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Der richtige Torriecher siegt

Von einer Tipprunde, Sport, Spiel und Spaß

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Foto: Britta Sylvester
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Einmal grün-weiß und einmal blau-weiß hängen sie einträchtig nebeneinander: die Vereinswappen der Borussia aus Mönchengladbach und des Fußballclubs aus Gelsenkirchen. So friedlich geht es in Fankreisen nicht immer zu. Bei Nico und Ulrich Kalisch ist das allerdings anders. Hier „hilft der Fußball bei Toleranz“, sind sich die beiden einig. Wie das geht?

Vor über dreißig Jahren, 1992 müsste es gewesen sein, überlegt das Ehepaar Kalisch, haben sie eine Tipprunde ins Leben gerufen. Mit einer Handvoll Freunden haben die begeisterten Fußballfans begonnen, die Bundesligaspiele zu tippen, akribisch dokumentiert auf Papier und in einer ausgeklügelten Exceltabelle festgehalten. „Das war schon viel Aufwand. Manchmal sind wir da kaum nachgekommen“, erinnern sich die Kalischs lachend.

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Inzwischen, der Plattform Tippkick sei Dank, ist das alles etwas einfacher, und Nachtschichten zum Nachtragen der Tipps sind nicht mehr nötig. Und das ist auch gut so, denn aus anfangs zwischen fünf und zehn Fußballbegeisterten – die Zahlen schwanken, schließlich ist das alles schon eine Weile her – sind inzwischen mehr als 50 „Mitglieder“ geworden. Ein eingetragener Verein sind sie zwar nicht, Rituale gibt es dennoch.

Nico und Ulrich Kalisch. Foto: Britta Sylvester

Das wohl wichtigste ist das jährliche Fußballfest im Garten von Familie Kalisch. Mit „Kind und Kegel, Hund und allem, was dazu gehört,“ trifft sich die „sehr heterogene Gruppe“ am letzten Spieltag zum Grillen, Feiern und natürlich zur Siegerehrung. Gleich zwei Tage dauert das Fest. Das anfängliche „Reste-Essen“ am Sonntag danach ist inzwischen etablierter Bestandteil. Genauso wie das Bier-Pong-Turnier, das seit drei Jahren ausgetragen wird.

Doch zuerst steht Bundesliga live auf dem Programm. Auf mindestens zwei Bildschirmen – je nach Spannungslage werden es auch schon einmal vier – laufen diejenigen Begegnungen, bei denen es noch um etwas geht. Sobald die Schiris abgepfiffen haben, Meister und Absteiger feststehen und natürlich auch ein Blick in die zweite Liga geworfen wurde, greift Ulrich Kalisch zur altbewährten Exceltabelle und rechnet. „Tippkick braucht zu lange, bis alles aktualisiert ist“, erläutert er den Rückgriff auf alte Gewohnheiten. Denn schließlich wollen die vielen großen und kleinen Tipper wissen, wer von ihnen es am besten wusste.

Und immerhin gibt es auch etwas zu gewinnen. Der oder diejenige mit der roten Laterne ganz am Ende der Rangliste darf sich alljährlich über ein Fünf-Liter-Fässchen Bier und ein paar Knabbereien freuen – als Trostpflaster quasi. Für die Plätze zwischen 1 und 25 gibt es Geld- und Sachpreise; von Gläsern über Handtücher, mal mit und auch mal ohne Fußballbezug, lassen sich die Tipprundengründer immer wieder etwas einfallen. Mindestens ein „Pinnchen und ein Rubbellos“ belohnen die Teilnahme an der Runde in jedem Jahr. Der Einsatz ist überschaubar.

Foto: privat
Pro Spieltag kostet die Fußballleidenschaft die Tipper einen Euro. Die Hälfte davon wird fürs jährliche Feiern gespart, aus der anderen Hälfte die Preise bezahlt.
Getippt werden übrigens nicht nur die Spiele der ersten Bundesliga. Auch einige wenige Vereine aus der zweiten Liga werden berücksichtigt, schließlich soll sich jeder mit seiner Leidenschaft für einen Club wiederfinden.

Welche Zweitligisten dabei sind, wechselt naturgemäß von Jahr zu Jahr. Maximal drei werden üblicherweise berücksichtigt. Inzwischen schon länger dabei ist der Hamburger Sportverein, auch Ulrich Kalischs Lieblingsclub Schalke zählt dazu. Und zum Leidwesen einiger Mit-Tipper aus der Nachbarschaft hat nun auch der 1. FC aus Köln den Gang in Liga Zwei angetreten. Mehr als diese drei Vereine sollen es aber besser nicht werden. Irgendwann wird so eine Tipprunde dann doch etwas unübersichtlich.
Frotzeleien und der eine oder andere Seitenhieb in Richtung der „gegnerischen“ Mannschaft bleiben unter Fußballfans nicht aus. Das „gehört einfach dazu“, sind sich die Kalischs und ihre Tipprunde einig. Doch ernsthafte Beleidigungen und Schlimmeres dürfen einfach nicht vorkommen. Das gilt genauso einmütig. Inzwischen geht die eingangs erwähnte Toleranz sogar so weit, dass man die Rivalität teilweise beiseite stellt und in wichtigen Spielen wie etwa dem DFB-Pokal die jeweils andere Mannschaft beim gemeinsamen Gucken anfeuert.

Apropos gemeinsames Gucken: Immer wieder fahren die Tipper zusammen, in mehr oder weniger großen Gruppen, zu den Bundesligaspielen in der Umgebung. Und ab und an richten sie ihr Augenmerk sogar auf gänzlich anderes: „Wenn der letzte Spieltag mit dem ESC zusammenfällt, dann gucken wir hier abends sogar das zusammen“, lacht Nico Kalisch. Aber nur, weil es zusammen einfach Spaß macht.


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