Während der fast sieben Jahre meiner Studi-O-Filmreihe im Jülicher Capitol bin ich auch schon immer zum „Sahne schöpfen“ zur Berlinale gefahren. Ich konnte oft ein ganzes Jahr davon zehren und die Filme in Jülich auf die Leinwand bringen, denn viele davon kamen erst viele Monate später in den deutschen Verleih, andere niemals. Und das ist jetzt auch noch so. Ich stehe in engem Kontakt mit dem Programm-Gestalter des KuBa-Kinos, Cornel Cremer. Also, erste Sahne im Berlinale Wettbewerb und eine sichere Nummer für das KuBa wäre „Roter Himmel“ von Christian Petzold, dessen letzter Film, „Udine“ auch schon „magisch“ war. Vier Personen machen Urlaub in einem abgelegenen idyllischen Ferienhaus an der Ostsee. Wütende Waldbrände um sie herum werden zur Bedrohung, daher auch der Filmtitel. Aber auch innerhalb dieses Quartetts knistert und züngelt es sehr interessant, spannend und unterhaltsam. Mehr im Juniheft. Warum erst dann? Weil Cornel den Film erst für Juni buchen kann, obwohl Filmstart der 20. April ist oder war, wenn Ihr das lest. Auch noch im digitalen Zeitalter gibt es eine gewisse Hackordnung, wer wann welchen Film bekommt. Früher in der Ära der Silberkopien gab es gar den Titel Nachspiel-Kino. Die Kleinen bekamen den Film erst, wenn er schon fast abgefrühstückt war. Silberkopien waren teuer, so „´n Tausi“ aufwärts pro Kopie. Deutsche Filme gingen oft mit weniger als einem Dutzend Kopien ins Rennen, Blockbuster mit mehreren Dutzend. Zum Vergleich: Der neueste Dokumentarfilm von Michael Moore „Fahrenheit 9 11“ startet jetzt gerade allein in Deutschland mit 200 Kopien. Und den will ich auch sehen, am liebsten im KuBa. Ich bewundere diesen Mann. In Traverse City, Michigan, USA gibt es ein wunderbares Kino. Und warum ist es so wunderbar? Weil Michael Moore ordentlich Geld reingesteckt hat. „And by chance he came along“, als ich mal dort war.
In Gedanken, frage ich Cornel: „Was wäre mit dem Film „Seneca“ (Berlinale Special Gala und seit dem 23.3. in deutschen Kinos)“? Meine Meinung: Kein Wohlfühl-Film, wie etwa „Im Taxi mit Madeleine“, der „zum Weinen schön“ diesen Monat im KuBa zu sehen sein wird, aber mit John Malkovich in der Rolle seines Lebens als Philosoph Seneca und Erzieher des blutrünstigen Kaisers Nero, „großes Theater im Kino“, wie die Frankfurter Rundschau meint. Umwerfend übrigens auch Geraldine Chaplin. Auch sie war in Berlin zugegen. Die Anwesenheit des US-Weltstars Malkovich in deutschen Filmen und auch auf Theaterbühnen hierzulande ist nicht ungewöhnlich. Schon in dem Schlöndorff-Film „Der Unhold“ (1996) spielte er die Hauptrolle, beim „Tod eines Handlungsreisenden“ (1985), auch von Schlöndorff, war er bereits mit dabei, neben Dustin Hoffman. Na, ja, Cornel muss ja schon zusehen, dass er die Bude voll bekommt, dass sich das ganze rechnet und das ist bei Streifen mit dem Prädikat „besonders wertvoll“ nicht immer so ganz der Fall.
Bei der Reihe „films for future“, die der Aachener Regisseur Michael Chauvistré unter seinem Label Happy Endings ins Leben gerufen hat, ist es durch die öffentliche Förderung verschmerzbar, wenn der Saal nicht ganz so voll wird. Neben „Atom Nomaden“, den ich schon in Berlin gesehen habe und ihr ja vielleicht im April im KuBa, folgt am 24. Mai ebendort: „Mein gestohlenes Land“ (2021). Es geht um den massiven Hunger Chinas nach natürlichen Ressourcen und darum, wie aggressiv sich dieses Regime während des letzten Jahrzehnts Zugang verschafft hat, insbesondere in Ecuador und das ohne zu bezahlen. Ein Dokumentarfilm von Marc Wiese, 1966 in Dortmund geboren.
Am 31. Mai folgt, auch in dieser Reihe: „Vergiss Meyn nicht“. Ich sah dieses Drama rund um den tödlichen Absturz des Journalisten, Dokumentarfilmers und Künstlers Steffen Meyn im „Hambi“, in einem Leder-Liegesessel im Berliner Zoo-Palast. Dabei ist das so gar kein Film zum Zurücklehnen, eher zum Aufstehen. Aber ich sehe es als Genugtuung, dass es der „Hambi“ und seine Opfer bis in eines der schönsten Kinos Berlins geschafft haben. Hingehen!
Cate Blanchett gehört zu meinen Lieblingsschauspielerinnen, unvergesslich in dem Kunstwerk „Manifesto“ des Künstlers Julian Rosefeldt. In 13 parallel laufenden Filmen kollagiert er historische Originaltexte aus zahlreichen Manifesten von Künstlern, Architekten, Choreografen und Filmemachern. Cate Blachnett spielt darin alle Rollen, vom Penner bis zum Kranführer (2016, Ausstellung im Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart in Berlin). In „Tár“ ist sie an dem für sechs Oscars nominierten Film knapp an ihrem dritten Oscar vorbeigeschrammt. Die von ihr verkörperte für den Film erfundene Dirigentin auf Augenhöhe mit Leonard Bernstein ging mir allerdings gegen den Strich, weil sie kalt, feindselig und berechnend ist. Trotzdem tut sie mir in ihrem Scheitern Leid. Ich will aber den interessanten Film, der auch im Mai ins KuBa-Kino kommt, keineswegs runter machen. Für die „Die Fabelmans“, Steven Spielbergs persönlichster Film, ever, bekam ich in Berlin keine Karte, habe aber den Maestro dort eine halbe Stunde lang gehört und gesehen. Kommt auch im Mai im KuBa, also der Film. Ich bin dabei, wenn ich denn eine Karte bekomme.