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Die Mundartfreunde im Jülicher Geschichtsverein

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Längst sind sie eine Tradition, die aus dem kulturellen Leben Jülichs nicht mehr wegzudenken sind: die jährlichen Mundartabende, die die VHS gemeinsam mit den Mundartfreunden im Jülicher Geschichtsverein jeweils im November veranstalten. Der Andrang ist so groß, dass das nahezu dreistündige Programm zwei Mal hintereinander am Nachmittag und am Abend vor ausverkauftem Haus aufgeführt werden muss. Dann könnte man den Eindruck haben, die Mundart hat eine Zukunft, sie lebt! Leider ist es so, dass sie noch verstanden wird, richtig gesprochen ist sie jedoch auf dem Rückzug. Was heute weit verbreitet ist, nennt der Sprachforscher „Regiolekt“, ein von der Mundart gefärbtes Hochdeutsch. Der ehemalige Regierungspräsident von Köln, Franz-Josef Antwerpes, machte den Regiolekt rheinischer Prägung durch seine überregionale Präsenz im Fernsehen bekannt und salonfähig.

Doch zurück zu den Jülicher Mundartfreunden, die sich am 20. November 1968 gründeten; schon damals, um dem drohenden Verlust des Jülicher Platts entgegenzuwirken. Zu den Gründern gehörten so bedeutende Jülicher Persönlichkeiten wie Josef Rahier – der Verfasser eines kleinen Mundartlexikons und zahlreicher mundartlicher Texte –, Paul Ermert, Josef Nieveler, Paul Vogels, Heinz Fischer, Käthe Guré, Edmund Giesen u.a. Regelmäßig traf man sich in der Folgezeit in lockerer Runde zum „Verzäll“. Anfang 1969 schloss man sich als Arbeitskreis dem Jülicher Geschichtsverein an, was bis heute so geblieben ist. Eigene Statuten gibt es aber keine, ein „Verein ohne Fahne, ohne Kasse“, wie es der langjährige Vorsitzende und Ehrenvorsitzende der Mundartfreunde Josef Nieveler treffend ausdrückte.

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Zum zehnjährigen Jubiläum verfasste Josef Mertens ein „Jebuertstagsständchen“, das ganz gut die Motivation der Mundartfreunde wiedergibt:

„Statt däe Jebuertstag laut zu fiere

Don mie de Mottersproch präsentiere

All dänne, die se fas verjesse

On meen janix ze vermesse

Se wäede ennerlich vill ärmer

On öm et Häzz ke besje wärmer!“

Bis 1994 waren die Mundartfreunde mit Josef Rahier, Josef Mertens und Josef Nieveler nacheinander von Männern geleitet worden, danach und bis heute übernahmen Frauen das Regiment: Leni Goebbels, die unvergessene Antonie Loevenich und schließlich seit dem Jahr 2000 Ursula Schütte. Als „Vorsitzender“ der Mundartfreunde hat Ursula Schütte schon mehr als 160 Treffen geleitet – eine stolze Zahl! Bis zu 20 mundartlich Interessierte treffen sich jeweils am ersten Dienstag eines Monats um 18 Uhr in den Räumen des Restaurants Chinesische Mauer (ehemals die Traditionsgasstätte „Zum Einhorn“) in der Poststraße in Jülich. Neben eigenen Vorträgen und Rezitationen steht der Gedankenaustausch über Jülicher Traditionen und die Gegenwart im Mittelpunkt der Treffen. Neue Gesichter sind immer herzlich willkommen.

Unbestrittener Höhepunkt im Kalender der Mundartfreunde ist jedoch der Mundartabend in der Stadthalle. Dann laufen Ursula Schütte, Maria Nepomuk und Else Schumacher von den „Mundartfröngde em Jülicher Geschichtsverein“ mit ihren Rezitationen von Gedichten und Geschichten bekannter Heimatdichter zur Hochform auf. Wenn man bedenkt, dass die beiden Letztgenannten schon das 90. Lebensjahr überschritten haben, hält die Pflege der Mundart anscheinend jung. Das weiß auch Heino Bücher, der das Programm gemeinsam mit Dieter Buntenbruch und Heinz Thull zusammenstellt, und der auch die Moderation übernimmt. Traditionell dabei ist auch Georg Thevessen. Wichtiger Bestandteil der Mundartabende sind die Sketche der „Heimatbühne Eifeler Mundartfreunde aus Bad Münstereifel“, die inzwischen auch mit ihren eigenen Theaterstücken in Jülich auftreten.

Die Mundartfreunde dürften stolz darauf sein, dass sie nun seit mehr als 45 Jahren dafür sorgen, dass das Jülicher Platt nicht stirbt.

  

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Guido von Büren
Eine echte Muttkrat und mit unbändiger Leidenschaft für Geschichte und Geschichten, Kurator mit Heiligem Geist, manchmal auch Wilhelm V., Referent, Rezensent, Herausgeber und Schriftleiter von Publikationen, Mitarbeiter des Museums Zitadelle und weit über die Stadtgrenzen hinaus anerkannter Historiker, deswegen auch Vorsitzender der renommierten Wartburg-Gesellschaft

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