Die sogenannte isolierte REM-Schlaf-Verhaltensstörung ist eine Krankheit, die bereits weit im Vorfeld auf eine Parkinson-Erkrankungen hinweisen kann. Ein Forschungsteam um Prof. Erdem Gültekin Tamgüney, Wissenschaftler am Forschungszentrum Jülich und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU), zeigt, dass im Stuhl der Betroffenen eine erhöhte Konzentration von α-Synuclein-Aggregaten nachgewiesen werden kann. In der zur NatureSpringer-Gruppe gehörenden Fachzeitschrift „npj Parkinson’s disease“ stellt das Team ein Nachweisverfahren für diese Aggregate vor, das sie zusammen mit dem Uniklinikum Köln und der attyloid GmbH entwickelt haben.
Es gibt zwei Formen der Parkinson-Erkrankung (kurz PD). In 70 Prozent der Fälle nimmt sie im zentralen Nervensystem (ZNS) ihren Ausgang. Bei rund 30 Prozent der Betroffenen liegt der Ursprung im Nervensystem des Darms („enterisches Nervensystem“). Man spricht bei letzterem von einer „Körper-originären Parkinson-Erkrankung“ (kurz „Body-first PD“). Bei dieser Form bilden sich die charakteristischen Ablagerungen von Aggregaten des körpereigenen α-Synuclein-Proteins in den Neuronen im Darmbereich.
Eine Vorform der Body-first PD ist die sogenannte isolierte REM-Schlaf-Verhaltensstörung (kurz „iRBD“). Sie drückt sich durch teilweise komplexe Bewegungen während einer bestimmten Schlafphase – dem REM-Schlaf – aus, sofern der Patient lebhafte und erschreckende Träume hat. Diese Bewegungen können zu Eigen- oder Fremdgefährdung führen.
Ein Forschungsteam um Prof. Dr. Erdem Gültekin Tamgüney vom Institut für Biologische Informationsprozesse (IBI-7) des Forschungszentrums Jülich und des Instituts für Physikalische Biologie der HHU berichtet nun, dass sie in Stuhlproben betroffener Patienten einen erhöhten Spiegel von α-Synuclein-Aggregaten nachweisen. Sie nutzten dazu eine neue, oberflächenbasierte Fluoreszenzintensitätsverteilungsanalyse („sFIDA“), um einzelne Teilchen von α-Synuclein-Aggregaten zu erkennen und zu quantifizieren.
Prof. Tamgüney: „Wir konnten als Erste α-Synuclein-Aggregaten im Stuhl nachweisen. Unsere Ergebnisse zeigen einen signifikant erhöhten Spiegel von α-Synuclein-Aggregaten bei iRBD-Patienten im Vergleich zu Gesunden oder Patienten mit Parkinson. Diese Erkenntnisse können zu einem nicht-invasiven Diagnostiktool für noch symptomfreie („prodomalen“) Synucleinopathien – einschließlich Parkinson – führen. Damit könnten frühzeitig Therapien eingeleitet werden, bevor Symptome auftreten.“ Bevor das Verfahren in die klinische Praxis Einzug halten kann, sind noch weitere Forschungsarbeiten notwendig. Etwa, warum der Spiegel bei Parkinsonpatienten niedriger lag, ist Gegenstand weiterer Untersuchungen.
Die Studie führten das Institut für Biologische Informationsprozesse – Strukturbiochemie (IBI-7) am Forschungszentrum Jülich, die Klinik und Poliklinik für Neurologie der Uniklinik Köln (UKK) und die HHU- und Jülicher Ausgründung attyloid GmbH gemeinsam durch. HHU und UKK haben dabei die Biobank mit den Stuhlproben von Patienten und Kontrollprobanden aufgebaut. Das Forschungszentrum und die HHU haben das Testverfahren entwickelt und die Tests mit den Proben durchgeführt. Die attyloid GmbH ist Kooperationspartner und will an einer kommerziellen Verwertung der Ergebnisse arbeiten. Hier muss verifiziert werden, dass das Testverfahren sicher und im Regelbetrieb einsetzbar ist und so eine Zulassung erhalten kann.