerne Kinderveranstaltungen, weil es da Schokino-Kuchen gibt, kann sich aber auch mit Opern arrangieren.

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