Es gab schon immer zahlreiche Lebenssituationen, durch welche Menschen von der Verschuldung in die Überschuldung gerieten. Die landläufige Annahme, es läge hauptsächlich am Konsumverhalten, unwirtschaftlicher Haushaltsführung und der Werbeindustrie stimmt aber so nicht, sagt die Schuldner- und Insolvenzberatung der Evangelische Gemeinde zu Düren und Diakonie des Kirchenkreises Jülich: Dies belege zum Beispiel der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. Arbeitslosigkeit, Krankheit, Trennung, Niedrigeinkommen seien die stärksten Auslöser, um in eine Schuldenspirale zu geraten.
Doch seit einem Jahr gerieten immer mehr Menschen aus den verschiedensten Einkommensschichten in eine finanzielle Schieflage, könnten ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen, erhielten oft das erste Mal im Leben Mahnbriefe. Ersparnisse seien weitestgehend aufgebraucht. Energie- und Lebenshaltungskosten sind massiv gestiegen, der Einkaufskorb bleibt für das gleiche Geld deutlich leerer. So sind Energiekosten im März 2023 um 3,5 Prozent gestiegen gegenüber dem Vorjahresmonat; die Kostensteigerung bei Lebensmitteln beträgt sogar 22,3 Prozent – so besagen es die veröffentlichten Daten des Statistischen Bundesamts im März 2023. Es handelt sich um die höchste Inflation seit Jahrzehnten.
Besonders hart trifft das Familien, Geringverdienende und von Transferleistungbeziehende, die etwa aufs Bürgergeld angewiesen sind, sagt die Beratungsstelle. Sie ständen bei den aktuellen Preissteigerungen besonders hintenan. Aber immer öfter seien auch Personen aus der Mitte der Gesellschaft betroffen; So seien zum Beispiel auch Menschen, die eine Immobilie besitzen, im Beratungsalltag keine Seltenheit mehr.
Die meisten Menschen haben noch nie so eine hohe Inflation selbst erlebt und stehen vor enormen finanziellen Herausforderungen, betont die Institution. Der dauerhafte Krisenmodus aus Corona, Zinsanstieg, Energiekrise und Krieg in der Ukraine hinterließen deutliche Spuren.
Die Bundesregierung habe zwar mit zahlreichen Entlastungspaketen wie Energiepreisbremse, Wohngelderhöhungen, Soforthilfen, Kindergelderhöhung oder 9 Euro-, beziehungsweise 49 Euro-Ticket zur Entlastung der Bevölkerung beigetragen, aber trotzdem reiche das monatlich zur Verfügung stehende Haushaltsbudget oft nicht aus. Viele Menschen seien daher auf verlässliche, professionelle und niedrigschwellige Hilfe angewiesen.
Damit allen Menschen mit finanziellen Schwierigkeiten geholfen wird, fordert die Arbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV) einen gesetzlichen Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung, einen generellen Pfändungsschutz von existenzsichernden Leistungen, keine Energiesperren für die Menschen am verbrauchenden Ende sowie einen zukunftsweisenden Ausbau der Finanzierung von Sozialer Schuldnerberatung.
Vielerorts hätten überschuldete Menschen kaum Zugang zur sozialen Schuldnerberatung, heißt es von der Schuldnerberatung, nicht so sei es im Kreis Düren: Die Evangelische Gemeinde zu Düren und die Diakonie des Kirchenkreises Jülich ermöglichen der gesamten Bevölkerung des Kreises Düren ein Beratungsgespräch.
Dafür kann sich sowohl bei der Schuldner-und Insolvenzberatung des Diakonischen Werkes des Kirchenkreises Jülich, Am Evangelischen Friedhof 1, 52428 Jülich, Montag bis Donnerstag von 8.30 bis 16 Uhr und Freitag zwischen 8.30 und 12 Uhr, als auch bei der Schuldenberatung der Evangelischen Gemeinde zu Düren, Wilhelm-Wester-Weg 1B, 52349 Düren, donnerstags zwischen 9 und 11 Uhr telefonisch unter 02421-188-130 oder nach Voranmeldung gemeldet werden.
Die beiden Institutionen unterstützen kurzfristig in Notsituationen wie drohendem Wohnungsverlust, Energiesperre, Kontosperre. Langfristig vermittelt die Beratung neue finanzielle Perspektiven, rechtliche Sicherheit und hilft bei der Bewältigung von mit Überschuldung einhergehenden psychosozialen Belastungen.
Da derzeit nicht davon auszugehen ist, dass sich die angespannte wirtschaftliche und finanzielle Situation zeitnah „in Luft auflöst“ ist es wichtig bereits junge Menschen mit finanziellen Bildungsangeboten zu unterstützen. Hierzu bieten sie auch präventive Angebote, zum Beispiel in Schulen, an.